16.8.2017

Einkommen klaffen auseinander

Einkommensschere in Vorarlberg am größten
Vorarlberg bleibt das Bundesland mit den höchsten Einkommensunterschieden zwischen Mann und Frau. Das geht aus dem aktuellen Gleichstellungsbericht des Landes hervor, den AK, Land und ÖGB in Auftrag gaben. In Bereichen wie Ausbildung und Kinderbetreuung habe sich einiges getan, es gebe bei der Gleichstellung aber auch weiterhin „viel zu tun“, so Landesrätin Katharina Wiesflecker, AK-Vizepräsidentin Jutta Gunz und ÖGB-Landesgeschäftsführerin Manuela Auer unisono.

Der Gleichstellungsbericht des Landes wurde im Jahr 2000 erstmals erstellt, seitdem wird er im Abstand von drei bis vier Jahren aktualisiert. Der Bericht soll als Grundlage für gleichstellungsorientierte Politik dienen. Auch wenn die Veränderungen in manchen Bereichen sehr gering seien, so gebe es in keinem einzigen Aspekt einen Rückschritt, betonte Studien-Autorin Susanne Feigl.

Frauen verdienen nur halb so viel

Die Einkommensschere begründe sich zum Teil damit, dass die Vorarlberger Männer österreichweit die höchsten Bruttobezüge vorzuweisen haben, die Frauen aber die zweitniedrigsten (vor Tirol). So liegt das mittlere Bruttoeinkommen ganzjährig vollbeschäftigter Arbeitnehmerinnen in Vorarlberg um 27 Prozent tiefer als jenes der Männer (Österreich: 18 Prozent). Da allerdings ein Großteil der Frauen teilzeitbeschäftigt ist, fällt der tatsächlich gegebene Einkommensunterschied noch deutlicher aus. De facto verdienen die Vorarlberger Frauen nur halb so viel wie die Männer - in konkreten Zahlen: 18.898 Euro (Frauen) stehen 37.986 Euro (Männer) gegenüber. Die Einkommensdifferenz von 50 Prozent ist in den vergangenen fünf Jahren nur um einen einzigen Prozentpunkt zurückgegangen.

Grundsätzlich gebe es eine große Ungleichverteilung in Bezug auf die bezahlte Erwerbsarbeit einerseits und unbezahlte Hausarbeit, Kinderbetreuung und häusliche Pflege, erklärten Feigl und Wiesflecker. Diese werde überwiegend von Frauen geleistet. Im Vergleich aller Bundesländer hat Vorarlberg den geringsten Anteil an Vätern, die Kinderbetreuungsgeld beziehen (9,5 Prozent - Österreich: 19 Prozent). Bei der außerfamiliären Kinderbetreuung habe Vorarlberg hingegen große Fortschritte gemacht. "Hier liegt die Betreuungsquote inzwischen im Österreich-Schnitt, bei den Kindergärten und Schülerbetreuungseinrichtungen sogar darüber", berichtete Wiesflecker. Allein 2016 seien rund 250 neue Kinderbetreuungsplätze geschaffen worden. AK-Vizepräsidentin Jutta Gunz verwies auf den Kinderbetreuungsatlas der AK, der zahlreiche Best-Practice-Beispiele beinhalte aber auch zeige, dass bei den Öffnungszeiten noch Verbesserungspotential liege.

In Sachen Bildung überholen die Mädchen die Burschen, sowohl in den allgemein- als auch in den berufsbildenden Schulen liegt der Mädchenanteil in Vorarlberg über 55 Prozent. Zwar nahm der Anteil der Mädchen in den Höheren Technischen und Gewerblichen Lehranstalten seit den 1970er-Jahren auf nunmehr 19,3 Prozent (Österreich: 13,5 Prozent) zu, dennoch wählen aber nach wie vor weit mehr als die Hälfte der Mädchen einen "typisch weiblichen" Bildungsweg - was sich letztlich auch wieder im Einkommen niederschlägt.
Trotz höheren Ausbildungsniveaus der Mädchen stellen in Vorarlberg - ebenso wie im Rest Österreichs - die Männer 70 Prozent der Führungskräfte, während 63 Prozent der Hilfsarbeitsstellen von Frauen besetzt werden. Der Anteil der Frauen in den Vorarlberger Gemeindevertretungen wuchs von 2010 bis 2015 von 20,7 auf 23,6 Prozent an, im Landtag lag der Frauenanteil zuletzt bei 36 Prozent.

Wiesflecker betonte, dass eine essenzielle Umverteilung von Erwerbs- und Familienarbeit nur dann gelingen könne, wenn die strukturellen Rahmenbedingungen bei der Kinderbetreuung und in der Pflege stimmten. Das Land werde auch das 1997 beschlossene Landesgesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf seine Effektivität hin überprüfen. Ebenso unterstrich die Landesrätin den Regionalen Aktionsplan zur Gleichstellung, in dessen Rahmen ein konkretes Maßnahmenpaket 2019 bis 2024 erarbeitet werde. Auch von "Frauenquoten" zeigte sich Wiesflecker überzeugt: "Das ist eine Maßnahme, die wirkt".

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ÖGB-Landesgeschäftsführerin Manuela Auer,  Studien-Autorin Susanne Feigl, Landesrätin Katharina Wiesflecker und AK-Vizepräsidentin Jutta Gunz präsentierten den Bericht.