AK Erfolg vor dem OGH: BAWAG zahlt unzulässige Kreditbearbeitungsgebühren & Co zurück
Die Arbeiterkammer (AK) hat erfolgreich gegen unzulässige Klauseln in den Kreditverträgen der BAWAG geklagt! Betroffen sind auch Kreditverträge der easybank.
Darum geht's...
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) erklärt insbesondere
- die Kreditbearbeitungsgebühr
- sowie Entgelte für Zwischenfinanzierungen und Rahmenkredite
- und die Verrechnung eines Entgelts für die Ausstellung einer Löschungsquittung
für unzulässig.
Wie bekomme ich mein Geld zurück?
Nach Verhandlungen mit der BAWAG konnte nun eine einfache und konsument:innenfreundliche Lösung gefunden werden. Betroffene Kreditnehmer:innen können die Entgelte über ein Online-Formular zurückfordern.
Das Urteil im Detail
Prozentmäßig verrechnete Bearbeitungsgebühr unzulässig
Der OGH hat mehrere Klauseln in den Kreditverträgen der BAWAG für rechtswidrig und damit unzulässig erklärt. Für Konsument:innen sind insbesondere die unzulässige Kreditbearbeitungsgebühr sowie Entgelte für Zwischenfinanzierungen und Rahmenkredite von Bedeutung. Die Gebühren können jetzt zurückgefordert werden.
BEGRÜNDUNG DES OGH
Der OGH hat die Vereinbarung einer Kreditbearbeitungsgebühr von 1,5% der Kreditvaluta als gröblich benachteiligend gemäß § 879 Abs 3 ABGB beurteilt (Klausel 1.1).
Die Unzulässigkeit der Gebühr begründet der OGH damit, dass sich die prozentmäßig berechnete Gebühr allein an der Höhe der Kreditvaluta bemisst und sich daher bei kundenfeindlichster Auslegung eine grobe Überschreitung der bei der Bank anfallenden Bearbeitungskosten ergibt:
So bemisst sich etwa bei einem Kredit über 220.000 Euro die Gebühr auf 3.300 Euro, während bei einem Kredit über 440.000 Euro die Gebühr bereits 6.600 Euro beträgt.
Diese Bemessung ist laut OGH nicht nachvollziehbar; die Klausel ist daher gröblich benachteiligend und unzulässig. Ob eine formularmäßig vereinbarte Kreditbearbeitungsgebühr grundsätzlich unzulässig ist, wurde in der Entscheidung offen gelassen.
Mit der gleichen Begründung hat der OGH auch die prozentmäßig verrechneten Entgelte der Bank für Zwischenfinanzierungen und Rahmenkredite als gröblich benachteiligend und damit unzulässig beurteilt (Klauseln 1.4, 1.7, und 1.8).
Zudem hat der OGH ausgeführt, dass es keine sachliche Rechtfertigung dafür gibt, dass sich die Höhe dieser Entgelte noch zusätzlich an der Laufzeit bemessen.
Welche Kreditverträge sind betroffen?
Die zwischen der AK und der BAWAG ausverhandelte Refundierungsaktion betrifft grundsätzlich alle Verbraucherkreditverträge (Konsumkredite sowie Hypothekar- und Immobilienkredite), bei denen die Kreditbearbeitungsgebühr in Prozent des Kreditbetrags bemessen wurde. Das trifft auf die allermeisten Kreditverträge der BAWAG zu, wobei üblicherweise Gebühren zwischen 1% und 4% des Kreditbetrags verrechnet wurden.
Wie lange rückwirkend?
Verbraucher:innen können die Kreditbearbeitungsgebühren für die letzten 30 Jahre zurückfordern, die Gebühr muss nur ab dem 21.06.1995 oder später bezahlt worden sein (relevant ist das Datum des Kreditvertragsabschlusses). Anspruchsberechtigt sind Kund:innen unabhängig davon, ob der Kredit noch aufrecht ist oder bereits zur Gänze zurückbezahlt wurde.
Ebenso können sämtliche prozentmäßig und laufzeitabhängig verrechneten Entgelte für Zwischenfinanzierungen und Rahmenkredite zurückgefordert werden, wenn sie ab dem 21.06.1995 oder später bezahlt wurden.
Kreditverträge der easybank (eine Marke der BAWAG) sind von der Aktion mit umfasst.
Wie hoch ist die Rückerstattung?
Die Höhe der Refundierung hängt davon ab, ob es sich um einen Konsumkredit oder um einen Hypothekar- bzw. Immobilienkredit handelt.
Konsumkredit
Bei Konsumkrediten wird die Kreditbearbeitungsgebühr zur Gänze rückerstattet. Kund:innen erhalten eine pauschale Zinszahlung in Höhe von 150 Euro zusätzlich, wobei die Zinszahlung mit der Höhe des Refundierungsbetrags gedeckelt ist.
Hypothekar- und Immobilienkredite
Bei Hypothekar- und Immobilienkrediten erfolgt die Refundierung gestaffelt nach der Höhe der bezahlten Gebühr. Voraussetzung für eine Refundierung ist, dass die Gebühr nicht unter 1% des Kreditbetrags ausmacht.
Ausgenommen sind Vertragsverhältnisse, wenn die Bearbeitungsgebühr im Einzelnen mit der Bank ausverhandelt wurde.
Höhe des Bearbeitungsentgelts | Höhe der Refundierung |
---|---|
ab/über 2.000 € | 100% |
1.500,00 € - 1.999,99 € | 75% |
1.000,00 € - 1.499,99 € | 50% |
unter 1.000 € | 25% |
Kund:innen erhalten bei Hypothekar- und Immobilienkrediten eine pauschale Zinszahlung in Höhe von 350 Euro zusätzlich, wobei die Zinszahlung mit der Höhe des Refundierungsbetrags gedeckelt ist.
Ausnahmen und Sonderbestimmungen für vermittelte Kreditverhältnisse
ausgenommen von der aktion
Kund:innen von vermittelten Kreditverhältnissen, die vor dem 01.01.2015 abgeschlossen wurden, können eine Refundierung beantragen. Die nach Höhe der bezahlten Gebühr gestaffelte Refundierung beträgt hier:
Höhe des Bearbeitungsentgelts | Höhe der Refundierung |
---|---|
ab/über 2.000 € | 500 € |
1.500,00 € - 1.999,99 € | 350 € |
1.000,00 € - 1.499,99 € | 250 € |
unter 1.000 € | 150 € |
Kund:innen erhalten bei Hypothekar- und Immobilienkrediten eine pauschale Zinszahlung in Höhe von 350 Euro zusätzlich, wobei die Zinszahlung mit der Höhe des Refundierungsbetrags gedeckelt ist.
Wie komme ich zu meiner Rückerstattung?
Die BAWAG hat eine kund:innenfreundliche und unbürokratische Lösung zugesagt. Betroffene Verbraucher:innen können ihre Rückzahlungsansprüche mittels eines Online-Formulars auf der Website der Bank bis zum 31.03.2026 einmelden.
Hier geht es zu Ihrer Rückerstattung!Kund:innen können auswählen, ob der Refundierungsbetrag
- auf das Kreditkonto gutgeschrieben
oder - auf ein Girokonto überwiesen
werden soll.
Bei vollständig zurückgezahlten Krediten, die nach dem 21.06.2018 getilgt wurden, müssen Sie keine urkundlichen Nachweise für die Ansprüche an die Bank übermitteln.
Ehemalige Kund:innen, die den Kredit bereits vor dem 21.06.2018 vollständig getilgt haben, müssen einen Nachweis für die Ansprüche (z.B. die Krediturkunde) übermitteln.
Weitere Bedingungen
Anspruchsberechtigt sind nur Verbraucher:innen.
Refundierungen sind nicht möglich, wenn bereits eine Refundierung aus Kulanz erfolgt ist oder ein rechtskräftiges Urteil im Verhältnis zwischen Bank und Kund:innen vorliegt.
Ausstellung einer Löschungsquittung geht auf Kosten der Bank
Kund:innen benötigen Löschungsquittungen für die Löschung einer Hypothek aus dem Grundbuch.
Der OGH hat das von der Bank verrechnete Entgelt von 130 Euro für die Ausstellung einer Löschungsquittung als gröblich benachteiligend (§ 879 Abs 3 ABGB) und damit unzulässig beurteilt (Klausel 1.3).
begründung
Was bedeutet das Urteil für Sie als Kreditnehmer:in?
Die Entscheidung des OGH geht über den Einzelfall hinaus, denn Banken dürfen künftig generell für die Ausstellung einer Löschungsurkunde keine Kosten mehr verrechnen.
Kreditnehmer:innen, die in der Vergangenheit Entgelte für die Ausstellung einer Löschungsurkunde an eine Bank bezahlt haben, können diese Kosten zurückfordern!
Einen Musterbrief für die Rückforderung der Kosten für Löschungsquittungen finden Sie hier.
Bearbeitungsentgelt für Umstellung auf Rechtsfall unzulässig
Eine weitere Klausel hat bereits das Erstgericht rechtskräftig als gröblich benachteiligend und damit nichtig erklärt. Nach dieser Klausel haben Banken im Falle eines Zahlungsverzugs für die Umstellung des Kreditverhältnisses auf den Rechtsfall (Übergabe an einen Rechtsanwalt oder ein Inkassoinstitut) ein Bearbeitungsentgelt von EUR 75,00 verlangen können.
begründung
Kreditnehmer:innen, denen die Gebühr verrechnet wurde, können diese zurückfordern. Einen Musterbrief für die Rückforderung finden Sie hier.
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Das OGH-Urteil mit sämtlichen Klauseln können Sie hier abrufen: RIS - 7Ob169/24i - Entscheidungstext - Justiz
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