Download
Standortrating Vorarlberg 2023
Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg
Datum/Jahr:
2023
Die dritte Ausgabe des Standort-Rating der Arbeiterkammer liefert die wichtigsten Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg. Einiges hat sich seit der ersten Publikation Anfang 2019 getan. In manchen Bereichen haben die direkten und indirekten Auswirkungen der Vielzahl an Krisen zu komplett neuen Entwicklungen geführt, in anderen wurden bereits bestehende Probleme oder Trends weiter verstärkt und stellen große Herausforderungen für die kommenden Jahre dar. Die Zielsetzung und Perspektive dieser Publikation sind dieselben geblieben.
Der Wirtschaftsstandort Vorarlberg lebt von guten Fachkräften, das wird in Debatten um die Qualität des Standorts leider oft vergessen. Herausforderungen wie Inflation, Klimakrise, Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung, Fachkräftemangel oder kaum verfügbares, leistbares Wohnen werden sich mit steigenden Exportzahlen und Wirtschaftswachstum allein nicht bewältigen lassen. Die Perspektive muss um soziale Komponenten erweitert und die wahren Leistungsträger in den Mittelpunkt der Debatte gestellt werden – die Vorarlberger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Welche Probleme gilt es zu lösen, um die Qualität des Arbeitsstandorts Vorarlberg für sie zu verbessern?
In der Digital- und Druckausgabe des Berichts werden daher Kennzahlen für und aus dem Blickwinkel von Arbeitnehmer:innen präsentiert, welche die Arbeit sowie das Leben und die angebotenen Leistungen in Vorarlberg vermessen. Dazu wurden die wichtigsten Themenfelder identifiziert (Arbeit, Leben, Leistungen und Zukunft) und in jeweils drei Unterpunkte eingeteilt.
Laut dem neuen AK-Standort-Rating 2023 ist die Verteilung der Lohneinkommen und der unternehmerischen Gewinne in keinem anderen österreichischen Bundesland so ungleich wie in Vorarlberg. „Obwohl die Beschäftigten im Ländle die höchste Produktivität zuwege bringen, ist der Anteil am erwirtschafteten Erfolg der geringste in Österreich“, erklärt dazu AK-Präsident Heinzle. In Zahlen ausgedrückt: Im Jahr 2020 flossen knapp 47 Cent pro erwirtschaftetem Euro in die Lohneinkommen, im Österreichschnitt waren es hingegen 50 Cent und in Wien sogar knapp über 53 Cent.
Bei den Unternehmenseinkommen zeigt sich dementsprechend das umgekehrte Bild: Hier liegt Vorarlberg deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Zusammengefasst: Die arbeitenden Menschen bekommen nur das kleinere Stück des Erfolgskuchens. Diese asymmetrische Verteilung zeigt sich auch klar in der Entwicklung der Einkommen. So ist das Arbeitnehmer:innenentgelt pro Beschäftigtem in den Jahren 2008 bis 2018 um 26 Prozent angestiegen, während das zu verteuernde Einkommen der Unternehmen im selben Zeitraum um 39 Prozent gestiegen ist. Daneben ist die Stundenproduktivität in Vorarlberg konstant über dem Österreichschnitt.
Überhaupt ist die Lohnquote, also der Anteil der Lohneinkommen am gesamten Volkseinkommen, in Österreich seit langem rückläufig. Lag sie 1975 noch bei rund 75 Prozent, ist sie bis 2017 auf knapp 68 Prozent gesunken. Die wesentlichsten Gründe dafür waren die Intensivierung der Kapitalintensität der Produktion sowie die Globalisierung, die die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer und der Regulierungsbehörden auf nationaler und internationaler Ebene schwächte und gleichzeitig jene der multinational agierenden Unternehmen enorm stärkte.
Die Ungleichheit spitzt sich indes weiter zu. Denn auch die negativen Effekte der diversen Krisen wie Pandemie, Ukraine-Krieg oder Teuerung sind ungleich verteilt. Der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Bevölkerung lang in den Jahren 2019 bis 2021 bei 24 Prozent und war damit am zweithöchsten im Bundesländervergleich. Laut der letztverfügbaren Konsumerhebung der Statistik Austria war 2019/2020 der Anteil von Wohnen und Energie mit 25,7 Prozent gemessen an den monatlichen Verbrauchsausgaben ebenfalls der zweithöchste. Vor allem die Wohnkosten explodierten, die Wohnungs- und Häuserpreise legten von 2015 bis 2021 um 73 Prozent zu. Bis zu einem Drittel aller Haushalte in Vorarlberg sind mittlerweile durch Wohnkosten überbelastet, die noch steigenden Strompreise werden sich erst in den kommenden Monaten deutlich bemerkbar machen.
Während es sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene verschiedene Hilfsleistungen gegeben hat, sind diese nur wenig treffsicher. Sehr viele staatliche Unterstützungsleistungen wurden an Unternehmen ausbezahlt, dies hat sich besonders während der Corona-Krise und auch bei den Energiekostenzuschüssen gezeigt. „Eine kürzlich erschienene Studie der österreichischen Nationalbank zur Insolvenzentwicklung in Österreich zeigt, dass die staatlichen Hilfsprogramme einerseits zu einem Anstieg der Liquidität und andererseits sogar zu einer Verbesserung der Eigenkapitalstruktur beigetragen haben. Somit scheint es, als wären diese Maßnahmen großteils nicht für die Existenzsicherung der Unternehmen notwendig gewesen“, stellt AK-Direktor Rainer Keckeis fest. Zusätzlich sind die Gewinne der Unternehmen stabiler als angenommen, und stiegen laut WIFO sogar kräftig.
Die Steuer- und Abgabenlast in Österreich ist daneben auch ungleich verteilt: Steuern auf Kapital bzw. Vermögen und dessen Einkommen sind auch im internationalen Vergleich sehr niedrig, dafür ist die menschliche Arbeit hoch belastet. Fast 81% aller Steuern und Abgaben werden von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen finanziert.
„Diese Entwicklungen verlangen ein Überdenken der aktuellen Steuer- und Wirtschaftspolitik“, fordert der AK-Direktor. So würden beispielsweise eine progressive Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer zur Entlastung der allermeisten Haushalte und des Budgets beitragen, Einkommen könnten steuerlich entlastet werden. Damit würde schlussendlich auch der Kuchen gerechter verteilt. Eine Vermögenssteuer mit einem hohen Freibetrag von zwei Millionen Euro würde nur das reichste Prozent, das sind 40.000 Haushalte, betreffen. Das aktuelle System ist hingegen darauf ausgerichtet, Arme ärmer und Reiche reicher zu machen.
Den gibt es auch in den Bereichen Kinderbetreuung, Langzeitarbeitslosigkeit oder Bildung. Nur 49,4 Prozent der betreuten Kinder sind in einer Einrichtung, die es den Eltern erlaubt, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen. Das ist zwar eine Verbesserung gegenüber dem Jahr 2016 um mehr als 15 Prozentpunkte, bedeutet aber immer noch den nur vierten Platz im Bundesländervergleich. Die Konsequenz ist, dass die Gründe für Frauen, einer Teilzeitbeschäftigung nachzugehen, weiterhin bei 43 Prozent Betreuungs- oder Pflegepflichten und bei 6,4 Prozent andere persönliche oder familiäre Gründe sind. Wenig überraschend also sind 71 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen Mütter, während es bei vollzeitbeschäftigten Frauen nur 37 Prozent sind. Die Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit, vor allem in Vollzeitbeschäftigungen, würde in besseren Einkommensverläufen resultieren und vor Prekarität und Altersarmut schützen.
Im Jahr 2021 hatten immer noch 17,3 Prozent der Vorarlberger:innen im erwerbsfähigen Alter maximal einen Pflichtschulabschluss als höchste abgeschlossene Ausbildung. Das ist der höchste Anteil im Bundesländervergleich und eine ernstzunehmende Herausforderung für die steigenden Anforderungen und Ansprüche am Arbeitsmarkt.
Mehr Steuergerechtigkeit durch progressive Besteuerung von Kapital und Entlastung des Faktors Arbeit!
Arbeitsmarkt
Einkommen
Wohnen
Bildung
Beruf und Familie
Pflege
Umwelt
Download
Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg
Datum/Jahr:
2023
Bei Fragen und für weiterführende Informationen erreichen Sie uns unter
E-Mail interessenspolitik@ak-vorarlberg.at
Telefon +43 (0) 50 258 4100 oder +43 (0) 5522 306 4100
Mo-Fr, 8 bis 12 Uhr Mo-Do, 13 bis 16 Uhr
© 2024 AK Vorarlberg | Widnau 4, 6800 Feldkirch, +43 (0) 50 258