Standort-Rating 2024

Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg

Das ist die vierte Ausgabe des Standort-Ratings der Arbeiterkammer Vorarlberg. Einiges hat sich seit der ersten Publikation Anfang 2019 getan, manches zum Besseren, manches zum Schlechteren entwickelt. Die Corona-Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen – Energiekrise, Rekordinflation und Arbeitskräfteknappheit sind dazugekommen. Zielsetzung und Perspektive dieser Publikation sind dieselben geblieben. 

Der Wirtschaftsstandort Vorarlberg lebt von guten Fachkräften, das wird in Debatten um die Qualität des Standorts leider oft vergessen. Herausforderungen wie Inflation, Klimakrise, Arbeitslosigkeit und Armutsgefährdung, Fachkräftemangel oder kaum verfügbares, leistbares Wohnen werden sich mit steigenden Exportzahlen und Wirtschaftswachstum allein nicht bewältigen lassen. Die Perspektive muss um soziale Komponenten erweitert und die wahren Leistungsträger in den Mittelpunkt der Debatte gestellt werden – die Vorarlberger Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Welche Probleme gilt es zu lösen, um die Qualität des Arbeitsstandorts Vorarlberg für sie zu verbessern?

In der Digital- und Druckausgabe des Berichts werden daher Kennzahlen für und aus dem Blickwinkel von Arbeitnehmer:innen präsentiert, welche die Arbeit sowie das Leben und die angebotenen Leistungen in Vorarlberg vermessen. Dazu wurden die wichtigsten Themenfelder identifiziert (Arbeit, Leben, Sozialleistungen und Zukunft) und in jeweils drei Unterpunkte eingeteilt. 


Spotlight Fachkräfte

Arbeitslosigkeit, Konjunkturschwankungen und Fachkräftemangel zur selben Zeit? Im diesjährigen Spotlight werden die Herausforderungen für den Vorarlberger Arbeitsmarkt im Kontext von Digitalisierung, demografischem Wandel und sozial-ökologischer Transformation behandelt. Der Anteil von Personen über 64 Jahren wird laut Prognose von 18 Prozent im Jahr 2023 auf 28 Prozent im Jahr 2070 steigen und bereits 2030 wird es mehr über 65-Jährige als unter 19-Jährige geben. Gleichzeitig haben sich die offenen Stellen in den besonders nachgefragten Berufen um das drei- bis siebenfache seit 2008 vervielfacht und offene Stellen brauchen länger, um besetzt zu werden. Die Arbeitslosenquote ist im Bundesländervergleich an vierter Stelle mit 5,2 Prozent im Jahr 2023 und die Langzeitbeschäftigungslosigkeit nimmt ab. Hier kann noch einiges an Beschäftigungspotential erschlossen werden. Das wird vor allem bei den unterdurchschnittlichen Erwerbsquoten der Frauen und der Männer im Bundesvergleich deutlich. Hier kann bei den Frauen, die in Vorarlberg zu 54 Prozent in Teilzeit beschäftigt sind und bei den älteren Arbeitnehmer:innen (z.B.: Erwerbsquote von 82 Prozent der 55-59 Jährigen Männer in Vorarlberg versus 88 Prozent im Österreichdurchschnitt) noch erschlossen werden. Die Teilnahme an formaler Weiterbildung (7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2022) ist jedoch im Bundesländervergleich die niedrigste und die Lehrlinge im ersten Lehrjahr seit Jahren rückläufig (minus 10 Prozent im Vergleich zu 2014).

Die wichtigsten Erkenntnisse

Das kleine Stück vom großen Kuchen

In Vorarlberg ist der Anteil am erwirtschafteten Kuchen ungleich verteilt. Im Jahr 2021 waren es knapp 44 Cent pro erwirtschafteten Euro (2015 waren es noch 43 Cent), die in Lohneinkommen fließen. In allen anderen Bundesländern kommt mehr bei den Arbeitnehmer:innen an. Bei den Unternehmenseinkommen ist es genau umgekehrt, hier liegt Vorarlberg dementsprechend deutlich über dem Österreichdurchschnitt. Diese strukturelle Begebenheit ist sehr gut in den Abbildungen erkennbar und über den Betrachtungszeitraum stabil.

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Dabei sind die Vorarlberger:innen die Fleißigsten in Österreich: Die Stundenproduktivität liegt auf dem ersten Platz im Bundesländervergleich, bei durchschnittlich knapp 63 Euro realem Bruttoregionalprodukt (Preisbasis 2010). Noch dazu ist die Produktivität in den letzten Jahren stetig gewachsen (Abbildung Stundenproduktivität). Da haben sich die Beschäftigten einen fairen Anteil am Wachstum verdient. 

Zunehmende Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen

Die Arbeitsbereitschaft ist in Vorarlberg hoch und wächst stetig. Zentrale Kennzahl hierfür ist die Erwerbsquote der 15- bis 64-Jährigen, welche seit 2010 um knapp 10 Prozent gestiegen ist. Das liegt vor allem am starkem Wachstum der Teilzeitbeschäftigten (+37%), aber auch die Anzahl der Vollzeitbeschäftigten (+10%) ist stetig gestiegen (Abbildung Erwerbsquote).

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Dennoch steht der Arbeitsmarkt vor Herausforderungen. Die Stellenbesetzung ist zunehmend träge geworden. Die Anzahl der offenen Stellen hat sich in den vergangenen Jahren merklich erhöht und die durchschnittliche Dauer bis zur Besetzung ist angestiegen. Vorarlberg altert zudem schneller als es wächst (Abbildung Altersverteilung). Bereits 2030 wird es laut Prognose in Vorarlberg mehr Personen mit über 65 Jahren, als 0- bis 19-jährige Personen geben.

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Das Erwerbspotential ist weiterhin groß

Noch ist die Erwerbsquote bei den Jüngeren im Bundesvergleich hoch, der Anteil der jungen Erwerbsbevölkerung wird aber künftig weiter abnehmen. Besonders bei Frauen ist die Erwerbsquote im Alter von 20-44 verhältnismäßig gering (Abbildung Erwerbsquote). 

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Handlungsbedarf am Arbeitsstandort Vorarlberg

Über 42% der Frauen in Teilzeit geben an, auf Grund von Betreuungspflichten nicht voll zu arbeiten. Das Kinderbetreuungsangebot ist nach wie vor ausbaufähig. So ermöglichen nicht einmal die Hälfte der Kinderbetreuungseinrichtungen einer Vollzeittätigkeit nachzugehen. Zudem sind viele der Einrichtungen privat, was die Betreuung teuer macht, wie auch eine Umfrage der AK-Vorarlberg bestätigt. Eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch mehr Kinderbetreuungsplätzen, mit hoher Qualität, ermöglicht Teilnahme am Arbeitsleben und die wichtige Elementarpädagogik erweitert die Chancen für unsere Kinder.

Qualifizierungsoffensive für mehr Chancen von Personen mit Pflichtabschluss

Bei genauer Betrachtung der unbesetzten Stellen zeigt sich, dass es besonders für Personen mit maximal Pflichtschulabschluss wenig offene Stellen gibt. Vorarlberg hat mit 16,3 Prozent in Österreich gemeinsam mit Wien immer noch den größten Anteil an Personen mit maximal Pflichtschulabschluss. Die Teilnahme an Weiterbildung ist unter dem österreichischen Durchschnitt. Eine Qualifizierungsoffensive entfaltet weiteres Erwerbspotential.
Die Teuerung setzt den Menschen in Vorarlberg zu. Eine besondere Herausforderung stellen vor allem die Wohnkosten und die zunehmende Unleistbarkeit des Wohnens dar. Das ist zudem ein großes Problem für die Standortattraktivität.

Wohnen wird für immer mehr Haushalte völlig unleistbar 

Die durchschnittlichen Häuser- (+91 Prozent) und Wohnungspreise (+81Prozent) sind in den letzten sieben Jahren (2015–2022) in keinem anderen Bundesland so stark gestiegen wie in Vorarlberg, die Grundstückspreise haben sich sogar weit mehr als verdoppelt (+240%). Mietpreise sind nur in Salzburg höher und sowohl laut Erhebungen der Statistik Austria als auch laut unserer AK-Wohnumfrage 2023 sind 20 bis 35 Prozent aller Haushalte durch die Wohnkosten überbelastet. 

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Eine gerechte Verteilung der Steuern

Die Steuer- bzw. Abgabenlast in Österreich ist weiterhin ungleich verteilt: Steuern auf Kapital bzw. Vermögen und dessen Einkommen sind ein kleiner Teil des Kuchens und auch im internationalen Vergleich niedrig. Fast 81% aller Steuern und Abgaben von Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen finanziert. Auch im Vergleich zu anderen OECD-Staaten liegt Österreich mit 1,3 Prozent des Steueraufkommens aus Vermögen deutlich unter dem Durchschnitt von 5,7 Prozent. Das war nicht immer so, 1965 kamen noch 4 Prozent des Steueraufkommens aus Vermögensbesteuerung.

Diese Entwicklungen sprechen sehr für ein Überdenken der aktuellen Steuer- und Wirtschaftspolitik. So würden beispielsweise eine progressive Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer zur Entlastung der allermeisten Haushalte und des Budgets beitragen, Einkommen könnten steuerlich entlastet werden. Außerdem würden sie dazu beitragen, den Kuchen gerechter zu verteilen. 

Standort-Rating 2024

Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg. Hier gibt es die ganze Studie als Download.

Dafür setzt sich die Arbeiterkammer ein

Arbeitsmarkt (mehr zum Thema)

  • Langzeitbeschäftigungslosigkeit
    • Recht auf Arbeit sicherstellen!
  • Reform der Arbeitslosenversicherung
    • Menschen fördern – Armut verhindern!
    • Ein existenzsicherndes Arbeitslosengeld!
    • Finanzierung der Arbeitslosenversicherung gerechter gestalten!
    • Zumutbarkeitsbestimmungen verbessern, nicht verschärfen!
    • Qualifizierungsoffensive – Konjunkturunabhängig!

Einkommen (mehr zum Thema)

  • Mindestlohn 2.200,- Brutto durchsetzen und Sozialleistungen krisenfest und treffsicher gestalten!
  • Mehr Steuergerechtigkeit durch progressive Besteuerung von Kapital und Entlastung des Faktors Arbeit!

Wohnen (mehr zum Thema)

  • Inflationsbremse bei Mieten!
  • Befristung gewerblicher Vermieter Abschaffen!
  • Mietrechtsreform: Faires Mietrecht!
  • Eine Neugestaltung der Wohnbauförderung ist längst überfällig!
  • Umwidmungen besteuern – sozialen Wohnbau fördern!
  • Bodenfonds endlich umsetzen statt ankündigen!

Bildung (mehr zum Thema)

  • Weiterbildungschancen ein Leben lang!
  • Qualifizierungsoffensive für Menschen mit maximal Pflichtschulabschluss
  • Mehr Lehrlinge in „Lehre mit Matura“ bringen!

Familie und Beruf (mehr zum Thema)

  • Proaktiver Ausbau VIF-konformer Betreuung!
  • Qualität der Elementarpädagogik dabei sicherstellen!

Gesundheit & Pflege (mehr zum Thema)

  • Personalengpass wirksam bekämpfen!

Umwelt (mehr zum Thema)

  • Kostenwahrheit vorantreiben!
AK Standortrating 2024

Download

Standortrating Vorarlberg 2024

Zahlen, Daten und Fakten rund um den Arbeitsstandort Vorarlberg

Datum/Jahr:
2024

AK Direktorin Eva King und AK Präsident Bernhard Heinzle haben das aktuelle Standort-Rating vorgestellt.

Pressekonferenz vom 30. April 2024

AK Standort-Rating 2024 vorgestellt

Die AK präsentiert mit dem Standort-Rating eine umfassende Sammlung von Zahlen und Fakten zum Arbeitsstandort Vorarlberg.


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