AK-Wohnumfrage 2023
© AK Vorarlberg
09.02.2023

AK-Wohnumfrage zeigt: Wohnkostenbelastung alarmierend hoch. Rekord-Inflation verschärft Miet- und Kreditsituation weiter! 

Mehr als 2.000 Vorarlberger:innen haben im Jänner 2023 an der Online-Umfrage der AK Vorarlberg zum Thema Wohnen teilgenommen und ihre persönliche Situation geschildert. Die Umfrage fand über einen Zeitraum von zwei Wochen statt. Es war nach 2018 die zweite große Umfrage der AK Vorarlberg zur Wohnsituation in Vorarlberg. 

Preise für Eigentum und Mieten explodiert

Bei der Umfrage 2018 geben die Teilnehmer:innen im Durchschnitt an, 28 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufwenden müssen. In der aktuellen Umfrage ist dieser Wert auf 32 Prozent gestiegen. Kein Wunder: Die Preise für Eigentum und Mieten sind in den vergangenen sechs Jahren explodiert. Die Löhne konnten damit keinen Schritt halten.

Fokus auf Wohnkostenbelastung

Die langfristige Entwicklung bis 2021 zeigt, dass die Schere zwischen Einkommen und Wohnkosten immer weiter aufgeht. Dazu kommt eine Rekord-Inflation von 8,6 Prozent im Jahr 2022, über 11 Prozent im Januar 2023, noch nicht absehbare Konsequenzen der Energiekrise und steigende Zinsen bei Wohnbaukrediten. Die AK Vorarlberg hat deshalb bei der aktuellen Wohnumfrage einen Fokus auf die Wohnkostenbelastung der Vorarlberger:innen gelegt.

„Der Kosten-Hammer schlägt vor allem für Geringverdienende und Mieter:innen von privaten Wohnungen erbarmungslos zu“, fasst AK-Präsident Bernhard Heinzle die Umfrage zusammen.

"Es macht betroffen, wenn knapp die Hälfte aller in Miete lebenden Umfrageteilnehmer:innen nicht wissen, ob sie die aktuelle Inflation finanziell noch länger stemmen können"

Bernhard Heinzle

AK-Präsident


Und das, obwohl die Stromkosten in Vorarlberg bisher noch gar kein Treiber waren und die Wohnkosten an sich das Problem sind. 

AK Wohnumfrage 2023
Abbildung 1: Einfluss Teuerung auf Wohnsituation © AK Vorarlberg


Abbildung 1 zeigt, wie stark die aktuelle Teuerung bzw. Inflation die Wohnsituation der Umfrage-Teilnehmer:innen beeinflusst. 29,4 Prozent aller Teilnehmer:innen geben an, betroffen zu sein, und nicht sicher zu wissen, wie lange sich das noch ausgeht. 4,8 Prozent geben sogar an, so stark betroffen zu sein, dass es nicht mehr leistbar ist.

Von einer „Wohnkosten-Überbelastung“ spricht man, wenn jemand mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für das Wohnen ausgeben muss. „Für 37 Prozent der Umfrageteilnehmer:innen trifft das aktuell zu, bei den privaten Mietern:innen sind es sogar 43 Prozent“, erklärt AK-Direktor Rainer Keckeis. Und weiter: „Knapp die Hälfte aller in Miete (privat und gemeinnützig) lebenden Umfrageteilnehmer:innen wissen nicht, ob sie die aktuelle Inflation noch länger finanzielle stemmen can – fast acht Prozent can es bereits jetzt nicht mehr.“


AK Wohnumfrage 2023
Abbildung 2: Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Einkommen über bzw. unter 40%, nach Rechtsverhältnis © AK Vorarlberg


Der Anteil der Umfrageteilnehmer:innen, die über 40 Prozent des Einkommens fürs Wohnen aufwenden, ist bei den Mieter:innen am höchsten. Auch knapp ein Drittel der Eigentümer:innen sind mit über 40 Prozent Anteil des Wohnens an den Gesamtausgaben schwer belastet. Der Anteil der Eigentümer:innen mit gemischten oder ganz variabel verzinsten Krediten ist bei Hauseigentümern:innen mit 51,2 Prozent sehr hoch, bei den Wohnungseigentümern:innen mit 57,4 Prozent noch höher.

Zu allem Überfluss stellt sich die aktuelle Situation noch besser dar, als sie eigentlich ist.

„Aus den qualitativen Kommentaren wissen wir, dass sich die Energiekrise gar nicht wirklich in den finanziellen Belastungen niedergeschlagen hat, sondern vor allem Mieterhöhungen, Betriebskostenerhöhungen und gestiegene Ratenzahlungen den Leuten Sorgen machen“

Rainer Keckeis

AK Direktor


Die derzeitige Situation ist auch einer umfassenden Entwicklung geschuldet: Die Preise für Immobilien und die Mieten steigen wesentlich stärker als die Löhne und Mieten. Dazu kommen laut Keckeis eine Rekord-Inflation von über acht Prozent im Jahr 2022 (Jänner 2023 über 11 Prozent), noch nicht absehbare Konsequenzen der Energiekrise und steigende Zinsen bei Wohnbaukrediten.

Die ohnehin dramatische Situation wird dadurch verschärft, dass günstige Wohnungen für Haushalte mit niedrigem Einkommen fehlen.

AK Wohnumfrage 2023
Abbildung 3: Monatliche Ausgaben* für Wohnen pro Quadratmeter nach Bezirken und Einkommensklassen, Mieter:innen © AK Vorarlberg


* Miete bzw. Rückzahlungsrate plus Betriebskosten und Heizen aber ohne Strom, Internet usw.

Die monatlichen Ausgaben für Wohnen pro Quadratmeter je Einkommensklasse (Abbildung 3) sind unabhängig vom Einkommen ähnlich hoch. Weil ein Ausweichen kaum möglich ist, überschreiten viele die mittlerweile unrealistischen Höchstgrenzen für die Wohnbeihilfe. Der niedrige Anteil der Gemeinnützigen und der Druck des privaten Wohnungsmarktes mit kurzen Befristungen tun ein Übriges.

Für die meisten Mietverhältnisse in Vorarlberg ist – im Gegensatz zu Wien – weder der Richtwert- noch der Kategorie-Mietzins anwendbar. Deshalb sind die Mieter:innen im Ländle den ständigen Anpassungen des Mietzinses an den Verbraucherpreisindex (VPI) schutzlos ausgesetzt. Und die haben es derzeit in sich: „Bei einem Mietzins von 1.000 Euro und einer 11-prozentigen Inflation erhöht sich der Mietzins um 110 Euro monatlich. Mietforderungen können in aller Regel sogar drei Jahre rückwirkend geltend gemacht werden“, erklärt AK Direktor Rainer Keckeis. Mieter:innen müssen schlimmstenfalls mit hohen Nachforderungen rechnen, wenn vorläufig keine Mieterhöhung durchgeführt wurde, obwohl es vertraglich möglich wäre.

KlassifizierungDurchschnittliche Miete (inkl. BK) pro Quadratmeter in Euro
Statistik Austria [gesamt]9,80 €
AK-Umfrage [gesamt]13,90 €
AK-Umfrage [privat]14,90 €
AK-Umfrage [gemeinnützig]10,80 €

Quelle: Statistik Austria, AK Wohnumfrage

Die durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten (BK) pro Quadratmeter ist im gemeinnützigen Wohnen mit 10,8 Euro deutlich unter dem Gesamtdurchschnitt der AK Umfrage von 13,9 Euro. Die privaten Mieten liegen durchschnittlich sogar bei 14,9 Euro (siehe Tabelle 1). Interessant ist auch: Die Ergebnisse der Statistik Austria für Vorarlberg aus dem Jahr 2021 unterschätzt die Mieten deutlich. Dies liegt auch daran, dass die Wohnumfrage deutlich aktueller ist und die inflationsbedingten Mietanpassungen bereits berücksichtigt sind. 

Auch Haus- und Wohnungseigentümer:innen leiden unter den explodierenden Kosten. Der Bauboom der letzten Jahre hat die Handwerkerpreise in die Höhe getrieben. Der Traum vom Eigentum platzt für immer mehr Menschen, besonders betroffen sind junge Familien. Das hat Auswirkungen auf die Psyche. Viele leisten Überstunden und Mehrarbeit, um die Lebenshaltungskosten stemmen zu können. Eine nebenberufliche Ausbildung oder ein Studium ist wegen der hohen Wohnkosten kaum mehr finanzierbar.

Die durchschnittlichen Ausgaben pro Quadratmeter sind für Eigentümer:innen mit 11,1 Euro unter den 13,9 Euro der Mieter:innen, aber wie der Wohnkostenanteil bei Eigentümer:innen zeigt, stellt dies besonders für Wohnungseigentümer:innen eine Belastung dar. Steigende Kreditzinsen schränken die Möglichkeiten für das Eigenheim weiter ein.

AK Präsident Bernhard Heinzle zieht folgende Schlussfolgerung: „Diese möglicherweise machen sowohl kurzfristig wirkende Maßnahmen zur Entlastung als auch dauerhaft nachhaltige Lösungen dringen notwendig.“

AK Forderungen

Kurzfristige Maßnahmen

Inflationsbremse bei Mieten

  • Für sämtliche Wohnungsmietverhältnisse ist in Zeiten hoher Inflation eine einheitliche Regelung zur Wertanpassung des Hauptmietzinses einzuführen. Die Mieten sollen nicht öfter als einmal im Jahr erhöht werden dürfen, die Erhöhung soll mit zwei Prozent gedeckelt sein. Dass soll so lange gelten, bis es zu einer großen Mietrechtsreform kommt, die längst überfällig ist.
  • Die letzte Mietanpassung vor Einführung dieser Regelung muss mindestens ein Jahr zurückliegen und eine rückwirkende Mieterhöhung wird gesetzlich für alle Wohnungsmietverhältnisse ausgeschlossen. Die Anpassung ist vom Vermieter 14 Tage vor dem Inkrafttreten des Mieters schriftlich.
  • Im Fall einer Verlängerung eines bestehenden Mietvertrages hat der bisher vereinbarte Mietzins mit dieser Wertsicherungsregelung weiter zu gelten.
  • Die Befristungsmöglichkeit für gewerbliche Vermieter sollte abgeschafft werden.

Mietrechtsreform

Das Mietrecht gehört allgemein reformiert, für Wohnungsmieten sollte ein einheitliches Mietrecht geschaffen werden mit fairen Regelungen für Mieter und Vermieter.

Sozialer Wohnbau als Schlüssel zu mehr Entspannung auf dem Wohnungsmarkt für Mieter

  • Mehr sozialer Wohnbau
  • Neue Kategorie im sozialen Wohnbau für Menschen mit Erwerbsabsicht (Miet-Kauf-Wohnungen), deren Zuweisung nicht mehr ausschließlich über die Gemeinden erfolgt.
  • Aufhebung der Befristung im sozialen Wohnbau, dafür Einkommensüberprüfung nach 15 Jahren und Einführung der Möglichkeit, den Mietpreis nach oben anzupassen.

Langfristige Lösungen

Klares Bekenntnis zu Grundrecht auf Wohnen und leistbarem Wohnen

  • Es braucht die Einführung einer Bewilligungspflicht für den Erwerb von Baugrund und deren Versagung für jene, die keinen unmittelbaren Wohnbedarf nachweisen kann.
  • Baubewilligungen sollen nur erteilt werden, wenn ein Wohnbedarf nachgewiesen wird.

Umwidmungen besteuern

Wird Grünland in Bauland umgewidmet, steigt der Wert eines Grundstücks im Durchschnitt um das 26-Fache. Wir fordern daher eine Abschöpfung der Umwidmungsgewinne in Höhe von mindestens 30 Prozent. Diese Mehrwertabgabe würde enorme Mittel lukrieren, die dem Bodenfonds und dem sozialen Wohnbau zugutekommen sollten.

Bodenfonds

Ein Grundstückfonds des Landes zum gezielten Ankauf von Grundstücken soll insbesondere dem sozialen Wohnbau und dem Wohnbau zum Eigenbedarf zugutekommen. Das könnte die enorme Kostenentwicklung des letzten Jahrzehnts bei Bodenpreisen einbremsen.

Miete: Immo-Branche als Trittbrettfahrer der Inflation

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Vor allem Mieter:innen im privaten Segment sind schutzlos ausgeliefert

Pressekonferenz vom 3.6.2022, AK-Vorarlberg

Schluss mit Bodenspekulationen

Studie von Univ.-Prof. Dr. Peter Bußjäger im Auftrag der AK zeigt deutlich: Missbrauch von Grund und Boden ist auf Landesebene eindämmbar.

Wohnschirm

Der WOHNSCHIRM schützt vor Wohnungsverlust und bei Problemen mit zu hohen Energiekosten.

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