
196. Vollversammlung: AK Vorarlberg kritisiert Sparwut ohne Augenmaß
Alle sparen sie jetzt, quasi um jeden Preis. Aber Bernhard Heinzle vermisst jedes Augenmaß. In der 196. Vollversammlung der AK Vorarlberg fordert der AK Präsident Bund und Land auf, den Sparstift fair und gerecht anzusetzen. Sonst zahlen wieder die Ärmsten die Zeche, das muss sich ändern.
Österreich steckt das dritte Jahr in der Rezession. „Das haben wir alle noch nie erlebt.“ Panik und Hiobsbotschaften machen die Stimmung nicht besser. Und wenn das Land sich in seinen Sparmaßnahmen am Rabatt-System des Handels orientiert – „minus 10 Prozent auf alles“ – schafft es nichts als Ungerechtigkeit. Etwa im Gesundheits- und Sozialbereich: Das Land war zu allen Zeiten über den Finanzbedarf, die Produkte, die extrem gestiegene Anzahl der Klient:innen, die Personalkosten und den Stand der Rückstellungen informiert. Heinzle fragt sich, „warum nicht in Ruhe analysiert, dann diskutiert und dann entschieden wurde“. Im Land läuft der Prozess umgekehrt, erst nach Protesten sucht das Land das Gespräch mit Lebenshilfe, IfS, Caritas & Co. Der AK Präsident vermisst jeden Plan und bedauert diese Politik der Schnellschüsse einer sichtbar überforderten Landespolitik.
Und auf Bundesebene? Da dreht man verzweifelt an der Pensionsschraube, ohne zu fragen, in welchen Berufen es überhaupt möglich ist, bis 65 zu arbeiten. Dass viele Firmen Beschäftigte jenseits der 55 ablehnen, bleibt unbeachtet. Dass Bäuer:innen, Beamt:innen und Arbeitnehmer:innen ungleich behandelt werden? Egal.

Der ÖGK fehlen 900 Millionen Euro. Jetzt werden Selbstbehalte eingeführt. Das kann Heinzle nachvollziehen, aber „es muss sozial fair und gestaffelt sein“. Und vielleicht könnte man die säumigen Arbeitgeber:innen ja dazu bewegen, der ÖGK endlich ihren Dienstgeberanteil zu überweisen, das würde das Finanzloch auffüllen. Die AK Vorarlberg hat die Gründung der ÖGK immer abgelehnt. Das „Aus“ der VGKK hat Expertise und Geld vernichtet. Unwiederbringlich.
Vorarlberg ist das Land, in dem die Menschen fleißig arbeiten, aber vom erwirtschafteten Kuchen im Verhältnis zu ganz Österreich am wenigsten bekommen. Im viel gerühmten „Chancenland“ haben noch immer 17 Prozent der Beschäftigten nur Pflichtschulabschluss. Im so liebevoll besungenen „Hoamatle“ hat sich der Traum vom „Hüsle“ längst ausgeträumt, Mieten sind unleistbar geworden, der soziale Wohnbau kommt viel zu zögerlich in die Gänge. „Ja“, sagt AK Präsident Bernhard Heinzle, „wir müssen alle sparen.“ Aber eben solidarisch und gerecht.

Renate Anderl ist seit April 2018 Präsidentin der Bundesarbeitskammer, der Dachorganisation der neun Länderkammern. Auf Vorarlbergbesuch gab sie Einblick in ihre aktuellen Verhandlungen mit den Bundesministerien. Leicht hat sie’s nicht. „Alle werden wir sparen müssen“, lässt Anderl keinen Zweifel an der bedrückenden Lage, „das Budget-Defizit ist riesig.“ Aber dass die Beschäftigten jetzt den Scherbenhaufen mühselig beseitigen müssen, findet sie unerträglich. „Es müssen viele andere auch zur Kasse gebeten werden“, betont Anderl, „es wird neue Einnahmequellen brauchen à la Bankenabgabe, Energieabgabe usw.“ Vorarlbergs AK Vizepräsidentin Manuela Auer bringt es auf den Punkt: „Wir brauchen eine Millionärsabgabe!“
Die Vollversammlung der AK Vorarlberg forderte im Plenum u. a. eine Qualitätsoffensive in der Elementarbildung und „mehr netto vom brutto“ bei den Sonderzahlungen. AK Direktor Andreas Lampert skizzierte die Arbeiterkammer als eine ungemein rege Organisation: Die AK Vorarlberg vertritt die Anliegen von aktuell 176.709 Beschäftigten. Mehr als 124.000-mal erhielten AK Mitglieder 2024 kostenlos Beratung. Durch Rechtsvertretung, Interventionen und Dienstleistungen hat das schlagkräftige Team der AK im Vorjahr 49,09 Millionen Euro für die Mitglieder herausgeholt.
Den Rechnungsabschluss 2024 in Höhe von 35 Millionen Euro beschlossen die Kammerrät:innen von FCG, FSG, HaK, Gemeinsam und NBZ.
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