Bildung
Regeneratives Wirtschaften muss das Ziel sein
Nachhaltigkeit ist die halbe Miete. Für Simon Berkler führt nur regeneratives Wirtschaften in eine bessere Welt. Bei den „Tagen der Utopie“ erzählte er, wie das gehen kann.
Prof. Dr. Tatjana Schnell lehrt an der Universität in Oslo. Gemeinsam mit Kilian Trotier hat sie 2024 das Buch „Sinn finden“ herausgebracht. „Warum es gut ist, das Leben zu hinterfragen“, steht auf dem Cover. Bei den Disputationes in Salzburg arbeitet sie präzise wichtige Grenzlinien heraus.
Die Salzburger Disputationes werden jedes Jahr mit viel Gespür von der gebürtigen Feldkircherin Dr. Claudia Schmidt-Hahn in Szene gesetzt. Frauen und Männer aus Wissenschaft und Kultur haben sich im Rahmen der Salzburger Festspiele 2025 dem Schicksal gewidmet. Die Professorin für Existenzanalyse, Tatjana Schnell, reflektierte die Frage: Hat alles seinen Sinn? Tatjana Schnell wird am 4. November in der AK Reihe "Wissen fürs Leben" zu Gast sein. Der Eintritt ist frei. Um Online-Anmeldung bitten wir kerzlich.
In diesem Blog:
Es gibt Situationen, „die machen uns porös für die Sinnfrage“, sagt Schnell. Die Frage nach dem Warum ist dann nur allzu menschlich. Aber sie ist auch gefährlich. Denn sie setzt voraus, dass es eine Antwort gibt. Das ist letztendlich eine Frage der Weltanschauung. Tatjana Schnell selbst glaubt nicht an das Schicksal.
„Ich glaube daran, dass Dinge geschehen, weil komplexe Dynamiken im Spiel sind, und dass nicht alles einen Sinn hat.“ Deshalb führt die Frage nach dem Warum und nach dem Sinn zu keinem Ergebnis, wenn neun junge Menschen an einem gewöhnlichen Schultag in ihr Gymnasium gehen und nicht mehr heimkommen, weil ein 21-Jähriger sie erschießt.
Also noch einmal zur Ausgangssituation: Das Schicksal schlägt zu, unser Leben bleibt stehen. Und nun finden manche Menschen Antworten wie „Gott will mich testen“ oder „das Universum straft mich“. Tatsächlich können solche Antworten tragen. Ein Schicksalsschlag ist leichter mit einem tieferen Sinn als Ursache zu ertragen, als im Wissen, dass es reiner Zufall war. Aber was für ein furchtbares Gottesbild dringt da an die Oberfläche? Tatjana Schnell gestattet sich keine Wertung. „Man darf jemandem nicht etwas wegnehmen, das ihn trägt.“
Und doch: Geradezu bedrohlich wird die Frage nach dem Sinn für die vielen, die immer und immer wieder eine Erklärung suchen und keine finden. „Die Mehrheit der Studien zeigt, dass die Suche nach einem Sinn in einem Ereignis, das ohne mein Zutun geschehen ist, die Betroffenen in einer Spirale gefangen hält und die Auseinandersetzung mit dem Ereignis verhindert.“
Wissenschaftlich untersucht wurde das u. a. nach dem Hurrikan „Katrina“, der im August 2005 mit verheerender Wucht über New Orleans hereinbrach und 1800 Menschenleben forderte. Ein Teil der Befragten meinte, diejenigen, die gestorben seien, hätten irgendetwas falsch gemacht. „Das ist eine sehr gefährliche Art, solche Ereignisse zu interpretieren“, betont Tatjana Schnell. Sie hilft den Überlebenden auf lange Sicht nicht weiter. „Denjenigen, die sagten, dass sie einen Sinn im Ereignis suchten, ging es Monate oder Jahre danach schlechter als jenen, die sagten, das ist geschehen, aber ich kann damit umgehen.“
»Viele von uns leben mit positiven Illusionen. Denke positiv und alles wird gut! Wir glauben, die Welt ist gerecht. Jeder verdient, was er bekommt. Wenn wir uns nur anstrengen, sind wir erfolgreich. Der Tod? Ist weit entfernt! Das mag kurzfristig motivieren, aber es sind und bleiben Illusionen.«
Psychologin und Philosophin
Prof. Dr. Tatjana Schnell
Im Übrigen macht sich ein neues Narrativ breit, das sie für mindestens so problematisch hält: Nutze die Krise als Chance. Es hat alles seinen Sinn. Die Autorin Barbara Ehrenreich hat das internationale Geschäft mit dem Optimismus, die Schönrederei bei Krebs und illusionslose Wege zum Glück thematisiert. Sie war selbst an Brustkrebs erkrankt und fand in den einschlägigen Kreisen schwachen Trost, der darin gipfelte, dass Betroffene ihren Brustkrebs geradezu als Geschenk betrachteten.
„Viele von uns leben mit positiven Illusionen“, sagt Tatjana Schnell: „Denke positiv und alles wird gut! Wir glauben, die Welt ist gerecht. Jeder verdient, was er bekommt. Wenn wir uns nur anstrengen, sind wir erfolgreich. Der Tod? Ist weit entfernt! Alles wird gut.! All diese Annahmen sind positiv, sie motivieren auch. Aber nur kurzfristig, denn „es sind Illusionen“.
Die Suche nach einem situativen Sinn ist Schnell zufolge in vielen Fällen kontraproduktiv. Sie lädt dazu ein, im Gegenteil anzuerkennen, dass unsere Existenz von Gegensätzen geprägt ist: Glück und Trauer, Hell und Dunkel. "Wenn es das eine nicht gäbe, gäbe es das andere nicht." Gewiss, das ist eine ziemliche Zumutung. "Aber es ist heilsam, auch die dunkle Seite zuzulassen."
Der deutsche und später US-amerikanische protestantische Theologe Paul Tillich schrieb: Der Mut zum Sein ist der Mut zum Verzweifeln. "Die Angst hat einen Platz in meinem Leben", sagt Tatjana Schnell. "Wir müssen uns darauf einlassen. Lassen wir das Leid zu, sind wir keine im Übrigen hilflosen Opfer, denn Leiden ist ein Verb. Dann tun wir bereits etwas!"
Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard nannte es die „transformative Kraft des Leidens“. Er schlägt vor, in das Leiden hineinzugehen und es zu verinnerlichen. „Das ist quasi paradox, weil es das Gegenteil von dem ist, was wir uns wünschen", sagt Schnell. "Aber die Forschung zeigt, dass dieses Hineingehen in das Leid ein guter Weg ist, um es dann tatsächlich auch loslassen zu können. Wir können Leid am besten bewältigen, wenn wir es zulassen und nicht verdrängen. Nur so ist ein realistischer Umgang möglich.“
Prof. Dr. Tatjana Schnell ist seit 2020 Professorin für Existenzielle Psychologie an der MF Specialized University in Oslo, Norwegen, und Fellow an der Humanistischen Hochschule Berlin, Deutschland. Seit über 20 Jahren erforscht sie die Frage nach dem Sinn: im Leben, in der Arbeit, in Krisenzeiten. Schnell forscht empirisch zu Themen wie Lebenssinn, Weltanschauung, gesellschaftlicher Zugehörigkeit und Entfremdung, Umgang mit Leid und Sterblichkeit und deren praktischer Bedeutung für Individuen, Organisationen, Gesellschaft und Umwelt. Mit der Sinnmacher App bieten Tatjana Schnell und ihr Team Zugänge zum Entdecken des persönlichen Lebenssinns und berichten über Entwicklungen in der internationalen Sinnforschung. Am 4. November ist Tatjana Schnell in der AK Reihe „Wissen fürs Leben“ zu Gast.
Bildung
Am Vorabend des 8. Mai sprach die deutsche Philosophin und Publizistin Natalie Knapp in der AK Reihe „Wissen fürs Leben“ über das Verzeihen. Es fällt oft schwer, hat aber ungeheure Macht. Verzeihen können ist eine Kunst. Das kann man lernen. Natalie Knapp sagt wie.
Bildung
Was werden wir morgen essen? Ernährung verändert sich. Und kaum jemand kennt die Trends so gut wie Hanni Rützler. Die gebürtige Bregenzerin mischt in der Food-Trend-Forschung weltweit ganz vorne mit. In der AK Reihe "Wissen fürs Leben" war sie zu Gast.
© 2025 AK Vorarlberg | Widnau 4, 6800 Feldkirch | +43 (0) 50 258