Eine junge Frau steht an einer Werkbank in einer Werkstatt und schaut ernst in die Kamera.
Ein Fünftel weniger Gehalt für die gleiche Arbeit? So ergeht es Frauen in Vorarlberg leider immer noch. © Igor, AdobeStock
10.03.2025

Vorarlberg bleibt Schlusslicht beim Gender Pay Gap

Der 14. März 2025 ist Equal Pay Day in Vorarlberg – der Tag, der symbolisiert, dass Frauen aufgrund von Entgeltdiskriminierung gegenüber ihren männlichen Kollegen noch immer mehrere Wochen und gar Monate umsonst arbeiten. Dabei bleibt Vorarlberg erneut das österreichische Bundesland mit dem größten Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männern: Frauen arbeiten hier 73 Tage „gratis“, im Österreich-Schnitt „nur“ 44 Tage. 

„Es ist eine Schande, dass sich seit Jahren nichts an dieser Situation ändert. Vorarlberg liegt beim Equal Pay Day wieder einmal an letzter Stelle – und das deutlich hinter den anderen Bundesländern“, erklärt AK Präsident Bernhard Heinzle. „Vorarlberg bleibt nicht nur hinter dem Österreich-Durchschnitt, sondern hat auch zu Oberösterreich auf dem vorletzten Platz mehr Abstand als die übrigen Bundesländer untereinander.“

Der Equal Pay Day ist eine Initiative der Business & Professional Women. Erste Aktionen gab es bereits in den 1960er Jahren in den USA, seit 2008 wird der Equal Pay Day auch für Österreich berechnet. 

Ein Fünftel weniger Gehalt für Frauen in Vorarlberg

Im Durchschnitt verdienen Frauen in Vorarlberg im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen 20 Prozent weniger. Zum Vergleich: In Wien findet der Equal Pay Day bereits am 16. Januar statt, was einem Unterschied von „nur“ 4,3 Prozent entspricht. Der Österreich-Durchschnitt liegt bei 12,8 Prozent. Vorarlberg bleibt somit das Bundesland mit dem größten Ungleichgewicht und zeigt einmal mehr, dass es dringender Maßnahmen bedarf.

Immerhin: Von 2024 auf 2025 hat Vorarlberg schneller aufgeholt als die anderen Bundesländer. Trotzdem bleibt das Land Schlusslicht und der Abstand sowie das Verbesserungspotenzial sind weiterhin groß. 

Die wahre Ungleichheit: Fast die Hälfte weniger Einkommen

Die Lohnschere ist mehr als nur eine Momentaufnahme und betrifft nicht nur Vorarlberg. Das zeigt der Gender Overall Earnings Gap. Darin ist neben dem Stundenlohn das Beschäftigungsausmaß und die Beschäftigungsquote berücksichtigt. Er liegt in Österreich bei 44,2 Prozent – der höchste Wert in der gesamten Europäischen Union (Eurostat 2018). Das bedeutet: Frauen verdienen im Laufe ihres Lebens fast die Hälfte weniger als Männer – mit fatalen Folgen für Pensionen, Abhängigkeiten und soziale Absicherung. 

Altersarmut programmiert: Frauenpensionen unter der Armutsgrenze

Die strukturelle Benachteiligung von Frauen setzt sich bei den Pensionen fort. In Vorarlberg liegt die durchschnittliche Pension einer Frau bei 1.204 Euro, das sind 46,9 Prozent weniger als das, was der durchschnittliche Mann im Ruhestand bekommt. Damit liegt die durchschnittliche Frauenpension in Vorarlberg unter der Armutsgefährdungsschwelle.

AK Präsident Bernhard Heinzle
AK Präsident Bernhard Heinzle © Lukas Hämmerle

Bernhard Heinzle warnt: „Die Schere ist für Vorarlbergerinnen eine Zeitbombe. Frauen, die ihr gesamtes Leben lang gearbeitet haben und täglich mehr als vier Stunden unbezahlte Care-Arbeit geleistet haben, sind akut gefährdet, im Alter in der Armut zu landen – das ist ein untragbarer Zustand für eine gerechte Gesellschaft.“

Strukturelle Diskriminierung von Frauen

Eva Fischer-Schweigkofler
AK Expertin Eva Fischer-Schweigkofler © AK

Eva Fischer-Schweigkofler, Leiterin der Abteilung Familie und Beruf bei der AK Vorarlberg, unterstreicht, dass die Diskriminierung von Frauen nicht nur aber auch in Vorarlberg ein systemisches Problem ist: „Frauen sind nicht nur im gleichen Job schlechter bezahlt, sondern haben auch weniger Zugang zu Führungspositionen und oft schlechter bezahlte Stellen. Wir müssen die Rahmenbedingungen ändern, um endlich Chancengleichheit herzustellen.“

Das Argument, dass Frauen weniger verdienen, weil sie öfter in Teilzeit arbeiten, lässt Expertin Fischer-Schweigkofler nicht gelten: „Für den Equal Pay Day werden die Gehälter der vollzeitbeschäftigten Frauen und Männer miteinander verglichen – würden die Teilzeitgehälter in die Berechnung einfließen, wäre der Unterschied sogar noch deutlich größer.“ Das zeigt sich am „Overall Earnings Gap“. 

Ungerechte Verteilung im Privaten

Gloria Kinsperger
AK Expertin Gloria Kinsperger © AK

AK Expertin Gloria Kinsperger weist zudem auf die ungerechte Verteilung von Aufgaben im Privaten hin: „Eine aktuelle Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, dass die unbezahlte Arbeit in Familien noch immer völlig ungleich verteilt ist und zum Großteil an den Frauen hängt.“ Das betrifft nicht nur Tätigkeiten wie Putzen, Kochen und Einkaufen, sondern gilt auch beim sogenannten Mental Load, bei dem es darum geht, sich um die Organisation des familiären Alltags zu kümmern. „Auch erwerbstätige Frauen übernehmen der Studie zufolge deutlich mehr Sorge- und Organisationsarbeiten in Paarbeziehungen – zusätzlich zu ihrer Berufstätigkeit.“ Das heißt: Für viele erwerbstätige Frauen beginnt nach dem Feierabend nur der nächste Job: Familie und Haushalt. „Auf eine ungleiche Verteilung der unbezahlten Arbeit deutet auch unsere Beratungserfahrung klar hin“, schildert Kinsperger. 

AK Präsident Bernhard Heinzle: „Es ist höchste Zeit!“

AK Präsident Bernhard Heinzle fordert klare Lösungen von der Politik: „Es ist höchste Zeit, dass die Politik und die Unternehmen in Vorarlberg und ganz Österreich endlich konkrete Maßnahmen ergreifen, um den Gender Pay Gap zu schließen. Wir dürfen nicht länger zusehen, wie Frauen auch 2025 noch für die gleiche Arbeit weniger verdienen und mit einer Selbstverständlichkeit den Großteil der unbezahlten Arbeit übernehmen.“

Der Equal Pay Day 2025 markiert nicht nur die traurige Realität der fortwährenden Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern, sondern auch den dringenden Handlungsbedarf seitens der Politik. Die AK Vorarlberg wird auch weiterhin auf dieses Thema aufmerksam machen und konkrete Maßnahmen fordern, um endlich für gleiche Bezahlung und Chancengleichheit zu sorgen. 

Forderungen nach Maßnahmen und Lösungen

Die AK Expert:innen haben eine Reihe von Maßnahmen ausgearbeitet, mit denen der Gehaltslücke entgegengewirkt und die Gleichstellung vorangetrieben wird:

  • Umsetzung der EU-Lohntransparenzrichtlinie: Die EU hat eine Lohntransparenzrichtlinie verabschiedet, die Unternehmen ab 100 Beschäftigten verpflichtet, Einkommensberichte vorzulegen. Diese Richtlinie muss auch in Österreich schnell und effektiv umgesetzt werden.
  • Bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Vorarlberg benötigt dringend mehr leistbare, Vollzeit-konforme Plätze in Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen, Ganztagesschulen und Ferienbetreuung, um Frauen den Wiedereinstieg in den Beruf zu erleichtern. Auch die Rahmenbedingungen für Pädagogische Fach- und Assistenzkräfte müssen verbessert werden.
  • Gerechte Aufteilung der unbezahlten Arbeit: Eine gerechte Verteilung der unbezahlten Arbeit ist unerlässlich, damit Frauen nicht weiterhin in schlecht bezahlten Teilzeitjobs gefangen bleiben.
  • Förderung von Frauen in Führungspositionen: Die Maßnahmen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen müssen ausgebaut und die Qualifizierungsoffensive für Frauen weiter vorangetrieben werden.

Zu all diesen Forderungen bekennt sich auch die neue Bundesregierung im Regierungsprogramm. AK Präsident Bernhard Heinzle begrüßt diese Entscheidung: „Es reicht nicht, nur auf die Ungleichbehandlung hinzuweisen. Das hat auch die neue Bundesregierung erkannt und entsprechende Schritte angekündigt. Nun sollen sie den Worten auch Taten folgen lassen.“ 

Unterstützung durch den Service Family!Works!

Die AK Vorarlberg bietet mit dem Service Family!Works!, in Kooperation mit dem ABZ*Austria und mit Unterstützung des Landes Vorarlberg, eine maßgeschneiderte Unterstützung für Eltern, die ihre Karenzzeit planen, ihren Wiedereinstieg in den Beruf organisieren oder Arbeitszeiten und Kinderbetreuung effizient koordinieren möchten. „Eltern stehen vor vielen Herausforderungen, wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Family!Works! hilft dabei, diese Herausforderungen zu meistern“, erklärt Eva Fischer-Schweigkofler. Der Service ist für alle Eltern in Vorarlberg kostenlos.

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