All-in-Verträge & Überstundenpauschalen
Alles inklusive, das gibt es auch bei Arbeitsverträgen. All-in Klauseln sind für Arbeitnehmer:innen selten günstig. Trotzdem ist eine All-in Vereinbarung zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen erlaubt.
All-in-Verträge
All-in-Verträge können leicht zur Mogelpackung werden! Vielfach glauben ArbeitnehmerInnen, ein angemessenes Entgelt verhandelt zu haben, werden aber durch zahlreiche, nicht extra abgegoltene Überstunden in der Gesamtrechnung auf einen viel niedrigeren Stundensatz gedrückt, manchmal sogar unter den kollektivvertraglichen Mindestlohn.
Das ist natürlich nicht erlaubt. Auch bei einer All-in-Vereinbarung gehen die Arbeitszeiten nicht ins Uferlose und Sie dürfen als Arbeitnehmer:in weder mehr Arbeitsstunden leisten als gesetzlich erlaubt sind, noch dürfen sie bei der Entlohnung unter den kollektivvertraglichen Mindestlohn fallen. In solchen Fällen werden dann entsprechend weniger Überstunden vom vereinbarten Lohn oder Gehalt abgedeckt.
Wichtig!
Für ab dem 1.1.2016 neu abgeschlossene Pauschallohnvereinbarungen gilt: Wird der Grundlohn bzw. das Grundgehalt nicht betragsmäßig im Dienstzettel/Arbeitsvertrag angegeben, sondern lediglich ein Gesamtentgelt, das auch andere Entgeltbestandteile wie etwa Mehr- oder Überstundenstunden-Entgelt umfasst, dann hat der Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin Anspruch auf den Grundlohn oder das Grundgehalt einschließlich der branchen- und ortsüblichen Überzahlungen wie ihn vergleichbare ArbeitnehmerInnen erhalten ("Ist-Grundgehalt"/"Ist-Grundlohn").
Überstundenpauschale
Wenn eine bestimmte Anzahl von monatlichen Überstunden von Ihrem Verdienst abgedeckt sein soll, dann haben Sie damit auch die grundsätzliche Verpflichtung, diese Mehr- und Überstunden zu leisten.
Ein Recht, Mehr-/Überstunden abzulehnen, besteht im konkreten Einzelfall dann, wenn wichtige persönliche Gründe dagegensprechen.
Ein Beispiel
Ihr Arbeitgeber verlangt, dass Sie an einem Tag bis 18 Uhr 30 arbeiten statt bis 16 Uhr. Sie müssen aber spätestens um 18:00 weg, um Ihr Kind vom Kindergarten abzuholen. In diesem Fall müssten Sie nur bis 18 Uhr arbeiten.
Tipp
Zeichnen Sie Ihre Arbeitszeiten auf. Nutzen Sie dazu unseren digitalen AK Zeitspeicher, den Sie auch übers Handy nutzen können.
Was für All-in-Verträge und Überstundenpauschalen gilt
Wenn Sie während eines längeren Zeitraumes (im Zweifel innerhalb eines Jahres) mehr Überstunden geleistet haben, als durch die Pauschale oder All-in Vereinbarung abgedeckt ist, so muss Ihr Arbeitgeber jene Stunden, die Sie mehr gearbeitet haben, zusätzlich bezahlen. Leisten Sie weniger Stunden als in der All-in Vereinbarung enthalten, dann darf deshalb Ihr Entgelt aber nicht gekürzt werden.
Wichtig!
Führen Sie eigene Arbeitszeitaufzeichnungen und vergleichen Sie diese regelmäßig mit den Aufzeichnungen Ihres Arbeitgebers.
Aus der Praxis
Zauberwort All in: Wie toll ist das wirklich?
Dies ist nur ein Beispiel, aber es spricht Bände: Nina M. arbeitet schon lange und gerne im Außendienst. Da sie ein sehr großes Gebiet abzudecken hat, ist sie fast nur unterwegs. Sie verbringt unzählige Stunden in ihrem Firmenfahrzeug.
Da sie auch eine Vorgabe hat, wie viele Kundenbesuche sie durchschnittlich durchführen soll, ist ihr beruflicher Alltag durchgeplant, ihre Arbeitstage sind lang. Dafür verdient sie im Vergleich zu anderen Alterskolleginnen und -kollegen in derselben Branche, die nicht im Außendienst tätig sind, recht gut. Umso mehr wundert sie sich, als sie anlässlich eines Termins bei ihrer AK feststellt, dass sie eigentlich unter dem Kollektivvertragssatz bezahlt ist.
Einfach übersehen
Das ist zwar nicht zulässig, Nina hat es jedoch gar nicht bemerkt. Sie hat nämlich eine sogenannte All-in-Vereinbarung. Das bedeutet in ihrem Fall, dass mit dem Gesamtbetrag, den sie bekommt, neben dem Grundgehalt auch alle Überstunden, Reisezeiten usw. abgedeckt sein sollen.
Zwar steht in Ninas Vertrag auch das KV-Mindestgehalt angegeben, nachdem die Gesamtsumme aber höher ist, war sie der Meinung, das sei für sie nicht relevant und sie verdiene sowieso weitaus mehr. Im Zuge der Beratung erfährt sie nun staunend, wie viele Stunden sich maximal in diesem Betrag ausgehen können. Tatsächlich fallen bei ihr schon sehr viel mehr Stunden an.
Versäumnis des Chefs
Ninas Chef wäre eigentlich verpflichtet, jährlich zu berechnen, wie viel Ninas geleistete Stunden tatsächlich wert sind. Der ihr dafür zustehende Betrag ist dabei mit der bezahlten Summe zu vergleichen (das nennt sich Deckungsrechnung). Wenn sich dabei ergibt, dass nicht alles, was ihr zusteht, in der bezahlten Summe „Platz hat“, ist eine Nachzahlung fällig. Das ist freilich nie passiert.
Mit dieser Erfahrung steht Nina M. nicht alleine. Bei vielen alten All-in-Verträgen ist nicht einmal das geltende Kollektivvertragsgehalt oder das Grundgehalt angegeben. Für neuere Verträge, die nach dem 1. Jänner 2016 abgeschlossen wurden, ist wenigstens gesetzlich geregelt, dass immer dann, wenn neben dem Grundgehalt auch etwas anderes (zum Beispiel Überstunden) pauschal abgegolten sein soll, das Grundgehalt zwingend anzugeben ist. Wenn dies nicht eingehalten wird, dann besteht ein Anspruch auf das Gehalt einschließlich branchen- und ortsüblicher Überzahlung, das am Arbeitsort vergleichbaren Arbeitnehmern von vergleichbaren Arbeitgebern zusteht. So steht es im Gesetz.
Welche Ansprüche gibt es?
Dieses „vergleichbare Gehalt samt üblicher Überzahlungen“ ist aber für den einzelnen Arbeitnehmer ein total abstrakter Begriff und nicht einfach zu beurteilen. Im Streitfall muss diese Frage durch entsprechende Gutachten geklärt werden. Wichtig für den Einzelnen ist es, zu wissen, welche Ansprüche (zum Beispiel Zulagen, Zuschläge etc.) ihm überhaupt zustehen, was die konkrete Vereinbarung wirklich umfasst und was korrekterweise überhaupt umfasst sein darf.
In diesem Zusammenhang sollten Arbeitnehmer unbedingt auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Arbeitszeitaufzeichnungen achten, rät Dr. Brigitte Hutterer, Rechtsexpertin der AK Vorarlberg. Empfehlenswert ist es auch, gerade Pauschalvereinbarungen schon vor der Unterzeichnung kritisch zu hinterfragen.
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