6.7.2018

Flexibilisierung gibt’s nur für die Unternehmen

Auf heftige Kritik stößt der gestern vom Parlament beschlossene gesetzliche Freibrief für die Ausweitung des Arbeitstags auf 12-Stunden und der Arbeitswoche auf 60 Stunden bei AK-Präsident Hubert Hämmerle: „Die Hardliner unter den Wirtschaftslobbyisten haben sich vollinhaltlich durchgesetzt, die Zeche werden die Arbeitnehmer zahlen. Aus einer beabsichtigten Flexibilisierung der Arbeitszeit mit Vorteilen für die Unternehmen und die Arbeitnehmer ist die rein einseitige Möglichkeit des Arbeitszeitdiktats für die Unternehmer geworden. Die Arbeitnehmer erhalten dafür gar nichts, schon gar nicht die versprochene Flexibilisierung. Kurz und Strache haben ihre Wähler getäuscht.“ 

Noch vor einem Jahr hatte der damalige FPÖ-Obmann den diskutierten 12-Stunden-Tag als unsozial bezeichnet. Dessen ungeachtet stimmten alle FPÖ und Türkis-Abgeordneten und wenig verwunderlich die paar NEOS-Abgeordneten für die Einführung der gesetzlichen Anordnungsbefugnis für Unternehmen zum 12-Stunden-Tag. Dieser kann künftig pro Jahr an mindestens 150 Tagen einseitig angeordnet werden, wenn das Unternehmen dies will. Zudem kann pro Jahr an vier Sonntagen oder Feiertagen Arbeitspflicht angeordnet werden. Damit ist auch die heilige Kuh des arbeitsfreien Sonntags auf den Schutthaufen der Geschichte gewandert, kritisiert AK Präsident Hubert Hämmerle. Im Schatten der angeblichen Flexibilisierung ist zudem noch eine Ausweitung der Ausnahmen vom Arbeitszeitgesetz auf die sogenannte dritte Führungsebene vorgenommen worden. Wer also künftig ein kleines Projekt mit zwei bis drei Mitarbeitern leitet, fällt aus dem Arbeitszeitgesetz heraus. Das bedeutet, dass ihm keine Überstunden zustehen und es keine Begrenzung der Arbeitszeit mehr gibt. Was das für Probleme verursachen wird, sind sich, so AK Präsident Hubert Hämmerle, die Abgeordneten im Parlament bei der Beschlussfassung offenbar nicht bewusst gewesen.  

Jetzt sind Länder und Gemeinden gefordert 

Das Mindeste, was jetzt passieren muss, ist die Anpassung des öffentlichen Dienstleistungsangebots an die geänderten Rahmenbedingungen. Hämmerle: „Wenn die Landeshauptleute diesen Anschlag auf die Rechte der Arbeitnehmer schon ausdrücklich befürworten, dann wäre es jetzt ein Gebot des Anstandes, auch die Öffnungszeiten der Kinderbetreuungseinrichtungen, der Schülerbetreuung und der Amtsstellen an die nun möglichen 12-Stunden-Tage anzupassen. Oder lassen Land und Gemeinden ihre Bürger nun vor verschlossenen Türen, wenn die Arbeitgeber ihren Mitarbeitern längere Arbeitszeiten anordnen? Wer betreut die Kinder, wenn die Mutter ungeplant nicht um 16 Uhr sondern erst um 20 Uhr aus der Firma kommt“, fragt sich Hämmerle.   

Bedenkliche Grundgesinnung 

Als einziger Abgeordneter hat der freiheitliche stellvertretende Klubobmann Gudenus offen gelegt, um was es Kurz und Strache bei dieser angeblichen Flexibilisierung eigentlich gegangen ist. Nämlich ausschließlich darum, die Mitsprachemöglichkeiten des Betriebsrates und des Arbeitsinspektorates bei einer Verlängerung der Arbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag zu beseitigen. Hämmerle: „Ich bin dankbar für diese Klarstellung. Unsere Kritik wird ja als Klassenkampf abgetan. Am Beispiel der FPÖ zeigt sich aber, wer hier einen Klassenkampf gegen die Rechte der Arbeitnehmer führt. Dass die türkisen Abgeordneten – insbesondere jene, die angeblich dem Arbeiter- und Angestelltenbund angehören - hier willfährige Erfüllungsgehilfen sind, ist eine schwere Enttäuschung und belegt, wie wenig Grundwerte und Anstand in der Politik Bestand haben.

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