Konsum
Nahrung und Kleidung, wenn jeder Euro zählt
Die Teuerung zwingt viele zum Verzicht, doch Grundbedürfnisse wie Nahrung, Möbel und Kleidung lassen sich nicht streichen. Hier sind drei Adressen, wenn jeder Euro zählt.
Nur patschert oder pure Absicht? Eigentlich wollte die Bundesregierung mit dem Energiegutschein die Menschen angesichts der Inflation jenseits der Acht-Prozent-Marke entlasten. Aber die 150 Euro pro Haushalt können in vielen kommenden Jahresabrechnungen nicht abgezogen werden. Der Gutschein hat entweder seine EmpfängerInnen gar nicht erreicht oder die erfüllen die Bedingungen nicht. Gerade zahlreiche Bedürftige schauen so durch die Finger. Unter unzähligen Beschwerden bot ein Fall nun den Anlass für die AK Vorarlberg, den Verfassungsgerichtshof anzurufen.
AK-Konsumentenschützer Paul Rusching hat in einer armdicken Mappe die Beschwerden gesammelt, die seit Frühjahr 2022 in Sachen Energiegutschein bei ihm einlangen. Der Anstoß für den Weg zum Verfassungsgerichtshof liegt ganz oben.
Die AK-Klientin hat in besseren Zeiten mit ihrem damaligen Gatten gemeinsam ein Einfamilienhaus errichtet. Dann ging die Ehe in die Brüche. Doch man einigte sich und machte aus dem Einfamilienhaus zwei Wohnungen. In gutem Einvernehmen haben die beiden damals auf einen separaten Stromverbrauchszähler verzichtet. Jetzt kann der Ex-Mann, auf den der Hauptzähler läuft, die 150 Euro in Anspruch nehmen; sie nicht. Das ist umso ärgerlicher, als die Frau Frühpensionistin ist und Ausgleichszulage bezieht.
„Wollte die Bundesregierung nicht genau diesen Menschen unter die Arme greifen?“, fragt sich AK-Konsumentenschützer Paul Rusching, der zahlreiche ähnlich gelagerte Fälle bearbeitet. Eine Auswahl gefällig?
„Wollte die Bundesregierung nicht genau diesen Menschen unter die Arme greifen?“
Paul Rusching
AK-Konsumentenschutz
Die Unzulänglichkeiten im Energiekostenausgleichsgesetz treffen viele. „In Wohnungen, bei denen der Strom in den Betriebskosten enthalten ist, z.B. mit Subzähler der Verbrauch gemessen und verrechnet wird, schauen Menschen durch die Finger. Dies betrifft sehr häufig Haushalte, die jeden Euro zusätzlich dringend nötig haben.“
Da ist der Oberländer, der seiner 92-jährigen Mutter in seinem Haus eine Dachgeschosswohnung ausgebaut hat: Sie leben in getrennten Wohnungen, haben aber nur einen Stromzähler. Kein Subzähler, um Kosten zu sparen – das wird jetzt zum Bumerang. Oder die Brüder in einer Rheindeltagemeinde, die sich ein Mehrfamilienhaus und auch nur einen Stromzähler teilen.
Sogar Vermieter wenden sich an die AK: In einem Mehrparteienhaus vermietet ein Mann vier Wohnungen. Zwar hat jede einen separaten Stromzähler „aber die Stromrechnung geht an meine Adresse“, schreibt er und sucht vergeblich nach Wegen, um seine vier Mieter in den Genuss des Energiegutscheins zu bringen.
Die Betreiberfirma eines Heimes für betreutes Wohnen hat dasselbe Problem. Die 30 Bewohner gehen leer aus, obwohl jede Wohnung einen Subzähler hat. Denn den Gutschein erhält nur die Person, die den Stromliefervertrag hat.
Was sie alle eint, ist ihre Ohnmacht. Denn der Gesetzgeber vergaß nicht, gleich im Paragraph 1 des Energiekostenausgleichsgesetzes festzuhalten, dass kein Rechtsanspruch auf den Energiekostenausgleich besteht. Das bedeutet Rusching zufolge, „dass sich selbst jene, denen der Gutschein gemäß dem Gesetz zusteht, theoretisch gar nicht erst auf das Gesetz berufen können.“
Die Konsumenten werden stattdessen im Kreis geschickt. Die Hotline garantiert stundenlange Wartezeiten. Die Website www.energiekostenausgleich.gv.at weist keine andere Kontaktmöglichkeit auf.
Deshalb setzt die AK Vorarlberg nun große Hoffnung in die Verfassungsrichter, die gesetzlichen Bestimmungen zu bereinigen, damit wirklich auch alle Bedürftigen in den Genuss der 150 Euro kommen. So soll der AK zufolge der Passus „Auf den Energiekostenausgleich besteht kein Rechtsanspruch“, gestrichen werden und auch die Bindung an den Inhaber des Stromliefervertrags muss fallen. „Alles andere nämlich bedeutet eine Ungleichbehandlung und widerspricht dem Gleichheitsgrundsatz“, betont Rusching.
Und die Zeit drängt: Ein neuer Gutschein muss laut Ministerium bis spätestens 31. August 2022 angefordert werden. Die Frist, einen Gutschein einzulösen, endet am 31. Oktober 2022. „Wenn jemand nun das Pech hat, keinen oder eben den falschen Gutschein erhalten zu haben und es nicht gelingt, bis zum 31. August einen anzufordern, weil der Betreffende an der Hotline verzweifelt, könnte es“ Rusching zufolge „gut sein, dass er ebenfalls durch die Finger schaut. Es besteht ja kein Rechtsanspruch…“
Alle reden vom Energiesparen – die Expertinnen der AK Vorarlberg haben für dich viele wertvolle Tipps zum Thema zusammengetragen:
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