15. Februar 2022
Soziales
Equal Pay Day: Frauen endlich fair bezahlen!
Arbeit,Frau,Gesellschaft,Gleichbehandlung,Lohn,Solidarität
In Vorarlberg arbeiten Frauen 81 Tage unbezahlt. Damit liegt das Land bei den Gehaltsunterschieden österrreichweit auf dem beschämenden ersten Platz.
Auf diese „Spitzenleistung“ kann niemand stolz sein. Bei den Gehaltsunterschieden zwischen Mann und Frau liegt Vorarlberg unter allen Bundesländern weit vorne: 81 Tage arbeiten Vorarlbergs Frauen heuer praktisch gratis. Fehlende Kinderbetreuung und mangelnde Lohntransparenz sind laut AK-Präsident Hubert Hämmerle nur zwei Gründe dafür.
Bundesweit fiel der Equal Pay Day heuer auf den 15. Februar. 12,7 Prozent Gehaltsunterschied bedeuten, dass Frauen in Österreich bis zu diesem Tag praktisch unentgeltlich arbeiten gingen. Aber ist das nicht ein Fortschritt? Im Vorjahr war der Unterschied doch größer! Der Tag fiel auf den 21. Februar. Aber leider trügt der Schein.
Corona verzerrt das Bild
Die Einkommensunterschiede wurden im Vergleich zum Vorjahr nicht kleiner, weil Frauen besser verdient hätten, sondern weil Männer 2020 im Durchschnitt weniger Gehalt erhielten. Viele vollbeschäftigte Männer mussten aufgrund von Kurzarbeit auf ihre Überstunden verzichten. Die meisten Frauen hätten solche Probleme wohl gern in Kauf genommen. Sie arbeiten in Teilzeit und waren schon froh, ihren Job überhaupt zu behalten.
Wenn man die Bundesländer anschaut, ist es leider kein Vorteil, als Frau in Vorarlberg arbeiten zu gehen. In Wien verursacht der Gender Pay Gap von 4,2 Prozent 15 Tage Arbeit ohne Entlohnung, in Niederösterreich sind es bei 12,4 Prozent schon 45 Tage. „Aber in Vorarlberg gehen Frauen bei durchschnittlich 22,2 Prozent Gehaltsunterschied sage und schreibe 81 Tage gratis arbeiten“, kritisiert Hämmerle.
Dabei müsste das nicht sein. Schon die Heimlichtuerei beim Einkommen in den Unternehmen verhindert, dass Frauen gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit einfordern können. „Die AK fordert daher volle Lohntransparenz in den Betrieben.“
„In Vorarlberg gehen Frauen bei durchschnittlich 22,2 Prozent Gehaltsunterschied sage und schreibe 81 Tage gratis arbeiten. Es braucht unter anderem einen massiven Ausbau der Kinderbetreuung, damit diese Ungerechtigkeit beseitigt wird!“
Hubert Hämmerle
AK-Präsident
Für den weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und Kinderbildung bräuchte es bundesweit eine Milliarde Euro mehr pro Jahr. Dann könnten die Öffnungszeiten an die tatsächlichen Arbeitszeiten angepasst und mehr Plätze geschaffen werden.
Außerdem braucht es einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindes. So könnten Familie und Beruf besser vereinbart werden und vor allem den Frauen der Wiedereinstieg in den Job nach der Geburt eines Kindes erleichtert werden.
AK-ÖGB-Modell der Familienarbeitszeit
Finanzielle Anreize würden auch den Eltern helfen, die Erziehung der Kinder aufzuteilen. Das Modell zur Familienarbeitszei der Arbeiterkammer und des ÖGB sieht folgende Eckpunkte vor:
- Arbeitszeitausmaß: 28 bis 32 Stunden pro Woche
- Dauer: mindestens vier Monate, maximal kann Familienarbeitszeit-Geld bis zum 4. Geburtstag des Kindes bezogen werden
- Entgeltersatz: 250 Euro Pauschale pro Elternteil pro Monat
Massiv muss Hämmerle zufolge die Ausbildung von Frauen in Zukunftsberufen unterstützt werden. Die AK leistet im Digital Campus Vorarlberg und mit dem Programm der Digital Pioneers einen entscheidenden Beitrag.
Geschichte des Equal Pay Day
Der Equal Pay Day wurde in den USA 1966 vom National Committee on Pay Equity ins Leben gerufen. Inzwischen finden in 23 europäischen Ländern Equal Pay Days statt.
In Österreich gleich zwei Termine
Der Termin im Frühjahr wird jährlich von Business & Professional Women Austria berechnet. Der Frühjahrstermin steht symbolisch für denjenigen Tag im neuen Jahr, bis zu welchem Frauen in Österreich unbezahlt arbeiten – verglichen mit Männern, die ab dem 1. Jänner des Jahres bezahlt werden.
Quelle: STATISTIK AUSTRIA, Lohnsteuerdaten – Sozialstatistische Auswertungen nach Bundesländern. Bruttojahresbezüge gemäß § 25 Einkommensteuergesetz der ganzjährig Vollbeschäftigten, Ohne Lehrlinge © Business and Professional Women Austria
Das Herbst-Datum errechnet der Österreichische Städtebund. Der Herbsttermin markiert jenen Tag, ab dem Frau bis Ende des Jahres symbolisch keinen Lohn mehr für ihre Lohnarbeit erhält.
Viele Gründe für die Ungerechtigkeit
- Schlecht bezahlte Branchen: Frauen arbeiten nach wie vor vielfach in schlechter bezahlten Branchen wie Pflege oder Gesundheit.
- Geringere Boni: Wenn Frauen Boni bekommen, dann sind sie oft viel geringer als bei Männern.
- Karrierebremse Karenz: Fast immer gehen Frauen in Österreich in Karenz. Wenn sie in den Job zurückkehren, dann bleiben sie oft in Teilzeit. Fast 50 Prozent der Frauen können danach nicht in den alten Job. Karenzzeiten bedeuten fehlende Berufserfahrung und daher auch Gehaltseinbußen
- Väterkarenz: Seit rund 30 Jahren haben Väter die Möglichkeit, in Karenz zu gehen. Zehn Prozent der Väter nehmen die Karenz nicht länger als drei Monate in Anspruch. Nur zwei Prozent der Väter in Partnerschaften unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate, ein Prozent für mehr als sechs Monate. Mehr Infos zur Karenz-Regelung
- Unterforderung: In Österreich arbeiten Frauen oftmals unter ihren Qualifikationen
- Gehaltsforderungen: Hinzu kommt, dass Frauen oft weniger Geld verlangen. Der Staat muss Anreize setzen. Etwa für technische Berufe. Da könnte man einiges verbessern.
- Kinderbetreuung: Und der Staat muss die ganztägigen Betreuungsangebote für Kinder ausbauen. Vor allem im ländlichen Bereich. Gemeinsam mit gut ausgebauten, ganztägigen Kinderbetreuungsplätzen könnte der Gender Pay Gap nachhaltig reduziert werden.
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