Wirtschaft
Arbeitsmarktentwicklung
Bis ins Jahr 1993 herrschte in Vorarlberg Hochkonjunktur, daher gab es auch die niedrigsten Arbeitslosenraten in Österreich. Der nun zunehmenden Arbeitslosigkeit versuchte die AK mit einem Wohnbauprogramm für Arbeitslose und mit Reintegrationsmaßnahmen entgegenzuwirken. Sie brachte als mögliche Teillösung des Problems die Arbeitsumverteilung ins Spiel – weniger arbeiten und verdienen, um damit mehr Arbeitsplätze zu schaffen, stieß damit aber auf klare Ablehnung der Arbeitnehmer. Da man sich vonseiten der EU keine Lösungen erwartete, entwarf die AK 2004 ein umfangreiches Forderungsprogramm: Ausbildung für Jugendliche, Wohnbau- und Infrastrukturprojekte und gemeinsames Auftreten der Sozialpartner standen im Zentrum. Der Weltwirtschaftskrise und den zu erwartenden Kündigungen sollte mithilfe eines Kurzarbeitszeitmodelles – und nicht mit Teilzeitarbeit – begegnet werden. Und wiederum setzte die AK bei permanenter Bildungsförderung an.
Wirtschaftliche Entwicklung
Die wirtschaftliche Prosperität verdankte Vorarlberg vor allem der Metall- und Elektroindustrie und dem Anschluss an die EU, während die Bedeutung der Textilverarbeitung ständig abnahm und sich dies auch in den großen Pleiten traditioneller Unternehmen zeigte. Neben lokalen Strukturschwächen von Betrieben sah die Arbeiterkammer die Ursachen für Wirtschaftskrisen vor allem beim Modell des „Neoliberalismus“ und den unkontrollierten Finanzmärkten, die heftig angegriffen wurden. Vorarlbergs Wirtschaft war seit den 80er-Jahren von zwei Rezessionen betroffen, einer kleinen und kurzen in den 90er-Jahren und schließlich von jener großen im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise ab 2008. Die bis nach der Jahrhundertwende niedrige Arbeitslosigkeit stieg hernach ständig an, trotz Produktionssteigerungen. Und in diesem Zeitraum wuchs auch die Armut von einem Teil der Bevölkerung. Die Lösung sah die AK durch Steuersenkungen, Lohnerhöhungen und vor allem durch die Erhaltung des bewährten österreichischen Sozialstaates.
In den Jahren 1990 /91 zeigten sich erste Schatten einer europäischen Wirtschaftsrezession.
Konsumentenberatung und Konsumentenschutz
Eine der wichtigsten Tätigkeiten der AK ist der Konsumentenschutz und die Konsumentenberatung. Der Einsatz für Konsumenten entwickelte sich mit den Jahren zu einem ständig wachsenden Bereich der Arbeiterkammer. Das Jahr 2003 brachte für AK-Mitglieder ein großes Plus: Sie genossen auch im Bereich des Konsumentenschutzes die Sicherheit einer kostenlosen Rechtsvertretung. Ab dem Jahr 2009 stand die Konsumentenberatung auch Nichtmitgliedern kostenlos zur Verfügung, was zu einem Rechtsstreit mit der Rechtsanwaltskammer führte.
Konsumentenschutz ist nicht nur Nachsorgen, sondern vor allem auch Vorsorgen.
Handel und Konsument
Konsumentenberatung und Konsumentenschutz trugen ganz wesentlich zur Bekanntheit der Kammer in der Öffentlichkeit bei und damit zu ihrer Legitimation. Öffentlichkeitswirksam waren vor allem die allgemeinen Preiserhebungen sowie die von ihr geführten „Musterprozesse“. Mit umfangreichen Statistiken untermauerte man die Ergebnisse zu den Warentests und Preiserhebungen. Die AK nahm aber auch die Supermärkte unter die Lupe und zuletzt das umstrittene Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen EU und USA.
Preisentwicklung
Im Zusammenhang mit Konsumentenschutz spielte die Preispolitik eine große Rolle. Dazu zählten vor allem die steten ausführlichen Preiserhebungen von Nahrungsmitteln und Benzin. Die AK wollte auch die Meinungen ihrer Mitglieder erfahren, die sich statt Wettbewerb mehr Preisregulierung wünschten. Die AK, die sich sehr für die Einführung des Euro eingesetzt hatte, kam 2007 in Schwierigkeiten, als die Preise um bis zu 7,5 % stiegen und der Slogan grassierte: „Euro ist Teuro“. Eine Armutsfalle hatte sich aufgetan – steigende Preise bei gleichbleibenden oder gar sinkenden Löhnen. Die AK reagierte mit Maßnahmen und Forderungen an die Bundesregierung, die klar auf einen regulierten Markt hinwiesen.
„Die momentane Situation ist schrecklich. Seit wir den Euro haben, sind die Preise ins Unermessliche gestiegen. Der Zahltag sollte langsam an die Preise angepasst werden.“
Geld und Banken
In den späten 80er-Jahren wurde die AK im Bereich des Geld- und Bankenwesens aktiv. Sie führte in der Folge etliche Untersuchungen durch, die das Kreditwesen und die damit zusammenhängenden Haben- und Sollzinsen betrafen. Schon 2003, noch vor der Weltwirtschaftskrise, warnte die AK vor den Gefahren und Risiken von Fremdwährungskrediten. Sie schreckte nicht davor zurück, einzelne Bankinstitute zu nennen, wenn diese sich nicht an gesetzliche Vorgaben hielten und strebte für ihre Konsumenten gar kostenlose Gerichtsverfahren an. Große Aufmerksamkeit widmete sie den Bedingungen für Gehalts- und Girokonten, die für den „Laien“ verwirrend und unübersichtlich waren. Mit den Konsumenten diskutierte man bereits 1996 über die „Anonymität“ von Sparbüchern und ob Einlagen bei einer Konjunkturkrise auch gesichert waren. Für die Banken wurde die Jugend zunehmend von Interesse, was sich jedoch in ihrer vermehrten Verschuldung äußerte, die es zu verhindern galt.
Fremdenverkehr und Urlaub
Für die AK spielten bis in die Mitte der 90er-Jahre die Bereiche Fremdenverkehr und Urlaub keine große Rolle. Sie beschränkte sich auf statistische Erhebungen, etwa über Liftpreise bei den 281 Liftanlagen im Jahr 1987 und auf Nächtigungszahlen und -arten in den einzelnen Fremdenverkehrsregionen. Wichtige Schwerpunkte waren auch Untersuchungen über die Preis-Leistungs-Verhältnisse von Tourismusbetrieben und die Beratung bei der Gestaltung von Urlaubsreisen. Dabei gerieten Reisebüros und Urlaubskataloge ins Visier.
Umweltschutz und Ökologie
Die AK hatte sich erstmals klar und deutlich gegen die Lobby der Energieunternehmer und für Umweltschutz eingesetzt, als sie im Jahr 1978 ihre Mitglieder gegen das geplante Atomkraftwerk Zwentendorf mobilisierte. 1983 erstellte sie ein ökologisches Gesamtkonzept und einen Leitfaden für eine rasche Eindämmung von Umweltgefahren. Es gab in Vorarlberg genug zu tun: Da ging es um das ungelöste Müllproblem, um Mülltrennung und Entsorgung, um die Lagerung und Verwendung von Tonnen Chemiegiften und um Luftverschmutzung auch durch Private. In den Jahren 1992/93 erreichte sie die breite Öffentlichkeit, als sie diese an Trinkwassertests bezüglich Nitratgehalt teilnehmen ließ. Die AK hatte sich schließlich zu einer wichtigen „Öko-Institution“ und zum „Umweltanwalt“ in Vorarlberg entwickelt.
Durch eine öffentlichkeitswirksame Aktion unter großer Beteiligung hatte sich die AK in den Jahren 1992/93 zum Vorarlberger Umweltanwalt gemacht.
Energie
Ein Hauptziel der AK war es, hohe Energiekosten bzw. Strom- und Mineralölpreiserhöhungen zu verhindern. Zu Preiskontrollen war sie legitimiert, weil sie als Teil der Sozialpartner in der staatlichen Preiskommission vertreten war. Kostensteigerungen erwartete sie bei einer Privatisierung der Stromerzeuger und bei einheitlichen österreichischen Strompreisregelungen, bei der Liberalisierung des europäischen Strommarktes und bei einer Überbetonung ökologischer Maßnahmen. Sie trat für Energiesparen und „nachhaltiges Bauen“ ein, wobei vor legistischen Entscheidungen möglichst die Bevölkerung miteinbezogen werden sollte. Die Erzeugung von Biosprit aus pflanzlichen Nahrungsmitteln lehnte sie ab.
Vom Eigenheim zum sozialen Wohnbau
Im Jahr 1988 wurden die Bundeskompetenzen zur Wohnbauförderung an die Länder übertragen. Das war der Startschuss für jahrelange Initiativen der AK für kostengünstiges Wohnen und Bauen, ein zentrales Anliegen vor allem zwischen 1991 und 1993. Seit den 90er-Jahren waren die Ausgaben der Mieter und Bauwerber gewaltig gestiegen. Hatte sich die AK anfänglich noch für den Bau und die Förderung des Eigenheimes ausgesprochen, wich sie bald davon ab. Sie regte nicht nur die Ökologisierung des Bauens an, sondern vertrat vorausschauend eine verdichtete Bauweise und den sozialen Wohnbau. Sie sparte nicht an Kritik, wenn sie die übertriebene „Regelungswut“, Kompliziertheit der Fördermaßnahmen und den „Energiesparwahn“ anprangerte, was die Kosten in die Höhe trieb und vergessen ließ, dass die Fördermaßnahmen des Landes mit dem sozialen und gemeinnützigen Gedanken verknüpft werden sollten. Eng damit waren Themen wie Raumplanung und Raumordnung verbunden.
Individualverkehr und Autokult
Innerhalb von zwanzig Jahren war bis 1990 der private Autobesitz um das Dreifache gestiegen. Bund und Land hatten gigantische Summen in den Ausbau des Straßennetzes investiert. Dies ging auf Kosten der Bewohner des Landes und der Natur. Die AK reagierte darauf noch vor der Landespolitik mit harter Kritik an dem überbordenden Pkw-Individualverkehr, präsentierte aber auch Lösungsvorschläge und nachhaltige Konzepte. Sie forderte schon 1985 einen „Verkehrsverbund“, den Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen und autofreie Ortszentren. Verkehrspolitik sollte nicht nur Angelegenheit einiger „Fachleute“ sein, sondern Teil des öffentlichen Bewusstseins. Die AK vertrat aber auch einzelne Interessens- und Berufsgruppen, wenn es um Preisfragen und Qualität ging. Dies galt etwa dem Benzinpreis, den Kosten für einen Führerschein oder den Berufskraftfahrern. Um die eigenen Ansichten zu legitimieren, griff man oft auf Meinungsumfragen der Kammermitglieder zurück.
Zahlen
Vom Computer zum Smartphone
Die Arbeiterkammer gehörte in Vorarlberg zu den Pionieren, die sich mit Computern, Internet und sämtlichen Neuerungen auf dem elektronischen Medien- und Kommunikationsbereich auseinandersetzte. Ihre Einführungs- und Fortbildungskurse waren auf dem neuesten Stand. Dabei widmete sie sich nicht nur Berufstätigen, sondern auch Kindern und Jugendlichen, da diesen von den neuen Medien unterschiedlichste Gefahren drohten. Der Konsumentenschutz spielte dabei eine wichtige Rolle.
Seit der Jahrhundertwende lauerte auf Kinder und Jugendliche noch eine weitere mögliche „Gefahr“, mit der sich die AK intensiv beschäftigte – es war das sogenannte „Handy“ bzw. Mobiltelefon.