Konsum
Nahrung und Kleidung, wenn jeder Euro zählt
Die Teuerung zwingt viele zum Verzicht, doch Grundbedürfnisse wie Nahrung, Möbel und Kleidung lassen sich nicht streichen. Hier sind drei Adressen, wenn jeder Euro zählt.
Der Verein Südwind ist eine österreichische Nichtregierungsorganisation, die sich seit ihrer Gründung im Jahr 1979 für globale Gerechtigkeit, nachhaltige Entwicklung und die Förderung von Menschenrechten einsetzt. Ziel des Vereins ist es, Bewusstsein für globale Zusammenhänge zu schaffen und Menschen in die Lage zu versetzen, aktiv für eine gerechtere Welt einzutreten. Das geschieht auf sehr viele unterschiedliche Arten, es werden Workshops, Ausstellungen und Fortbildungen veranstaltet. Verschiedene Kampagnen, wie etwa für Lieferkettengesetz gefahren und das redaktionell unabhängigen Südwind-Magazin herausgegeben.
In der AK Bibliothek wird die von Südwind initiierte Ausstellung „Palmöl – Billiges Fett regiert die Welt“ ab dem 20. Mai für zwei Wochen zu sehen sein. Zu diesem Anlass haben wir uns mit Gudrun Glocker über die Motivation dazu und die Hintergründe unterhalten. Glocker ist Ernährungsexpertin bei Südwind und leitet das internationale Projekt „Rebooting the Foodsystem“.
Was hat Sie persönlich dazu bewegt, sich so intensiv mit dem Thema Palmöl auseinanderzusetzen?
Gudrun Glocker: Palmöl ist ein Produkt, das man nicht sieht, aber es ist einfach so weit verbreitet. Im Supermarkt enthält jedes zweite Produkt Palmöl und man ahnt das gar nicht.
Gibst du uns vielleicht ein konkretes Beispiel, wo es drin ist und man gar nicht vermutet das Palmöl enthalten ist?
Natürlich ist es in verarbeiteten Lebensmitteln weit verbreitet, es ist aber auch in vielen Kosmetika enthalten, in Reinigungs- oder Waschmitteln oder in Kerzen zum Beispiel. Und anders als bei Lebensmitteln, muss es in Produkten, die ich gerade erwähnt habe, nicht als Palmöl bei den Inhaltsstoffen ausgewiesen werden. Da hilft es, wenn man sich ein wenig mit den alternativen Bezeichnungen auseinandersetzt. Es gibt aber im Internet Seiten, die diese chemischen Bezeichnungen entschlüsseln. Am sichersten ist es, wenn auf dem Produkt der Hinweis palmölfrei vermerkt ist.
Gab es einen konkreten Auslöser oder Moment, der den Anstoß für die Ausstellung gegeben hat?
Gudrun Glocker: Mittlerweile kennt man ja schon die Bilder der Palmölplantagen und hat auch schon die Auswirkungen auf Natur und Klima im Kopf. Aber das ist noch nicht so lange. Erst um die Jahrtausendwende hat sich da ein Bewusstsein in der Öffentlichkeit gebildet. Gleichzeitig stieg aber die globale Palmölproduktion zwischen 2010 und 2020 um 60 Prozent.
Welche Zielgruppe hattet ihr bei der Konzeption der Ausstellung im Kopf? Gudrun Glocker: Prinzipiell geht es uns beim Südwind immer darum eine breite Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Gerade diese Ausstellung bringt nicht Fakten, sondern sensibilisiert. Mit den Fotos werden die Auswirkungen der Palmölproduktion auf die einzigartige Naturlandschaft und die Menschen gezeigt und die Besucher:innen können sich dann selbst ein Bild machen.
Welche konkreten Auswirkungen des Palmölanbaus zeigt ihr in der Ausstellung – auf Umwelt, Biodiversität und Klima?
Gudrun Glocker: Die Fotos zeigen einerseits Tiere und Menschen in der unberührten Natur, aber es gibt auch Bilder, wo die Ausmaße und Folgen des Palmölanbaus zu sehen sind.
Wie thematisieren Sie die Rolle der lokalen Bevölkerung? Gibt es Perspektiven von Betroffenen – etwa aus den betroffenen Ländern?
Gudrun Glocker: Prinzipiell stehen für und als Menschenrechtsorganisation immer die Menschen im Vordergrund. Oft ist es leichter zu kommunizieren, dass der Sumatratiger oder ein spezieller Elefant vom Aussterben bedroht sind, als dass die lokale Bevölkerung um ihre Lebensgrundlage gebracht werden.
Spielt die Frage nach Landraub und Menschenrechtsverletzungen eine Rolle in Ihrer Arbeit?
Gudrun Glocker: Natürlich ist das auch ein Thema, wir arbeiten aber nicht an Einzelfällen sondern versuchen am System etwas zu ändern, wie etwa, dass in einem starken Lieferkettengesetz die Konzerne, die solche Menschenrechtsverletzungen verursachen zur Verantwortung gezogen werden können.
Welche Verantwortung tragen westliche Unternehmen und Konsument:innen für die aktuelle Situation?
Gudrun Glocker: Ich würde die Konsument:innen jetzt erst einmal außen vorlassen. Die Hauptverantwortung tragen Unternehmen, die Gewinne auf Kosten von Menschen und Natur machen. Diese müssen sicherstellen, dass durch die Palmölproduktion keine Menschenrechts- oder Umweltverletzungen entstehen. Und da die meisten das nicht freiwillig machen, müssen entsprechende Gesetze erlassen werden.
Welche Rolle spielt Politik in dem ganzen System – und wo siehst du Versäumnisse oder gibt es auch positive Ansätze?
Gudrun Glocker: Es hat ja auf EU-Ebene schon wichtige Gesetzesinitiativen gegeben, die für Palmöl relevant sind. Allen voran die Entwaldungsverordnung, sie gilt neben Ölpalmen auch für Rinder, Kakao, Kaffee, Soja, Holz und Kautschuk. Die Rohstoffe und Produkte, die in die EU geliefert werden, dürfen nicht von Flächen stammen, die nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet wurden. Das gilt auch für Europa, darum gab es auch einen Aufschrei der europäischen Wirtschaft. Außerdem haben Unternehmen auch eine Sorgfaltspflicht. Sie müssen nachweisen, dass ihre Lieferketten entwaldungsfrei sind und die Regeln des Ursprungslandes eingehalten werden. Diese Verordnung wurde aber um ein Jahr verschoben und tritt erst mit 30. Dezember 2025 in Kraft.
Wie gehen Sie mit der Frage um, ob Alternativen zu Palmöl wirklich nachhaltiger sind?
Das primäre Problem ist, dass einfach der Ölverbrauch so rasant gestiegen ist. Und Palmöl ist nicht leicht durch irgendetwas nachhaltigeres zu ersetzen, weil andere Öle beispielsweise viel weniger Flächenertrag bieten und nicht die selben Vorteile bieten. Nur um einen von vielen Fakten zu nennen, Palmöl wird nicht ranzig. Es insgesamt darum, den Ölverbrauch zu reduzieren, dass ist nachhaltig.
Wenn Sie den Besucher:innen der Ausstellung eine zentrale Botschaft mitgeben könnten – wie würde diese lauten?
Es geht nicht darum mit dem Zeigefinger auf die Konsument:innen zu zeigen und ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen, sondern darum, das Bewusstsein für die Auswirkungen unserer Lebensgewohnheiten auf Menschen im Globalen Süden zu erhöhen. Es geht um viel mehr, als Palmöl zu verteufeln und es gibt auch viele Möglichkeiten selbst aktiv zu werden, die über einen Konsumverzicht hinausgehen. Wir brauchen ein globales Ernährungssystem, das alle Menschen auf der Welt ernähren kann und das weder Menschen ausbeutet noch unserem Planeten schadet. Im EU-Projekt „Rebooting the Foodsystem“ zeigen wir auch, dass dies möglich ist und setzen uns für eine Ernährungswende mit agrarökologischen Prinzipien ein!
Wie hat sich Ihr eigenes Konsumverhalten durch Ihre Arbeit verändert?
Natürlich spielt das Wissen um die Missstände in der Lebensmittelproduktion eine wichtige Rolle bei meinem persönlichen Konsumverhalten. Ich versuche, Produkte zu kaufen, die ohne Ausbeutung hergestellt wurden, und achte darauf, meinen ökologischen Fußabdruck so klein wie möglich zu halten. Besonders bei Palmöl versuche ich, es zu vermeiden, indem ich weniger Fertigprodukte kaufe und stattdessen viel selbst koche.
Die Ausstellung „Palmöl“ findest du in der AK Bibliothek Feldkirch, direkt an der Bärenkreuzung. Geöffnet ist die Bibliothek dienstags von 10 bis 19 Uhr und von Mittwoch bis Freitag jeweils 10 bis 12 und 13 bis 18 Uhr.
Utopia.de bietet umfassende Informationen und Ratgeber zu nachhaltigem Konsum. Sie haben eine Liste mit 25 versteckten Bezeichnungen für Palmöl in Lebensmitteln und Kosmetikprodukten veröffentlicht, die dir helfen kann, Palmöl zu erkennen und zu vermeiden.
Utopia
Diese Seite ermöglicht es Nutzern, den Barcode von Produkten zu scannen und erhält dann eine detaillierte Analyse der Inhaltsstoffe. Die Plattform informiert auch über potenziell bedenkliche Stoffe, einschließlich Palmöl und anderen Inhaltsstoffen, und bewertet die Verträglichkeit oder Umweltverträglichkeit dieser Zutaten.
Südwind hat in Kooperation mit der Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 und der deutschen Romero Initiative (CIR) 63 Siegel und Initiativen für Lebensmittel und Bekleidung untersucht und bietet damit einen praktischen Wegweiser durchs Label-Labyrinth. Im Check wird analysiert, was bei den Checks genau zertifiziert wird und wie streng die Standards wirklich sind.
Bildung
„Aroma Typ Himbeere“ aus Zedernholzextrakt, glänzende Äpfel, aber durch jede Menge Pestizide hochallergen, Honig, dessen Etikett einen heimischen Wald und glückliche Bienen zeigt und der doch in einer chinesischen Fabrik hergestellt wurde: Solche ernüchternden Beispiele hat Thilo Bode in sein Buch „Der Supermarkt Kompass“ gepackt. In der AK-Reihe „Wissen fürs Leben“ zeigte er auf, woran unser Ernährungssystem krankt.
Konsum
Vom 23. bis 29. September machen Aktionen in ganz Österreich darauf aufmerksam, wie viele Lebensmittel wir täglich verschwenden. Cornelia Diesenreiter, die vor einem Jahr in der AK Reihe „Wissen fürs Leben“ zu Gast war, hat mit ihrem Team bis heute mehr als eine Million Kilo noch guter Lebensmittel vor dem Mistkübel bewahrt. Im Interview erzählt sie von ihrer Arbeit und gibt Tipps, was jede:r einzelne tun kann.
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