AK-Präsident Bernhard Heinzle
© AK Vorarlberg, Lukas Hämmerle
11.08.2023

Kündigungen bei Radhersteller: Fragwürdige Vorgänge sind für AK Präsident Heinzle „blanker Hohn“

Mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die von den jüngsten Kündigungen einer Unterländer Firma betroffen sind, suchten Hilfe bei der AK Vorarlberg.

Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass ein namhafter Fahrradhersteller aus dem Vorarlberger Unterland 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Produktion beim AMS zur Kündigung angemeldet und mit sofortiger Wirkung freigestellt hat. Die Firma trennt sich damit von knapp 20 Prozent der 100 Beschäftigten aus dem Bereich. Die Vorgänge um diese Entscheidung sind dabei aber bemerkenswert, wenn nicht gar fragwürdig. Das zeigen die Schilderungen mehrerer Betroffener, die sich hilfesuchend an die AK wandten.

Demnach wurden die Kündigungen wegen Auftragsrückgangs beim AMS ordentlich per Frühwarnsystem für den Zeitraum vom 31. August bis zum 30. September angemeldet. Damit beginnt eine einmonatige Sperrfrist: Das Frühwarnsystem ist ein Instrument aus dem Arbeitsmarktförderungsgesetz. Es besagt, dass ein Arbeitgeber seine Auflösungs- bzw. Kündigungsabsicht von Arbeitsverhältnissen zuerst schriftlich beim regionalen AMS anzeigen muss, wenn eine größere Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf einen Schlag gehen soll. Anschließend muss er mit dem Ausspruch der Kündigungen mindestens 30 Tage warten.

Betroffene würden finanziell schlechter gestellt

Bemerkenswert ist dabei jedoch, dass den Beschäftigten des Vorarlberger Fahrradherstellers gleichzeitig bei Bekanntgabe der beabsichtigten Kündigungen – und damit noch vor Beginn des möglichen Kündigungszeitraums – eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses oder die Arbeitgeberkündigung angeboten wurde“, erklärt der AK Insolvenzrechtsexperte Michael Simma. „Darüber hinaus wurden sie alle mit sofortiger Wirkung freigestellt, allfälliger Urlaub und Zeitausgleich galten als konsumiert und sie mussten noch an Ort und Stelle Schlüssel und Arbeitsmaterialien abgeben.“ So schilderten es mehrere Betroffene, die sich hilfesuchend an die AK wandten.

Eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2023 stellt – selbst unter Berücksichtigung der angebotenen zusätzlichen Zahlung eines halben Monatslohns – jedenfalls eine finanzielle Schlechterstellung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dar.

Blanker Hohn und Ausnutzen der Betroffenen“

Für den Experten ist das aber nicht das einzig Auffällige am Sachverhalt. „Den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wurde zudem Hilfe bei der Suche nach einer neuen Stelle und beim Verfassen der Bewerbungen versprochen“, führt Simma weiter aus. Dies lasse nur den Schluss zu, dass selbst der Arbeitgeber von einer zukünftigen Arbeitslosigkeit der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und der damit verbundenen finanziellen Einbußen ausgeht.

Auch AK Präsident Bernhard Heinzle kritisiert die Vorgänge. „Angesichts des aktuell so oft beklagten Fachkräftemangels ist es vollkommen unverständlich, warum ein Vorarlberger Unternehmen ausgerechnet so gut ausgebildete Personen heimschickt“, stellt Heinzle klar. Mehreren Medienberichten war zu entnehmen, dass die Firma bei möglichen Produktionsspitzen künftig auf Leasingarbeiter zurückgreifen will. „Eine faire und nachhaltige Personalwirtschaft ist das nicht. Für mich grenzt das an blanken Hohn und kommt einem Ausnutzen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleich“, so der AK Präsident.

Für die Betroffenen selbst ist die Kündigung ein harter Schlag, wie die AK Experten in den Gesprächen mit ihnen erfuhren. „Im ersten Quartal wurde die gesamte Produktion zur Arbeit am Samstag verpflichtet, um das Unternehmen zu retten“, berichtete etwa eine Mitarbeiterin, „und nun erhalten wir zum Dank die Kündigung.“

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