Buchdrucker Ferdi Hagspiel
© Hanno Mackowitz
02.03.2023

Eine Branche unter Druck

Museum des Wandels der Schaffarei porträtiert den Drucker Ferdinand Hagspiel

Seit den 1980er-Jahren hat sich das Druckereigewerbe gravierend verändert. Innerhalb einer Generation wurde eine jahrhundertealte Kulturtechnik fast vollständig von neuen Technologien abgelöst. Ein Zeuge dieser Entwicklung ist Ferdinand Hagspiel. Rund 37 Jahre lang arbeitet er als Drucker. Vom Satz einzelner Druckbuchstaben über den Maschinensatz bis zum Offsetdruck erlebt er zahlreiche technische Errungenschaften mit. Im Museum des Wandels der Schaffarei erzählt Hagspiel im Video-Interview, wie er die vielen Veränderungen in seinem Arbeitsleben wahrgenommen hat. Zu sehen ist die Ausstellung vom 9. März bis 11. April im Foyer der AK Vorarlberg in Feldkirch.

In knapp 40 Jahren als Drucker erlebt Ferdinand Hagspiel gleich mehrere Umbrüche mit. Bis in die 1960er Jahre, als er seine Lehre beginnt, werden Druckformen in Handarbeit gesetzt. Die erste technische Errungenschaft erhält mit dem Maschinensatz Einzug in Ferdinand Hagspiels Leben und erleichtert den Arbeitsalltag: „Da hat der Setzer dann gleich ganze Satzteile in Blei gegossen, wodurch die Arbeit viel schneller ging.“
 
Ab 1972 arbeitet Ferdinand Hagspiel bei der Firma Getzner Chemie, wo er Verkehrsschilder im Siebdruckverfahren bedruckt. Die Arbeitsbedingungen sind hart. „Wir mussten laut Kollektivvertrag jeden Tag einen halben Liter Milch trinken. Weil die Nitro-Lösungen, die man zum Reinigen der Siebe verwendet hat, wirklich ungesund waren. Und die Kleider haben jeden Abend gestunken.“
 
Zwei Jahre später wird die Verkehrsschild-Produktion eingestellt und Ferdinand Hagspiel findet eine Arbeitsstelle bei der Druckerei Possenig in Bludenz. Dort wird er Anfang der 1980er-Jahre mit dem nächsten Umbruch im Druckgewerbe konfrontiert: Gemeinsam mit etwa zehn anderen Buchdruckern im Land schult er um zum Offsetdrucker, da immer mehr Druckereien im Land auf das moderne, deutlich schnellere Druckverfahren umstellen.
 
Bis 2002 arbeitet Ferdinand Hagspiel bei Possenig, bis die Firma beginnt, Maschinen zu verkaufen und Stellen abzubauen. Nach 27 Jahren verliert er seinen Job und arbeitet bis zu seiner Pensionierung als Lagerarbeiter bei Hämmerle Kaffee in Bludenz.
 
Angst vor Veränderungen hatte Hagspiel nie: „Jeder Beruf hat Probleme, aber die sind halt da, dass man sie meistert.“ Da ist er sehr pragmatisch. Auch was den Stellenwert der Arbeit in seinem Leben betrifft: „Bei mir war es immer so: Ich arbeite, um zu leben. Andere sagen: ‘Ich lebe, um zu arbeiten.’ Ich habe Interesse am Beruf gehabt, aber das Geldverdienen war im Vordergrund.“
 
Eine bemerkenswerte Lebenseinstellung, findet Dr. Michaela Feurstein-Prasser, die Kuratorin der Ausstellung: „Ferdinand Hagspiels Arbeitsbiografie zeigt, dass ein Beruf auch dann erfüllend sein kann, wenn man ihn nicht als Berufung sieht. Ferdinand hat sich Herausforderungen gestellt und war immer stolz auf das, was er geschafft hat.“
 
Über das Museum des Wandels
In den letzten 150 Jahren hat sich die Arbeitswelt stark verändert. Unser Arbeitsalltag ist wesentlich schneller geworden, technische Errungenschaften haben viele Arbeitsschritte erleichtert, jedoch auch zahlreiche Berufe überflüssig gemacht. Das Museum des Wandels der Schaffarei zeigt, wie sich diese Veränderungen auf einzelne Menschen ausgewirkt haben. Zweimal im Jahr porträtiert es anhand zweier Objekte und eines Video-Interviews ein individuelles Arbeitsleben. Mit der Zeit werden diese Geschichten ein digitales Museum des Wandels bilden.
 
Die Kuratorin: Dr. Michaela Feurstein-Prasser
Michaela Feurstein-Prasser lebt und arbeitet in Wien. Sie hat Romanistik und Geschichte studiert und über französische Besatzungspolitik in Österreich nach 1945 promoviert. Seit 2011 ist sie freie Kuratorin und Kulturvermittlerin. Feurstein-Prasser war auch die Kuratorin der vergangenen drei Ausstellungen im Museum des Wandels.
 
Über die Schaffarei
Die Schaffarei in Feldkirch ist ein Projekt der AK Vorarlberg. Sie ist ein Treffpunkt für alle, die sich mit der Arbeitskultur von gestern, heute und morgen auseinandersetzen wollen. In Events, Konzerten, Vorträgen und Diskussionen sowie Aus- und Weiterbildungsangeboten bietet die Schaffarei Raum, Zeit und Formate zum Austausch, für persönliche Erfahrungen und gesellschaftliche Betrachtungen zum Thema Arbeit.
 
Museum des Wandels
Ein Projekt der Schaffarei – Haus für Arbeitskultur
 
Ausstellung
Drucker Ferdinand Hagspiel – Eine Branche unter Druck
9.3. – 11.4.2023
Mo bis Fr, 9–18 Uhr
Foyer der AK Vorarlberg, Feldkirch
 
Vernissage
9.3.2023, 19 Uhr
Mit Kuratorin Michaela Feurstein-Prasser und Drucker Ferdinand Hagspiel
 
Kuratierung: Michaela Feurstein-Prasser
Fotografie: Hanno Mackowitz
Film & Schnitt: Stefan Krösbacher

Anmeldung zur Vernissage

Mehr Infos zum Museum des Wandels und die Anmeldung für die Vernissage finden Sie hier: 

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