AK Teuerungsumfrage: Immer mehr müssen jeden Euro umdrehen
55 Prozent der Befragten haben große finanzielle Sorgen, Tendenz steigend.
Immer mehr Menschen geht es immer schlechter: Mehr als die Hälfte der Teilnehmer:innen der AK-Online-Umfrage zur Teuerung gaben an, mit ihrem Einkommen gerade noch oder bereits nicht mehr über die Runden zu kommen. Das macht sich auch in den Anfragen an die Konsumentenschützer:innen der AK Vorarlberg immer deutlicher bemerkbar. Deren Zahl stieg in diesem Jahr noch einmal deutlich an.
Seit Mai 2022 führt die AK Vorarlberg regelmäßig eine einmonatige Online-Umfrage zur Teuerung durch. Die vierte und jüngste Umfrage fand vom 6. November bis zum 6. Dezember dieses Jahres statt. 699 Personen nahmen daran teil.
Mehr als der Hälfte geht es finanziell schlecht
„Ich komme gerade noch über die Runden“ oder „es reicht hinten, vorne und auf beiden Seiten nicht“. Dieses vernichtende Urteil hat jede:r zweite Teilnehmer:in der jüngsten Online-Teuerungsumfrage der AK Vorarlberg über die eigene finanzielle Situation gefällt (55 Prozent). Bei der ersten Umfrage im Frühjahr 2022 waren es noch 38 Prozent. Besonders dramatisch ist die Entwicklung bei jenen, die angaben, dass ihr Einkommen gar nicht mehr zum Leben reiche: Ihr Anteil hat sich vom Frühjahr 2022 bis jetzt mehr als verdoppelt – von 9 Prozent auf 19 Prozent.
Unerwartete große Ausgaben – etwa für Ersatz, wenn die Waschmaschine kaputt geht – können 3 von 5 Befragten nicht mehr stemmen (60 Prozent). Das sind gut 6 Prozent mehr als bei der vorigen Umfrage im Frühjahr 2023.
Einkauf, Freizeit, Wohnen – Teuerungsherde für die Befragten
Weiterhin am stärksten spüren die Befragten die Teuerung beim Einkauf im Supermarkt. 92 Prozent gaben an, dort gestiegene Preise zahlen zu müssen. Aber auch der Bereich Freizeit und Urlaub macht den Teilnehmer:innen der Online-Umfrage stärker zu schaffen: Beinahe jede:r Zweite spürt dort die Teuerung (48 Prozent).
Bei der jüngsten Online-Umfrage im November und Dezember 2023 wurden erstmals auch die Wohn- und die Kreditkosten abgefragt. Mehr als jede:r dritte Teilnehmer:in hat demnach mit gestiegenen Wohnkosten zu kämpfen (39 Prozent), beinahe jede:r zweite mit höheren Kreditrückzahlungen (43 Prozent).
Düstere Ausblicke bei Konsumentenschutz und Statistik
Diese Entwicklung sehen auch die Konsumentenschützer:innen der AK Vorarlberg. Von Jänner bis Mitte Dezember 2023 verzeichneten sie mehr als 11.000 Anfragen, allein zum Thema Wohnen. Im vergangenen Jahr waren es insgesamt „nur“ etwa 9.500. „Bereits 2022 verzeichneten wir sehr viele Wohn-Anfrage, doch heuer waren es noch einmal mehr. Sogar die Schallmauer von 11.000 Anfragen wurde durchbrochen“, berichtet Karin Hinteregger, stellvertretende AK Direktorin und Leiterin der Konsumentenschutz-Abteilung. „Wir spüren außerdem, dass die Menschen in Vorarlberg zunehmend auf jeden Euro angewiesen sind. Etwa wenn Menschen wegen 20 Euro zu viel auf der Handyrechnung zu uns kommen und enorm dankbar selbst für vermeintlich kleine, erstrittene Beträge sind. Wir sehen, dass selbst diese Beträge für sie unheimlich wichtig sind."
Einen Beleg dafür liefern offizielle Zahlen der Statistik Austria. In deren jüngster Befragung im 3. Quartal 2023 gaben 28 Prozent an, sich keinen jährlichen Urlaub und 25 Prozent keine regelmäßigen Freizeitaktivitäten leisten zu können. Doch auch an ganz banalen Dingen fehlt es: 12 Prozent gaben an, nicht mindestens einmal pro Monat Freund:innen treffen zu können, 9 Prozent sogar, die Wohnung nicht warm halten zu können.
Darüber hinaus liefert Statistik Austria Zahlen zur Armutsgefährdung in Österreich. Von 2019 bis 2022, den jüngsten veröffentlichten Zahlen, ist diese kontinuierlich gestiegen. Aktuell gelten 15 Prozent der Österreicher:innen als armutsgefährdet. Besonders dramatisch: Mit 19 Prozent ist die Quote bei den Kindern und Jugendlichen bis 17 Jahre am höchsten. Jedes fünfte Kind in Österreich gilt somit als armutsgefährdet.
Menge spaltet sich bei Zukunftsaussichten
Dieser negative Ausblick spiegelt sich zum Teil auch in der Online-Teuerungsumfrage der AK Vorarlberg wider. Dort scheint sich die Menge aufzuteilen: Während mehr Befragte glauben, dass sich ihre Lage weiter verschlechtern wird und sie vor ernsthaften Problemen stehen werden (25 Prozent), gehen mehr als zuletzt davon aus, dass sich ihre Lage verbessern wird (7 Prozent). Der Anteil derer, die die Teuerung als gegeben ansehen und scheinbar keine Hoffnung auf Besserung haben, stagniert bei etwa einem Drittel (31 Prozent).
„Faire Lohnabschlüsse und wirksame Mietpreisbremse!“
Für AK Präsident Bernhard Heinzle sind die Ergebnisse der jüngsten Online-Teuerungsumfrage auch ein Beleg für die immer wieder vorgebrachten Forderungen der AK: „Die Zahlen zeigen, dass wir dringend faire Lohnabschlüsse für die Beschäftigten im Land brauchen.“ Andernfalls würden Kaufkraft und damit auch Wohlstand in Vorarlberg und Österreich weiter absinken. „Die Beschäftigten sind die letzte Stelle, an der die Unternehmen den Rotstift ansetzen sollten.“
Außerdem brauche es endlich eine Mietpreisbremse, „aber eine, die auch in Vorarlberg greift“, so Heinzle. Denn die aktuell diskutierte Bremse greift nur bei Richtwert- und Kategoriemieten – Mietformen, die es in Vorarlberg kaum gibt. „Mit 22 Prozent dominiert in Vorarlberg der freie Mietmarkt“, stellt AK Präsident Bernhard Heinzle klar, „und für diesen braucht es endlich eine wirksame Mietpreisbremse, die die Menschen im Land auch tatsächlich entlastet.“
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