Dienstverhinderung bei Hochwasser und Naturkatastrophen
Stürme, Starkregen, Überschwemmungen: Für Betroffene von Hochwasser oder anderen Naturkatastrophen tun sich auch viele arbeitsrechtliche Fragen auf. Was gilt, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht oder zu spät erreiche? Was, wenn die Kinderbetreuung ausfällt oder ich als freiwillige Helfer:in tätig bin? Hier gibt es Antworten auf diese und viele weitere Fragen!
Arbeiten im Klimawandel
Hitze am Arbeitsplatz, Wetterextreme oder Mobilität: Die Auswirkungen der Klimakrise werfen immer öfter wichtige arbeitsrechtliche Fragen auf. Alle Infos dazu gibt es in unserem Ratgeber "Arbeiten im Klimawandel".Muss ich in die Arbeit fahren? Was ist, wenn ich meinen Arbeitsplatz nicht erreichen kann oder zu spät komme?
Grundsätzlich gilt: Auch bei einem Unwetter oder einer Naturkatastrophe müssen Sie alles Zumutbare versuchen, um zur Arbeit zu gelangen!
Ist die Anreise gar nicht – oder nicht pünktlich – möglich?
- Geben Sie Ihrem Arbeitgeber bzw. Ihrer Arbeitgeberin sofort Bescheid, dass Sie am (pünktlichen) Erscheinen verhindert sind!
- Für die Dauer ihrer Abwesenheit liegt eine Dienstverhinderung vor. Währenddessen haben Sie Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Das heißt, Sie werden ganz normal weiterbezahlt!
- Ihnen darf dafür kein Urlaub und kein Zeitguthaben abgezogen werden.
Was ist bei der Anfahrt zumutbar und was nicht?
Sie sind verpflichtet, vorauszuplanen und mögliche Alternativen zu nutzen. Wenn Sie mit Hindernissen auf dem Arbeitsweg rechnen können – zum Beispiel auf Grund von Medienberichten – müssen Sie diese einkalkulieren. Dazu gehört ein früheres Losfahren in den Betrieb oder die Verwendung eines alternativen Verkehrsmittels, wenn Sie über ein solches verfügen und die Anreise damit realistisch erscheint – wie etwa ein privates Auto oder Fahrrad. Auch Umwege sind zumutbar.
Keinesfalls darf von Ihnen aber erwartet werden, sich in Gefahr zu begeben! Ist die Anreise zur Arbeitsstelle in einem Krisenfall mit Gefahr für Ihr Leben oder Ihre Gesundheit verbunden, findet das Dienstverhinderungsrecht Anwendung: Sie können zu Hause bleiben und bekommen für die Dauer Ihrer Abwesenheit weiterhin Ihr Entgelt bezahlt. Informieren Sie darüber jedoch unverzüglich Ihren Arbeitgeber!
Was ist, wenn ich den Arbeitgeber nicht erreiche?
Auch in diesem Fall gilt: Sie müssen alle zumutbaren Mittel ergreifen, um Ihre Arbeitgeberin bzw. Ihren Arbeitgeber über die Dienstverhinderung zu informieren. Internet und Telefonnetz sind ausgefallen? Dann kontaktieren Sie Ihre Arbeitgeberin bzw. Ihren Arbeitgeber unverzüglich, sobald der Strom wieder fließt.
Was, wenn Kindergarten & Co nicht aufsperren?
Der Kindergarten kann wegen einer Naturkatastrophe nicht öffnen? Eine Betreuung Ihrer Kinder ist nicht möglich?
- Kann eine andere geeignete Person – zum Beispiel Großeltern oder Angehörige im gemeinsamen Haushalt – die kurzfristige Betreuung Ihres Kindes übernehmen?
- Ist das nicht der Fall, liegt in der Regel eine Dienstverhinderung vor – und Sie können kurzfristig zu Hause bleiben, um Ihr Kind zu betreuen. Ihr Anspruch auf Entgeltfortzahlung bleibt dabei bestehen. Gerne unterstützen wir Sie in der persönlichen Beratung bei der Klärung der möglichen Dauer einer solchen Dienstverhinderung.
Ich wurde wegen eines Unwetters oder einer Naturkatastrophe nach Hause geschickt. Muss ich die Zeit einarbeiten?
Nein. Sind Sie arbeitsbereit, werden jedoch von Ihrer Arbeitgeberin bzw. Ihrem Arbeitgeber zum Beispiel aufgrund eines Unwetters vorzeitig nach Hause geschickt, liegt in der Regel eine Dienstfreistellung vor. In diesem Fall sind Ihnen jene Arbeitsstunden gutzuschreiben, die Sie an diesem Tag erbracht hätten.
Wie viele Stunden das sind, steht in Ihrem Dienstplan oder Arbeitsvertrag.
- Ihre Arbeitszeiten sind unregelmäßig? Dann muss ein Durchschnittswert errechnet werden. Es dürfen Ihnen also weder Minusstunden eingetragen noch Urlaubs- oder Zeitguthaben abgezogen werden.
- Sie arbeiten in Gleitzeit? Dann wird bei einer Dienstverhinderung die in Ihrer Gleitzeitvereinbarung definierte „fiktive Normalarbeitszeit“ herangezogen, um die ausgefallene Arbeitszeit zu bemessen.
Darf ich die Arbeit verlassen, um mein Eigentum zu schützen?
Das ist immer dann gerechtfertigt, wenn die Gefahr für das Eigentum und die Notwendigkeit für Sicherungsmaßnahmen eindeutig höher wiegen als die Arbeitspflicht. In diesem Fall darf Ihr:e Arbeitgeber:in keine fristlose Entlassung aussprechen. Sie müssen aber in jedem Fall prüfen, ob nicht eine andere zumutbare Möglichkeit der Gefahrenabwehr besteht – zum Beispiel Anruf beim Nachbarn oder das Abwarten der Hilfsmaßnahmen, die von lokalen Behörden und Hilfsorganisationen angeboten werden.
In jedem Fall gilt: Informieren Sie Ihre Arbeitgeberin bzw. Ihren Arbeitgeber oder eine vorgesetzte Person unverzüglich über Ihre Absicht, die Arbeit zu verlassen bzw. die Absicht, der Arbeit kurzfristig fernzubleiben.
Darf ich während der Arbeitszeit zu einem Hilfseinsatz?
Seit 1. September 2019 haben Sie als Arbeitnehmer:in Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn Sie aufgrund folgender Krisenfälle an Ihrer Arbeitsleistung verhindert sind:
- Einsatz bei einem Großschadensereignis als freiwilliges Mitglied einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr
- Einsatz als Mitglied eines Bergrettungsdienstes
Was gilt als grossschadensereignis?
Großschadensereignisse sind Krisenlagen, bei welchen während eines durchgehenden Zeitraums von zumindest 8 Stunden insgesamt mehr als 100 Personen notwendig im Einsatz sind.
Habe ich als Helfer:in Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Voraussetzung dafür ist eine Vereinbarung mit Ihrer Arbeitgeberin bzw. Ihrem Arbeitgeber über das Ausmaß und die zeitliche Lage Ihrer Abwesenheit. Ihr:e Arbeitgeber:in erhält für die Zustimmung zu einer solchen Vereinbarung eine Förderung aus den Mitteln des Katastrophenfonds.
Diese Voraussetzungen liegen bei Ihnen nicht vor? Und Sie sind aufgrund einer Krisensituation dennoch an Ihrer Arbeitsleistung verhindert? Kontaktieren Sie Ihre Gewerkschaft oder Arbeiterkammer – wir können klären, ob etwa sonstige rechtmäßige Dienstverhinderungsgründe vorliegen.
Eigentum des Betriebs oder von Kund:innen wurde bei mir beschädigt
Entstehen bei der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung Schäden am Eigentum Ihrer Arbeitgeberin bzw. Ihres Arbeitgebers – zum Beispiel dienstlicher Laptop, Dienstfahrzeug – oder am Eigentum von Dritten (z.B. Kund:innen), kommt das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz zur Anwendung.
Dieses Schutzgesetz schützt Sie als Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer davor, in sämtlichen Schadensfällen zum vollen Schadenersatz verpflichtet zu werden. Das bedeutet: Ihre Verpflichtung zum Schadenersatz kann herabgesetzt oder sogar ganz entfallen – je nachdem, inwieweit Sie persönlich ein Verschulden am entstandenen Schaden trifft. Gerne beraten wir Sie in Ihrem Einzelfall persönlich.
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