AK Standort-Rating 2025
© AK Vorarlberg

Gleichstellung für mehr Wohlstand und Gerechtigkeit

AK Standort-Rating 2025

Besonders in wirtschaftlich und budgetpolitisch schwierigen Zeiten darf der Standort Vorarlberg nicht auf die Sicht der Unternehmen reduziert werden.

Laut den aktuellen Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute und des BMF befinden wir uns in Österreich im dritten Rezessionsjahr. Seit 1945 gab es in Österreich keinen so langen wirtschaftlichen Abschwung. Gleichzeitig steht der Bund, die Länder und die Gemeinden vor großen budgetpolitischen Herausforderungen. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage ist das Budgetloch größer als bisher angenommen. Eine Budgetkonsolidierung ist unumgänglich, benötigt aber Weitsicht.

Sozialverträgliches evidenzbasiertes Einsparen ist das Gebot der Stunde. Ein zu harter Sparkurs wirkt sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung aus. Strukturelle Reformen setzen Potential frei. Besonders wenn wir uns in scheinbar paradoxen Phänomenen wiederfinden, wie

  • Fachkräftemangel und steigende Arbeitslosigkeit zur gleichen Zeit
  • Klimakrise, Armutsgefährdung, Wohnkostenüberbelastung und Budgetkonsolidierung zur gleichen Zeit
  • Rezession und steigende Vermögenskonzentration zur gleichen Zeit

Das AK Standort-Rating zeigt, welche Entwicklungen besondere Aufmerksamkeit verlangen und wo die Politik ansetzen kann und muss.

Verteilungsschieflage auf vielen Ebene

In keinem österreichischen Bundesland ist die Verteilung der Lohneinkommen und der unternehmerischen Gewinne so ungleich wie in Vorarlberg. Die Stundenproduktivität ist in keinem Bundesland höher als in Vorarlberg. Dennoch ist der Anteil der Arbeitnehmer:innen am erwirtschafteten Erfolg der geringste in Österreich. Gleichzeigt werden überall Arbeits- und Fachkräfte gesucht. Die Arbeitsbereitschaft ist stetig gewachsen und das Arbeitskräftepotential in Vorarlberg ist hoch. 

Andererseits sind die Arbeitseinkommen ungleich verteilt. Besonders zwischen Frauen und Männer gibt es eine ungleiche Verteilung der Einkommen, während die unbezahlte Arbeit genau gespiegelt ungleich verteilt ist: Frauen arbeiten mehr als Männer. Generell schneidet Vorarlberg bei der Gleichstellung schlecht ab. Beim AK-Städtebund Gleichstellungsindex schneidet Vorarlberg mit 50,8 von 100 möglichen Punkten ab – also erst auf halbem Weg zur Gleichstellung.

Zumindest alle drei Jahre konnte man sich mittels des Vorarlberger Gleichstellungsberichts ein Bild darüber machen, wie es um die Gleichstellung steht. Der letzte Bericht ist aus dem Jahr 2021 und seitdem nicht mehr aktualisiert worden. Wir wollen nicht, dass dieses Thema neben Schuldenproblematik und Rezession untergeht, gerade wenn hier Lösungen verborgen liegen. Das diesjährige Spotlight widmet sich daher der Gleichstellung. Umsichtige Wirtschaftspolitik entlastet, wo Potential freigesetzt werden kann, und stellt die Weichen für zukünftigen Wohlstand und korrigiert Schieflagen – gerade durch Gleichstellung.

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Ungleichheit bei Einkommen 

Die Entwicklung und Verteilung der Einkommen können aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Das AK Standort-Rating zeigt mehrere davon auf. Vorarlberg hat

  • die höchste Stundenproduktivität bei gleichzeitig geringstem Anteil am Erfolg (gemessen als Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen)
  • die höchste Einkommensungleichheit im Bundesländervergleich (siehe Tabelle). Die Bruttoeinkommen von Top-Verdiener:innen sind um ein Vielfaches höher als der Geringverdiener:innen, auch bei vollzeitbeschäftigten Menschen
  • den höchsten Gender-Pay-Gap in ganz Österreich. Frauen verdienen im Durchschnitt mehr als 35 Prozent weniger als Männer
  • auch bei den verfügbaren Haushaltseinkommen – also nach Steuern und Sozialleistungen – die größte Schieflage in der Verteilung

In der aktuellen Lage ist also wichtig: Wo wird eingespart? Wen trifft es? Wer zahlt? Der Wohlstand ist ungleich verteilt, die Last muss demensprechend verteilt werden!

(Fehlende) Gleichstellung steht im Spotlight des diesjährigen AK Standort-Ratings, gerade weil es so ein wichtiges Thema ist, mit viel Verteilungsschieflage - besonders in Vorarlberg! Es darf nicht weniger Priorität haben in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Eine neue Auflage des Vorarlberger Gleichstellungsberichts (in regelmäßigen Abständen) ist überfällig.

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Standort-Rating 2025

Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg. Hier gibt es die ganze Studie als Download.

Investieren in Gleichstellung ist Investieren in Zukunft und Wohlstand

Vorarlberg ist bei Gleichstellung häufig Schlusslicht: Neben dem höchsten Gender-Pay-Gap verfügen Frauen häufig über geringere Bildungsabschlüsse: Der Anteil von Frauen mit maximal Pflichtschulabschluss mit 18,1 Prozent (Stand 2023) ist deutlich höher als bei Männern mit 14,2 Prozent. Auch eine der höchsten Teilzeitquoten im Bundesländervergleich (53,6%) ist bei Frauen in Vorarlberg zu finden. Das ist kein Zufall, es hat System.

Die Einkommensverläufe über die Lebenszeit sind für Frauen viel niedriger (man spricht hier von „child penalty“).

  • niedrige Einkommen = niedrige Pensionen = höhere Armutsgefährdung

Das AK Standort-Rating zeigt diese Einkommensverläufe als Zwischenprodukt struktureller Ungleichstellung

  • geringere Bildung
  • viel unbezahlte Arbeit
  • geringere Erwerbsbeteiligung

Diese Schieflagen über ein gesamtes Erwerbsarbeitsleben hinweg führen zu Abhängigkeit und Altersarmut als Endergebnisse.

Das hat individuelle sowie gesellschaftliche Folgekosten bei der Gesundheit und begünstigt Gewalt durch Männer in Partnerschaften.

Gleichstellung als Ziel gesellschaftlichen Fortschritts

Gleichstellung muss priorisiert werden und darf nicht der aktuellen Lage zum Opfer fallen. Weil es richtig ist und weil es eine Investition in die Zukunft ist.

  • Der berufliche Wiedereinstieg bei Frauen, besonders mit geringer formaler Qualifikation, ist in Vorarlberg niedrig. Während in Wien 70,8 Prozent der zuvor beschäftigten Frauen ihren beruflichen Wiedereinstieg bis zum 24. Monat nach der Geburt schaffen, sind es in Vorarlberg nur 62,2 Prozent
  • Eine Erklärung dafür bietet die Statistik zu den „Gründen für Teilzeit“ die Frauen angeben. Ganze 44,5 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen geben nämlich Kinderbetreuung und Pflege als Gründe für Teilzeit an. Einer der höchsten Werte im Bundesländervergleich und weit über z.B. Wien, dort sind es nur 32 Prozent.
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Erwerbspotentiale ausschöpfen

  • Die Arbeitsbereitschaft ist in Vorarlberg hoch: Die Erwerbsquote, die Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung steigend. Es wird immer mehr gearbeitet. Besonders viele Frauen steigen in den Arbeitsmarkt ein.
  • Dass Frauen in Teilzeit beruflich wiedereinsteigen und ihr Beschäftigungsausmaß im Laufe der restlichen Erwerbstätigkeit nur selten und wenig ausweiten, ist häufig strukturell bedingt. Fehlende Kinderbetreuung, geringe Väterbeteiligung, veraltete Rollenbilder zählen zu den Gründen dafür.
  • Vor allem bei Frauen im Haupterwerbsalter zeigt der Bundesvergleich im Standort-Rating Potentiale auf. Konkret bedeutet das höhere Erwerbsquoten bei den Jüngeren und Älteren als im Bundesdurchschnitt, aber gleichzeitig unterdurchschnittliche Erwerbsquoten bei Frauen zwischen 25 und 44 Jahren. Bei diesen Altersgruppen liegt viel Potential in einem ersten Schritt beim (Wieder-)Einstieg in den Arbeitsmarkt und in einem zweiten Schritt in der Ausweitung des Beschäftigungsausmaßes, also mehr Erwerbsarbeitsstunden.
  • Schlüssel hierfür ist der Ausbau von z.B. Elementarpädagogik und Pflege, also der Formalisierung der Care Arbeit, die aktuell unbezahlt im privaten, anstatt (oder neben) der Erwerbstätigkeit verrichtet wird.

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Mehr als Erwerbsarbeit

Arbeit ist mehr als Erwerbsarbeit. Die Zeitverwendungsstudie der Statistik Austria wurde im AK Standort-Rating für Vorarlberg aufgearbeitet und zeigt:

  • Frauen arbeiten mehr als Männer, wenn unbezahlte Arbeit dazugerechnet wird
  • In Vorarlberg besonders eklatanter Unterschied

Das hat Folgen:

  • Frauen häufiger von Armut gefährdet
  • Hohe Wohnkostenbelastung
  • Niedrige Qualifikation als langfristiges Problem

Daher: Gleichstellung vorantreiben und Wohlstand für alle erhöhen

  • Unzureichende Quantität und Qualität in Elementarpädagogik und Pflege
  • Bildungssystem mit Schließtagen – Auswirkung auf Wiedereinstieg
  • Reformbedarf Väterkarenz: Bei 82 Prozent der Paare geht nur die Mutter in Karenz, der Vater nutzt weder sein Recht auf Karenz noch auf Kinderbetreuungsgeld. Auch Väter, die in Karenz gehen, nehmen überwiegend nur zwei Monate in Anspruch. Im Jahr 2021 nahmen nur 9,4 Prozent aller Väter den „Papamonat“ in Anspruch und nur ein Prozent der Väter gehen sechs Monate oder länger in Karenz.
  • Veraltete und frauenfeindliche Rollenbilder
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Fazit: Gleichstellung sichert  die Zukunft für Vorarlberg

Das AK Standort-Rating 2025 zeigt: In der Gleichstellung liegt für Vorarlberg enormes Potenzial, das derzeit ungenutzt bleibt. Wer in Gleichstellung investiert, investiert in gesellschaftlichen Fortschritt, wirtschaftliches Wachstum, soziale Gerechtigkeit und nachhaltigen Wohlstand.

Arbeiterkammer fordert Politik zum Handeln auf: Gleichstellung priorisieren!

Die AK Vorarlberg fordert von der Politik konkrete Schritte, um Gleichstellung zu fördern – und damit den Wohlstand und den Arbeitsmarkt im Land zu stärken:

  • Gleichstellungsbericht neu beleben: Das Land Vorarlberg soll wieder regelmäßig einen datengestützten und handlungsleitenden Gleichstellungsbericht vorlegen – denn wer Gleichstellung ernst nimmt, muss sie auch messen.
  • Frühe Bildung stärken: Die Elementarpädagogik muss weiter ausgebaut werden – ab dem ersten Lebensjahr, ganztägig und ganzjährig in hoher Qualität.
  • Elternkarenz reformieren: Eine moderne Elternkarenz stärkt gleichberechtigte Rollenbilder und ermöglicht faire Aufteilung von Betreuungsarbeit.
  • Bildungsoffensive starten: Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen brauchen gezielte Qualifizierungsangebote für bessere Chancen am Arbeitsmarkt.
  • Lohntransparenz durchsetzen: Gleiche Arbeit muss endlich gleich bezahlt werden – mehr Gehaltstransparenz ist ein entscheidender Hebel gegen den Gender Pay Gap.
  • Steuern fair verteilen: Arbeit darf nicht stärker besteuert werden als Vermögen – eine gerechte Steuerpolitik ist zentral für sozialen Zusammenhalt.
  • Leistbares Wohnen fördern: Besonders im gemeinnützigen Mietbereich muss dringend mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden.

Kontakt

Bei Fragen zum AK Standort-Rating und für weiterführende Informationen erreichen Sie uns unter

E-Mail interessenspolitik@ak-vorarlberg.at
Telefon +43 (0) 50 258 4100 oder +43 (0) 5522 306 4100

Mo-Fr 8 bis 12 Uhr Mo-Do 13 bis 16 Uhr

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Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg

Datum/Jahr:
2025