26.06.2025

AK Wohnumfrage 2025: Wohnkosten bleiben hohe Belastung – Vorarlberger Wohnpolitik braucht mehr Treffsicherheit

Die aktuelle AK Wohnumfrage, an der im Frühjahr 2025 über 2.400 Vorarlberger:innen teilgenommen haben, zeigt deutlich: Das Bedürfnis, über die eigene Wohnsituation zu sprechen, ist groß – und die Belastung durch Wohnkosten bleibt für viele Haushalte hoch. Das machen über 650 offene Kommentare deutlich. Die Wohnkosten in Vorarlberg bleiben auf Rekordniveau. Trotz höherer Einkommen steigen die Belastung und die Unzufriedenheit bei bestimmten Gruppen. Besonders betroffen sind Haushalte mit geringem Einkommen und in privater Miete.


Wohnkostenbelastung verbleibt auf Rekordhoch 

Die Wohnkostenbelastung verbleibt auf Rekordhoch von 33 Prozent des Haushaltseinkommens [1] und ist trotz rückläufiger Inflation teilweise angestiegen. 

Bei der Umfrage 2024 gaben die Teilnehmer:innen an, im Durchschnitt knapp ein Drittel (32,8) ihres Haushaltseinkommens für die Wohnkosten aufwenden zu müssen (2018 waren 28 Prozent und im Jahr 2023 32 Prozent). Laut der aktuellen Umfrage verbleibt der Anteil auch heuer auf dem Höchstwert – ein Drittel des Einkommens (33,1 Prozent [2]) geht fürs Wohnen drauf und das im Durchschnitt. 

Kein Wunder: Die Preise für Eigentum und Mieten sind in den vergangenen Jahren explodiert und haben sich trotz Rezession und gestiegenen Zinsen nur teilweise stabilisiert. Die Löhne konnten damit trotz Zuwächsen nicht Schritt halten, wie die Grafik zur Entwicklung der Preise veranschaulicht.

Entwicklung der Preise für Eigentum, Miete, Inflation und Einkommen

Entwicklung der Preise für Eigentum, Miete, Inflation und Einkommen


Die langfristige Entwicklung bis 2023 zeigt, dass die Schere zwischen Einkommen und Wohnkosten immer weiter aufgeht, Preise für Eigentum haben sich seit 2015 sogar mehr als verdoppelt. Dazu kommt, dass die Inflation in Österreich nach wie vor hoch ist und über der des Euroraumes liegt (2,9 Prozent im März [3]). Weiters machen sich die nun sinkenden Kreditzinsen nur langsam bemerkbar und durch den hohen Anteil an variabel verzinsten Krediten sind die Kreditrückzahlungen angestiegen. Die Einkommen haben in den vergangenen Jahren nachgezogen, was aber nicht automatisch bedeutet, dass die Wohnkostenbelastung nach unten geht. Gründe genug für die Arbeiterkammer Vorarlberg, um auch nach der Rekordinflation bei der vierten Welle der AK Wohnumfrage einen Fokus auf die Wohnkostenbelastung der Vorarlberger:innen zu legen.

Wohnkostenbelastung - Für Menschen mit geringem Einkommen und Haushalte in privater Miete besonders belastend

Die direkt subjektiv wahrgenommene Belastung der Umfrage-Teilnehmer:innen variiert je nach Wohnsituation stark. Das Balkendiagramm zeigt unter anderem., dass 50 Prozent der Mieter:innen in privater Miete sich stark belastet fühlen und 44 Prozent eine gewisse Belastung wahrnehmen. Der Anteil der Personen, welche sich nicht belastet fühlen, ist hier sogar zurückgegangen. Auch 20 bis 24 Prozent der Eigentümer:innen spürt eine starke Belastung durch die Wohnkosten. Das deckt sich auch mit der Wahrnehmung zur Angemessenheit der Wohnkosten: Mehr als 80 Prozent in privater Miete wohnend findet die Wohnkosten zu hoch. Zwischen 35 und 45 Prozent der Eigentümer:innen findet die Wohnkosten angemessen.

Stärkste Belastung durch Wohnkosten bei privater Miete

Stärkste Belastung durch Wohnkosten bei privater Miete



Die Literatur klassifiziert Haushalte, die mehr als 40 Prozent des Haushaltseinkommens für Wohnkosten aufwenden, als belastet. Laut aktueller AK Umfrage – konservativ gerechnet –geben bereits 34 Prozent (2024: 38 Prozent) mehr als 40 Prozent des Einkommens für Wohnen aus und gelten als belastet [4].

Der Anteil der Betroffenen (= Haushalte mit Wohnkostenanteil über 40 Prozent des Haushaltseinkommens) ist bei den Mieter:innen am höchsten (42 Prozent). Bei den Eigentümer:innen sind es 24 bis 29 Prozent, das sind deutlich weniger als letztes Jahr (35 Prozent) und im Jahr 2023, dies erklärt auch den Rückgang im Gesamtergebnis von 38 auf 34 Prozent. Fast 45 Prozent der Eigentümer:innen haben gemischt oder ganz variabel verzinste Kredite. Hier machen sich die wieder sinkenden Zinsen bemerkbar, welche die Rückzahlungen bei variablen und gemischten Zinsen senken. Es zeigt, wie stark variable Zinsen auf die Kreditrückzahlungen und damit auf deren Anteil an den Wohnkosten am Haushaltseinkommen wirken. Bei steigenden Zinsen und damit in den Umfragen 2023 und 2024 war genau das gegenteilige Phänomen sichtbar: Die steigenden Zinsen haben die Wohnkostenbelastung der Eigentümer:innen mit laufenden (variablen und gemischt verzinsten Krediten) stark nach oben getrieben. Je höher der Anteil der Wohnkosten am Einkommen, desto weniger bleibt für andere Ausgaben. Mit mehr als 40 Prozent Wohnkostenanteil muss häufig – sofern vorhanden – bereits auf Erspartes zurückgegriffen werden, um Grundbedürfnisse erfüllen zu können. Die Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft sind dabei nicht zu unterschätzen: Der Konsum wird massiv gedrückt. Der relative Anteil allein ist dabei allerdings nicht isoliert zu betrachten, es hängt auch von der absoluten Höhe des Einkommens ab.

Abnehmende Belastung mit steigendem Einkommen

Abnehmende Belastung mit steigendem Einkommen


Haushalte mit niedrigem Einkommen sind bei den Ausgaben für Wohnen enorm belastet. Die Grafik zeigt zudem die Verteilung der Haushaltseinkommen und durchschnittlichen Wohnkosten pro Einkommensklasse. 3,6 Prozent (2024: 4 Prozent) der Umfrage-Teilnehmer:innen verdienen weniger als € 1.400,- und müssen davon durchschnittlich 54,1 Prozent für Wohnkosten aufwenden. Sogar Umfrage-Teilnehmer:innen mit einem Einkommen zwischen € 2.101,- und € 2.500,- geben im Durchschnitt noch mehr als 38 Prozent für Wohnkosten aus. Fast 45 Prozent der Personen (und die fünf unteren Einkommensklassen) haben einen Wohnkostenanteil von 44 Prozent, 2024 waren das noch 42 Prozent.

Kommentare zeigen Handlungsbedarf

Mehr als 650 Personen haben uns in den offenen Kommentaren ihre persönliche Situation geschildert. Diese qualitativen Informationen sind sehr viel wert, zudem bestätigen sie, was die Daten zeigen: 

Originalzitate aus der AK Wohnumfrage 2025

„Für ein Haus mit Grundstück eine halbe Millionen zu zahlen und dafür zu sparen, ok. Für eine 60 Quadratmeter Wohnung ohne Garten so viel zu zahlen, egal wie neu sie ist, und dafür 30 Jahre lang einen Kredit aufzunehmen, ist einfach keine Option. Da gehe ich lieber weniger arbeiten, wenn ich ja doch keine Aussicht auf Eigentum habe.“

„Vermieter nutzt die Situation aus und erhöht ohne Ende mit der Aussage: Wenn zu teuer ist, dann kann man sich ja was Neues suchen.“

„Alleinerziehend mit zwei Kindern wird man bei Wohnungsbesichtigungen erst gar nicht mehr eingeladen. Schwierig bei mittlerem Einkommen eine geförderte Gemeindewohnung zu bekommen. Warte nun seit drei Jahren.“

„Ich kann laut Aussage meiner Gemeinde keine Sozialwohnung beantragen, da ich noch Ersparnisse habe. Also muss man erst arm wie eine Kirchenmaus sein, und dann vielleicht noch fünf bis acht Jahre warten.“

„Eigenheim gebaut, könnten uns dasselbe Haus mit den gestiegenen Baukosten nicht mehr leisten. Energiekosten sind belastend hoch und Neuerungen am Haus ersetzen Freizeit und Urlaubspläne.“

„Ich bin seit 20 Jahren Alleinerziehende, zwei Kinder, die ich beide finanziell bei ihren Ausbildungen unterstütze. Beide Kinder leben in Wien und kommen auf Besuch. Daher behalte ich, solange es geht, die große Wohnung. Bei Pensionsantritt in sieben Jahren kann ich mir die Wohnung nicht mehr leisten und muss umziehen.“


Factbox

AK Wohnumfrage 2025 – Zahlen, die nicht zu leugnen sind

  • 33,1 Prozent des Haushaltseinkommens fließen durchschnittlich in Wohnkosten
  • 44 Prozent bei Haushalten mit niedrigem Einkommen – ein dramatischer Anstieg gegenüber 2023 (40,4 Prozent)
  • 38 Prozent Wohnkostenanteil im privaten Mietsegment
  • Seit 2015 haben sich Eigentumspreise mehr als verdoppelt
  • 12 Prozent müssen oder wollen in kleinere Wohnungen ziehen
  • Jede:r Dritte plant einen Umzug in eine günstigere Wohnung

AK kritisiert Verwendung der Wohnbauförderungsbeiträge
Die zweckentfremdete Verwendung der Wohnbauförderungsbeiträge ist Politikversagen mit Ansage. Die AK kritisiert das fehlende Engagement der Landesregierung scharf:

  • 333,4 Millionen Euro an Wohnbauförderungsbeiträgen wurden von Arbeitnehmer:innen von 2018 bis 2023 bezahlt
  • Davon kamen nur 6,9 Millionen Euro wieder als Förderung zurück
  • Das heißt: Über 97 Prozent der Beiträge flossen in andere Budgettöpfe

Plus 46 Prozent mehr Anfragen in der AK Wohnberatung
Auch in der Beratung spitzt sich die Lage zu. Die Zahl der Wohnberatungen ist in der Arbeiterkammer seit 2022 um 46 Prozent gestiegen:

  • 14.044 Anfragen zum Thema Wohnen im Jahr 2024
  • Immer mehr Menschen wissen nicht mehr, wie sie ihre Wohnsituation bewältigen sollen


Zentrale Forderungen der AK im Überblick

  • Zweckbindung der Wohnbauförderungsbeiträge und Rückflüsse: Die Beiträge der Arbeitnehmer:innen und die Rückflüsse aus Darlehen samt den Zinserträgen müssen in leistbares Wohnen investiert werden.
  • Mehr gemeinnütziger Wohnbau: Vor allem Mietwohnungen mit und ohne Kaufoption müssen deutlich ausgeweitet werden.
  • Bedarfserhebung und Prognose für gemeinnützigen Wohnbau: Der Bedarf übersteigt das Angebot erheblich.
  • Bessere Rahmenbedingungen beim langfristigen Grunderwerb: Gemeinnützige Bauvereinigungen sollten Gemeinden und Bodenfonds beim Grunderwerb gleichgestellt werden.
  • Transparente Baukostendatenbank: Nur mit evidenzbasierten Kostengrenzen kann die Wohnbauförderung treffsicher wirken.
  • Bundesmittel für den Wohnbau und die Sanierung nutzen und optimal einsetzen: Die Mittel sollten als Zuschüsse zur Schaffung leistbaren Wohnraums in vollem Umfang ins Land geholt werden.
  • Sanierungsförderung ausbauen statt kürzen: Förderungen für thermische Sanierungen und Heizungstausch im Privatbereich müssen gesichert werden.
  • Einheitliches Mietrecht für alle Mietverhältnisse: Das derzeitige Nebeneinander verschiedener Regelungen ist unübersichtlich und ungerecht.
  • Keine befristeten Mietverträge mehr im gewerblichen Bereich: Planungssicherheit und faire Mietbedingungen sind zentrale Anliegen.



Fußnoten

[1] Definition: Abgefragt wurde das verfügbare Haushaltseinkommen netto: „Wie hoch ist Ihr monatliches (gemeinsames) Haushaltseinkommen (netto)“; also vor allfälligen Abzügen wie Miete, Kreditraten usw. aber inkl. aller Sozialleistungen, Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld usw.
[2] Der Wert ist verglichen mit dem letzten Jahr leicht angestiegen, der Anstieg von 32,8 auf 33,1 liegt aber innerhalb der Schwankungsbreite!
[3]  VPI März 2025; Basis 2020 & Veränderung zum Vorjahr; Quelle: Statistik Austria 
[4] Zur Berechnung der 40%-Grenze wurden die oberen Enden der Einkommensklassen verwendet: Da im Rahmen der Umfrage Einkommensklassen abgefragt wurden, wurden zur Berechnung die oberen Grenzen verwendet, was bedeutet, dass das tatsächliche Einkommen gleich hoch oder geringer ist. Es handelt sich somit um eine konservative Schätzung der 40%-Grenze.

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