Immo-Branche als Trittbrettfahrer der Inflation
Vor allem Mieter:innen im privaten Segment sind schutzlos ausgeliefert
Der Kosten-Hammer schlägt erbarmungslos zu!
Präsident Heinzle: „Brauchen kurzfristige Maßnahmen und langfristige Lösungen“
Die aktuelle Wohnumfrage der AK Vorarlberg lässt keine Zweifel offen: Für immer mehr arbeitende Menschen im Ländle werden die Kosten fürs Wohnen zu einer schier unberechenbaren und bedrohenden Größe. „Der Kosten-Hammer schlägt vor allem für Geringverdienende und Mieter:innen von privaten Wohnungen erbarmungslos zu“, fasst AK-Präsident Bernhard Heinzle die Umfrage zusammen. „Es macht betroffen, wenn knapp die Hälfte aller in Miete lebenden Umfrageteilnehmer:innen nicht wissen, ob sie die aktuelle Inflation finanziell noch länger stemmen können – fast jeder Zehnte kann es schon jetzt nicht mehr.“ Und das, obwohl die Stromkosten in Vorarlberg bislang noch gar kein Treiber waren, die Wohnkosten an sich das Problem sind. „Wir brauchen dringend kurzfristige Maßnahmen und zudem langfristige Lösungen“, fordert der AK-Präsident.
Das Teuerungs-Geschwür frisst sich immer weiter in die Gesellschaft hinein und hat mittlerweile auch schon den Mittelstand erreicht. Mussten die Vorarlberger:innen vor vier Jahren durchschnittlich noch 28 Prozent ihres Haushaltseinkommens für das Wohnen aufwenden, sind es heute schon über 32 Prozent. Von einer „Wohnkosten-Überbelastung“ spricht man, wenn jemand mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für das Wohnen ausgeben muss. „Für 37 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen trifft das aktuell zu, bei den privaten Mieter:innen sind es sogar 43 Prozent“, erklärt AK-Direktor Rainer Keckeis. Und weiter: „Knapp die Hälfte aller in Miete (privat und gemeinnützig) lebenden Umfrageteilnehmer:innen wissen nicht, ob sie die aktuelle Inflation noch länger finanziell stemmen können – fast acht Prozent können es bereits jetzt nicht mehr.“
Zu allem Überfluss stellt sich die aktuelle Situation noch besser dar, als sie eigentlich ist. „Aus den qualitativen Kommentaren wissen wir, dass sich die Energiekrise noch gar nicht wirklich in den finanziellen Belastungen niedergeschlagen hat, sondern vor allem Mieterhöhungen, Betriebskostenerhöhungen und gestiegene Ratenzahlungen den Leuten Sorgen machen“, erläutert der AK-Direktor. Denn die derzeitige Situation ist auch einer langfristigen Entwicklung geschuldet. Nämlich der, dass die Preise für Immobilien und die Mieten wesentlich stärker steigen als die Löhne und Gehälter. Dazu kommen laut Keckeis eine Rekord-Inflation von über acht Prozent im Jahr 2022 (Jänner 2023 über 11 Prozent), noch nicht absehbare Konsequenzen der Energiekrise und steigende Zinsen bei Wohnbaukrediten. Diese ohnehin dramatische Gemengelage wird verschärft durch das Fehlen günstiger Wohnungen für Haushalte mit niedrigen Einkommen. Weil kaum ein Ausweichen möglich ist, überschreiten viele die mittlerweile unrealistischen Höchstgrenzen für die Wohnbeihilfe. Der niedrige Anteil der Gemeinnützigen und der Druck des privaten Wohnungsmarktes mit kurzen Befristungen tun ein Übriges.
Für die meisten Mietverhältnisse in Vorarlberg ist – im Gegensatz zu Wien – weder er Richtwert- noch der Kategorie-Mietzins anwendbar. Deshalb sind sie im Ländle ständigen Anpassungen des Mietzinses an den Verbraucherpreisindex (VPI) schutzlos ausgesetzt. Und die haben es derzeit in sich: „Bei einem Mietzins von 1.000 Euro und einer 11-prozentigen Inflation erhöht sich der Mietzins um 110 Euro monatlich. Mietforderungen können in aller Regel sogar drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden“, erklärt der AK-Dirketor. Mieter:innen müssen schlimmstenfalls mit hohen Nachforderungen rechnen, wenn vorläufig keine Mieterhöhung durchgeführt wurde, obwohl es vertraglich möglich wäre.
Zwar nicht so stark wie die Mieter:innen leiden aber auch Haus- und Wohnungseigentümer:innen unter den explodierenden Kosten. Der Bauboom der letzten Jahre hat auch die Handwerkerpreise in die Höhe getrieben. Der Traum vom Eigentum platzt für immer mehr Menschen, besonders betroffen sind junge Familien. Das hat auch Auswirkungen auf die Psyche. Viele leisten Überstunden und Mehrarbeit, um die Lebenshaltungskosten stemmen zu können. Eine nebenberufliche Ausbildung oder ein Studium ist wegen der hohen Wohnkosten kaum mehr finanzierbar.
Inflationsbremse bei Mieten
Mietrechtsreform
Das Mietrecht gehört generell reformiert, für Wohnungsmieten sollte ein einheitliches Mietrecht geschaffen werden mit fairen Regelungen für Mieter und Vermieter.
Sozialer Wohnbau als Schlüssel zu mehr Entspannung auf dem Wohnungsmarkt für Mieter
Klares Bekenntnis zu Grundrecht auf Wohnen und leistbarem Wohnen
Umwidmungen besteuern
Wird Grünland in Bauland umgewidmet, steigt der Wert eines Grundstücks im Durchschnitt um das 26-Fache. Wir fordern daher eine Abschöpfung der Umwidmungsgewinne in Höhe von mindestens 30 Prozent. Diese Mehrwertabgabe würde enorme Mittel lukrieren, die dem Bodenfonds und dem sozialen Wohnbau zugutekommen sollten.
Bodenfonds
Ein Grundstückfonds des Landes zum gezielten Ankauf von Grundstücken soll insbesondere dem sozialen Wohnbau und dem Wohnbau zum Eigenbedarf zugutekommen. Das könnte die enorme Kostenentwicklung des letzten Jahrzehnts bei Bodenpreisen einbremsen.
„Ich arbeite und mache nebenher ein Studium, das ich selbst bezahlen muss (ohne Stipendium wg. Fernstudium). Ich habe oft Angst das es sich Finanziell nicht ausgeht, da wir erst vor kurzem in eine eigene Wohnung gezogen sind.“
„Der Kredit ist mittlerweile 800 Euro teurer geworden. Durch mein Kind kann ich nur am Vormittag zwischen 8-12 Uhr schaffen. Das Geld reicht nicht. Einkaufen probieren wir so wenig wie möglich und günstig zu kaufen. Wir können keine Aktivitäten machen wie schwimmen gehen, weil das alles so teuer ist. Ich weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht ... mache aktuell noch eine Weiterbildung neben meiner Arbeit.“
„Mit nur einem Einkommen ist Wohnen ohne enorme psychische Belastung nicht mehr möglich. Urlaubsgeld und Weihnachtsremunerationen gehen für monatliches Minus drauf. Wir sind an einer Stelle angelangt, bei der Menschen, die fast 40 sind und ihr Leben lang Vollzeit gearbeitet haben, sich eine einfache 2-Zimmer-Wohnung nicht mehr leisten können! Zusätzlich werden die neuen Mietverträge mit einer neuen Klausel versehen, die es verbietet, im ersten Jahr einen Nachmieter zu suchen – unglaublich!“
„Es ist eine Schande, wenn eine Frau, Jahrgang 1954, die drei Kinder aufgezogen hat, seinerzeit keine Möglichkeit auf Kinderbetreuung hatte, daher nicht arbeiten konnte, sondern erst bei Schulabtritt, und zwar nach 10 Jahren und dann nur 50%, dann kann man sich die Höhe der Pension für eine geschiedene Frau leicht ausrechnen. Es wird immer von Kinderarmut gesprochen, aber nie von Frauenarmut. Die Mütter waren es, die die Familie zusammengehalten haben und gekocht und gewaschen haben, statt Karriere zu machen.“
„Bei den Mietpreisen muss sich auf jeden Fall etwas ändern, das kann sich sonst bald keiner mehr leisten. Wir sind ein junges Paar, das halbwegs gut verdient, zum Sparen reicht es aber oft auch nicht. Gottseidank werden dieses Jahr auch die Maklerprovisionen für Mieter abgeschafft, das hätte längst schon passieren sollen.“
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