„Wenn alles bleibt wie es ist, zahlen Arbeitnehmer die Krise!“
AK-Hämmerle: „Brauchen dringend eine neue Steuerstruktur“
80 Prozent des gesamten Steueraufkommens stemmen in Österreich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – über die Lohnsteuer und die Verbrauchssteuern. „Wird an der Steuerstruktur nichts verändert, dann zahlen die arbeitenden Menschen auch 80 Prozent der Corona-Krisenkosten. Das kann es nicht sein“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle, denn die Arbeitnehmer hätten bereits zum Großteil die Bankenkrise finanziert. „Diesmal müssen auch die Millionäre und die Millionen-Erben mit anpacken!“
Bleibt die Steuerstruktur in Österreich wie sie ist, dann sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die großen Zahler der Corona-Krise. Immerhin stemmen sie über die Lohn- und Einkommenssteuer sowie über die verschiedenen Verbrauchssteuern rund 80 Prozent der Steuerlast. Und die Finanz- und Bankenkrise vor gut zehn Jahren hat es gezeigt: „Schlussendlich sorgt dieses System dafür, dass die arbeitenden Menschen auch bei Krisen voll in der Ziehung sind“, erklärt der AK-Präsident. Dies deshalb, weil in der Alpenrepublik Arbeit extrem hoch, Vermögen hingegen – auch im internationalen Vergleich – völlig unterdurchschnittlich besteuert ist. „Deshalb brauchen wir jetzt eine Änderung des Steuersystems, der Struktur“, ist Hämmerle überzeugt.
Millionäre sind gefordert
„Millionäre und Millionen-Erben dürfen diesmal bei der Krisenbewältigung nicht außen vor bleiben“, verlangt Hämmerle. Wobei ihm eines wichtig ist: „Wir brauchen bei einer möglichen Millionärs- als auch bei einer Erbschaftssteuer vernünftige Freibeträge. Es macht ja keinen Sinn, wenn wir den Arbeitnehmern, die sich ein Häuschen oder eine Wohnung zusammengespart haben, das Geld beim anderen Hosensack wieder herausziehen.“
Vorstellen kann sich der AK-Präsident auch, Grundbesitz künftig auf Basis des Verkehrswertes, der alle fünf Jahre einer Neubewertung zugeführt wird, zu besteuern. „Damit würde die durch die massive Bodenspekulation verursachte Explosion der Grundstückspreise wenigstens ein bisschen zur Krisenfinanzierung beitragen“, argumentiert Hämmerle. Zudem könnten neue ökosoziale Schwerpunkte wie eine CO2-Steuer nach Schweizer Vorbild dafür sorgen, dass Arbeit und damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlastet werden. Wobei dadurch für Berufspendler keine zusätzlichen Belastungen entstehen dürften.
„Wir wollen daran mitarbeiten, dass durch eine gerechtere Verteilung der Steuerlasten, die Schließung von Steuerschlupflöchern und die Besteuerung von Finanztransaktionen unser Land rasch und gut aus der Corona-Krise kommt“, so der AK-Präsident abschließend.
AK Vorarlberg zur Finanzierung der COVID-19-Krise:
Lasten fair verteilen
Das österreichische Steuersystem zeichnet sich durch eine Privilegierung von großen Vermögen, unzähligen Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmer und einer hohen Belastung von Arbeit und Konsum aus. Dadurch tragen die Arbeitnehmer und Pensionisten einen unverhältnismäßig hohen Anteil an der Steuerlast. Notwendig aber wäre eine nachhaltige Entlastung der Arbeitnehmer und eine Besteuerung von Vermögen und Spitzeneinkommen.
Die österreichische Bundesregierung hat mit der angeordneten Schließung von Geschäften und Lokalen sowie der weitgehenden Einschränkung der Reisefreiheit vieles richtig gemacht, um das unkontrollierte Ausbreiten des Coronavirus in den Griff zu bekommen. Zur Entschädigung der betroffenen Unternehmer und Arbeitnehmer wurden insgesamt an die 40 Milliarden Euro bereitgestellt. Entscheidend ist nun, wie nach dem Abklingen der COVID-19-Pandemie die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgewirkungen von statten geht.
Am wichtigsten ist es jetzt, die finanziellen Lasten gerecht zu verteilen. Im Rahmen des jetzigen Steuersystems würden die Arbeitnehmer den ganz überwiegenden Teil dieser Last tragen müssen. So wie bei der Bankenkrise 2008/09 wären sie es, die 80 % schultern müssten. Das ist ungerecht und entspricht bei weitem nicht der Leistungsfähigkeit der verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Deshalb sind angedachte Steuergeschenke an die oberen 100.000, wie die Senkung der Körperschaftssteuer, eine Absenkung der Investitionserfordernisse beim Gewinnbeitrag in dieser Phase weder moralisch vertretbar, noch volkswirtschaftlich sinnvoll.
Lohnsteuer runter – Vermögenssteuern einführen
Wichtig ist jetzt, die Schieflage im Steuersystem nachhaltig auszugleichen. Die Abgabenstruktur soll dahingehend umgebaut werden, dass Arbeitseinkommen weniger, Vermögen und Konzerngewinne stärker besteuert werden. Vorstellbar wäre im Sinne einer Ankurbelung der Investitionen Verbesserungen bei den Abschreibungsmöglichkeiten (degressive AfA).
Eine zentrale Forderung neben der deutlichen Senkung der Lohnsteuerbelastung ist nach wie vor die Umsetzung der von allen Parteien mehrfach versprochenen Abschaffung der Kalten Progression. Diese schleichende Steuererhöhung kostet die Arbeitnehmer pro Jahr rund 600 Millionen Euro. Notwendig ist auch die Anpassung des seit Jahrzehnten unveränderten Werbungskostenpauschale auf 500 Euro jährlich. Während Unternehmer unzählige Möglichkeiten zur Steuervermeidung zugestanden werden, haben die Arbeitnehmer kaum einen Gestaltungsspielraum im Steuerrecht.
Als Instrument dazu bietet sich eine Vermögensabgabe für Privatvermögen von über einer Million Euro von 0,5 % und ab 10 Millionen Euro von 1 % und 2% bei Vermögen von über 100 Millionen Euro an. Zudem sollte Grundbesitz künftig auf Basis des Verkehrswertes – der alle fünf Jahre einer Neubemessung zugeführt wird – besteuert werden. Das hätte auch den Vorteil, dass die durch die massive Bodenspekulation in Vorarlberg verursachte Explosion der Grundstückspreise zumindest ein wenig zur Krisenfinanzierung beiträgt. Nachdem „Erben keine Leistung ist“, unsere Gesellschaft sich aber dem Leistungsprinzip verpflichtet fühlt, muss auch darüber verhandelt werden, wie und unter welchen Voraussetzungen Erbschaften von über 1 Million Euro einen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten sollen.
Umweltverschmutzer sollen zahlen
Die Umgestaltung des Steuersystems ist auch eine große Chance, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen, die ganz wesentlich zur Luftverschmutzung beitragen, steuerlich zu belasten und damit einen Anreiz zum möglichst sparsamen Umgang damit zu schaffen. Vorbild für eine derartige CO2-Abgabe könnte die Schweiz sein, die seit Jahren dieses Steuerungsinstrument anwendet und über eine teilweise Rückzahlung an die Haushalte auch dafür sorgt, dass die Lasten nicht allein von den niedrigen Einkommensschichten getragen werden müssen. Um aber wirklich eine Lenkungswirkung zu erzielen, muss die Abgabe auf fossile Brennstoffe (Heizöl, Erdgas, Kohle, Mineralölprodukte) spürbar hoch sein. Diese könnte in einem ersten Schritt bei 60 Euro pro Tonne CO2 angesetzt werden und sollte dann schrittweise auf 100 Euro erhöht werden. Das würde jährlich einen Steuerertrag von rund 2 bis 2,5 Milliarden Euro bewirken. Die Rückerstattung von zwei Drittel dieser Einnahme sollte an die Haushalte und jene Betriebe gehen, die sich besonders um emissionsverhindernde Maßnahmen bemühen. Ausgenommen von der CO2-Abgabe wären jene Unternehmen, die bereits vom europäischen Emissionshandel erfasst sind.
Neben der CO2-Abgabe sollte auch die völlig systemwidrige Nova-Befreiung für Fiskal-LKW aufgehoben werden. Dringend notwendig wäre auch ein deutlicher Zuschlag auf die Flugabgabe sowie die Abschaffung der geringern Besteuerung von Diesel im Vergleich zum Benzin.
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