Arbeiter an einer Werkbank
Die Altersteilzeit wurde 2000 in Österreich ermöglicht, damit Arbeitnehmer:innen sanft in die Pension übertreten können. Jetzt soll sie einer neuen Form der Teilpension weichen. © Jibarofoto, Pexels
29.4.2025
Arbeit

Teilpension soll die Altersteilzeit ablösen: Echte Reform oder nur ein Wechsel der Kostenstelle?

Arbeit,Arbeitskultur,Gesundheit,Pension,Sozialstaat

Einen sanften Übergang von der Arbeit in die Pension – das schafft die Altersteilzeit. Die Idee stammt aus 1989. Jetzt soll sie reformiert werden, da viel zu teuer. Österreich will sie 2026 in eine Teilpension umwandeln. Wird das wirklich günstiger. Wenn ja, für wen? Und was ist mit bestehenden Vereinbarungen?

Kürzertreten bei teilweisem Lohnausgleich? Ab 1989 ging das schon in Deutschland, Österreich zog im Jahr 2000 nach. Warum tat sie das? Damals hat die österreichische Bundesregierung damit begonnen, das Pensionsantrittsalter anzuheben. Die OECD hatte kritisiert, dass Österreich europaweit beim tatsächlichen Pensionsantritt schlecht abschnitt.

  1. Die Kluft überbrücken
  2. Gegen den Pensionsschock
  3. Schrittweise Anhebung
  4. Blockmodell läuft 2029 aus
  5. Neu: Die Teilpension
  6. Nur andere Kostenstelle?
  7. Bestehendes muss auslaufen

Altersteilzeit

Wie ist die aktuelle Rechtslage? Wer kann in Altersteilzeit gehen und unter welchen Bedingungen? Die AK weiß Rat.

Allerdings führte die Anhebung des Pensionsantrittsalters nicht dazu, dass alle Arbeitnehmer:innen auch automatisch länger arbeiten konnten. Ihr Gesundheitszustand erlaubte dies oft nicht mehr. Zwischen der Hoffnung der Politik und der Wirklichkeit am Arbeitsmarkt klaffte eine weite Lücke. Das ist bis heute so. 

Die Kluft überbrücken

Die Altersteilzeit sollte die Zeit zwischen Beendigung der Vollarbeitszeit und Pensionsantritt überbrücken. Denn wenn Beschäftigte vielleicht nicht mehr Vollzeit arbeiten können, ist ihnen eine Teilzeitbeschäftigung unter Umständen doch noch möglich. Ein weiterer Vorteil: Während ältere Beschäftigte ihre Arbeitszeit verringerten, konnte ihre Firma eine ansonsten arbeitslose Person einstellen, um die freigewordenen Stunden zu übernehmen. Eine klassische Win-Win-Situation also.

Gegen den Pensionsschock

Auch den Arbeitgeber:innen war geholfen. Sie brauchten, wenn sie Personalkosten
einsparen mussten, Beschäftigte nicht zu kündigen. Da die Altersteilzeit zudem ein „Hineingleiten in die Pension“ ermöglicht, blieb den Beschäftigten der Pensionsschock erspart, den eine unvermittelte Änderung der Beschäftigung von 100 auf 0 nach sich ziehen kann. 

Der Effekt ist nicht zu unterschätzen: Nach den ersten paar Wochen im Ruhestand fallen viele Neu-Pensionist:innen in ein tiefes Loch. Nach arbeitsreichen Jahrzehnten empfinden sie die Pension als Abstellgleis. Pensionsschock und Altersdepression gehen Hand in Hand.

Schrittweise Anhebung

Anfänglich war es in Österreich möglich, dass Frauen ab 53 und Männer ab 58 Jahren die Altersteilzeit für fünf Jahre in Anspruch nehmen. Da war die Altersteilzeit noch ein Minderheitenprogramm. Dann boomte sie. 2019 nahmen 44.113 Österreicher:innen den sanften Übertritt in die Pension in Anspruch. Die ÖVP-FPÖ-Koalition hat daraufhin die Hürde für den Antritt schrittweise erhöht. Das Zugangsalter zur Altersteilzeit wurde 2019 und 2020 um je ein Jahr auf dann 55 Jahre für Frauen und 60 Jahre für Männer angehoben. Das gilt noch heute.


Altersteilzeit-Rechner der AK

Berechnen Sie hier, mit wie viel Geld Sie rechnen können, wenn Sie Ihre Arbeitszeit verringern.

Blockmodell läuft 2029 aus

Und so geht es: Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in vereinbaren, die Arbeitszeit um 40 bis 60 Prozent zu verringern. Die Hälfte der entstehenden Gehaltseinbuße gleicht der Staat per AMS-Zuschuss aus. Immer das Einverständnis des Arbeitgebers vorausgesetzt, wird so ein gleitender Übergang in die Pension geschaffen. Die Arbeitnehmer:innen verlieren dabei weder Pensionsbezüge noch Ansprüche auf Krankengeld, Abfertigung oder Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung. Die Laufzeit der Altersteilzeit ist auf fünf Jahre beschränkt, wobei die Arbeitszeit entweder kontinuierlich oder in Form eines Blockzeitmodells reduziert werden kann.

Bei „Blockmodellen“ muss die Firma spätestens mit Beginn der Freizeitphase eine Ersatzarbeitskraft eingestellt werden. Das „Blockmodell“ läuft bis 1. Jänner 2029 allerdings aus. Das hat die türkis-grünen Regierung 2023 mit Unterstützung der Neos beschlossen. Warum? Weil die geblockte Variante „in ihrem Wesen einer vorzeitigen Alterspension entspricht.“ 2024 nahmen noch 7751 Österreicher:innen dieses Modell in Anspruch.

Neu: Teilpension

Jetzt steht auch die kontinuierliche Altersteilzeit zur Debatte, in der sich im Februar 2025 bundesweit 36.310 Arbeitnehmer:innen befanden. Für heuer hat die Bundesregierung Ausgaben in der Höhe von 389,34 Millionen Euro für die Altersteilzeit vorgesehen. Nun hat sie angekündigt, die Altersteilzeit in eine „Teilpension“ umwandeln zu wollen. Sie soll so lange in Anspruch genommen werden können, „wie noch kein Pensionsanspruch besteht“. Den AMS-Vorstand freut’s, denn die Mittel kommen dann aus der Pensionsversicherung und nicht mehr aus der Arbeitslosenversicherung.



Nur andere Kostenstelle

Aber ist das neue Modell der Teilpension mehr als der reine Wechsel der Kostenstelle? Für jene, die Arbeitszeit reduzieren wollen, anstatt gleich mit Abschlägen in Pension zu gehen, soll ein Teil des Pensionskontos vorzeitig geschlossen werden können. Währenddessen arbeitet man in Teilzeit weiter und befüllt den offenen Teil des Pensionskontos mit Beiträgen. Tritt man die Pension schließlich an, sollen beide Teile des Pensionskontos fusioniert werden.

Der wesentliche Unterschied zur Altersteilzeit ist tatsächlich, dass die Finanzierung nicht mehr über die Arbeitslosenversicherung, sondern über die Pensionsversicherung laufen würde. In Anspruch nehmen können diese Teilpension alle Menschen mit Pensionsanspruch. Vieles ist dabei noch offen, vor allem wie viel damit wirklich eingespart werden kann. Dennoch soll das neue Modell 2026 starten. 

Bestehendes muss auslaufen

Und was bedeutet das für jene, die sich bereits in Altersteilzeit befinden? Es ist kaum anzunehmen, dass der Staat in bestehende Vereinbarungen eingreift. Noch immer gilt in Österreich der römische Rechtsgrundsatz „pacta sunt servanda“ – Verträge müssen erfüllt werden. Wie beim Aus für die Bildungskarenz auch, das bestehende Vereinbarungen unberührt ließ.


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