Soziales
Teuerungswelle schreit nach staatlichem Eingriff
Die Preissteigerungen schlagen inzwischen überall durch. AK-Präsident Hubert Hämmerle fordert staatliches Schutzpaket für überlastete Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen.
In diesem Blogbeitrag
Wenn das Gehalt steigt, dann steigt auch der Steuersatz. So schön Einkommenssteigerungen sind, sie können vor allem im Falle einer Inflation durch den progressiven Steuersatz aufgefressen werden. Wenn der Staat dann mehr von der Gehaltserhöhung hat als der Steuerpflichtige selbst, dann ist letzterer Opfer der kalten Progression.
In dieser Hinsicht gleicht das Heer der österreichischen Steuerzahler:innen einer großen Schicksalsgemeinschaft. Und zwar lange schon: Man spricht einander Mut zu, und trägt doch Hoffnungslosigkeit im Herzen. Die AK Vorarlberg wusste zuletzt 82 Prozent der Vorarlberger hinter sich und trat eine große Kampagne los. Seither halten wir das Thema permanent am Kochen.
Steuern sind die wichtigste Einnahmequelle des Staats. Der österreichische Steuerzahler trägt jedes Jahr rund 55 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben dazu bei. Ein halbes Jahr arbeiten Herr und Frau Österreicher nur für den Finanzminister. Damit liegen wir im europäischen Spitzenfeld.
Welchen Anteil hat die Kalte Progression? Sie greift unmittelbar in unser aller Leben ein. „Wenn jemand mehr Lohn bekommt und sich trotzdem weniger leisten kann, dann ist das die Auswirkung der kalten Progression und das ist ungerecht“, sagt AK-Präsident Hubert Hämmerle, „deshalb fordern wir die sofortige Abschaffung dieser versteckten Steuererhöhung.“
Ein Beispiel: Ein Beschäftigter hat in Österreich im Jahr 2021 rund 2500 Euro brutto verdient. In den fünf Jahren zuvor wurde ihm nur die Inflation ausgeglichen. Also verdiente er 2021 um acht Prozent mehr als 2016. Er muss allerdings um elf Prozent mehr Lohnsteuer bezahlen. Aufgrund des progressiven Steuertarifs steigt die Steuerbelastung prozentual schneller als das Gehalt.
Nun, Finanzminister lieben die Kalte Progression. Dass sie alle paar Jahre die „größte Steuerentlastung der Zweiten Republik“ ankündigen können, ermöglicht ihnen der kleine, feine Trumpf im Ärmel: Steigen aufgrund der Inflation die Gehälter, rutschen Steuerpflichtige automatisch in höhere Steuersätze. Die Steuerlast wird größer, obwohl die Menschen real nicht mehr verdienen. Bei Gelegenheit kann der Staat dann „mildtätig“ die zusätzlichen Einnahmen großzügig verteilen.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bildet da keine Ausnahme. Wenn er sich nun dennoch des Versprechens erinnert, das schon so viele Regierungsprogramme geziert hat, dann nicht ganz freiwillig. Die Abschaffung der Kalten Progression soll erneut diskutiert werden, weil die Inflation durch die Decke schießt. Allein im März 2022 erreichte die Inflation laut Statistik Austria mit 6,7 Prozent den mit Abstand höchsten Wert seit Bestehen der Währungsunion.
Wenn jemand mehr Lohn bekommt und sich trotzdem weniger leisten kann, dann ist das die Auswirkung der Kalten Progression und das ist ungerecht.
Hubert Hämmerle
AK-Präsident
Wir alle kennen die Folgen: Alles wird teurer. AK-Präsident Hubert Hämmerle sieht die Befürchtungen der AK bestätigt: „Die Entlastungen der Steuerreform werden so in Rekordzeit zunichtegemacht.“ Sobald die Gewerkschaften für die Arbeitnehmer:innen höhere Lohnabschlüsse durchsetzen, schlägt die Kalte Progression voll durch, und wieder gewinnt der Finanzminister. Allein von 2022 bis 2024 wird die kalte Progression fast sechs Milliarden Euro zusätzlich in die Staatskassa spülen, während sich immer mehr Steuerzahler:innen das tägliche Leben kaum leisten können.
Deshalb also die Arbeitsgruppe im Finanzministerium, die bis zum Sommer die Auswirkungen einer Abschaffung der Kalten Progression prüfen soll. Finanzminister Brunner zufolge werden auch alle Sozialpartner einbezogen.
Werden die Löhne im kommenden Jahr an die hohe Inflation angepasst, wird der Effekt der Kalten Progression voll durchschlagen. Die Lösung wäre eine automatische Anpassung der Steuerstufen an die Teuerungsrate, wie sie in vielen Ländern längst praktiziert wird. Die AK Vorarlberg fordert das seit einer gefühlten Ewigkeit. Jetzt könnte die wirtschaftlich schwierige Lage bewirken, was bisher einfach nicht gelingen wollte: Dass eine Regierung mal ihre Versprechen einlöst.
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Die Lage am Wohnungsmarkt spitzt sich stetig zu. Eigentum können sich nur noch Reiche leisten. Den Jungen geht angesichts explodierender Preise die Luft aus. Dabei gäbe es gute Möglichkeiten, um gegenzusteuern. Die Besteuerung von Umwidmungen wäre eine davon. Die Stadt München und die Schweiz machen's vor.
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