27. Oktober 2024
Bildung
"Da steht er allein im Dunkeln; droben aber winken abertausend Sterne"
Arbeit,Arbeitskultur,Bildung,Geschichte,Gesellschaft,Kultur,Mitbestimmung,Solidarität
Seit März 2022 verlosen AK und Vorarlberg Theater regelmäßig Karten für ausgewählte Stücke. Sechs Abonnent:innen haben beim AK-Gewinnspiel Plätze für „Aus seinem Leben“ von Felix Mitterer ergattert. Das Stück ist dem Sozialreformer Franz Michael Felder gewidmet und thematisiert soziale Ausgrenzung und Ungerechtigkeit.
In diesem Beitrag
Wer ist Franz Michael Felder?
Bauer, Autor, Sozialreformer, unruhiger Geist: "Da steht er allein im Dunkeln; droben aber winken abertausend Sterne, ziehen ihn ins Unendliche, und sein Wesen beginnt sich wunderbar zu weiten, dass er nicht mehr sich wünscht ins ruhelose unzufriedene Treiben der Menschen", lässt Mitterer den Franz Michael Felder über sich selber sagen. Der widerständige Bregenzerwäldar schrieb mit so viel Kraft, dass man „jeden Tag 10 Minuten Felder lesen“ sollte. Felix Mitterer hat das schon vor langem befunden. Jetzt hat der Tiroler Dramatiker den Menschen Franz Michael Felder auf die Bühne des Vorarlberger Landestheaters gebracht.
Franz Michael Felder kommt 1839 in Schoppernau zur Welt. Das Milchbauerndorf ist bettelarm. Der Bub muss dafür kämpfen, dass er die zweiklassige Volksschule besuchen darf. Eines seiner Augen verliert der Junge an einen wenig begabten Arzt. All das verhindert aber nicht einen der bemerkenswertesten Lebensentwürfe seiner Zeit.
Schon als Schüler interessiert sich Felder für alles Geschriebene. 1861 heiratet er Anna Katharina „Nanni“ Moosbrugger aus Au. Sie ist, wie Felder, sehr belesen und schreibt Gedichte. Die Beziehung schildert Felder in seinen Büchern als sehr harmonisch und liebevoll. Gemeinsam hatten die beiden fünf Kinder. Nanni starb 1868. Felder folgte ihr 1869 mit nur 29 Jahren.
Das Buch von Felix Mitterer ist im Haymon Verlag erschienen. © Haymon Verlag
Franz Michael Felder gilt als erster Sozialreformer Vorarlbergs. Der Bauer aus dem hinteren Bregenzerwald versuchte, die damals für viele Bewohner der Region schwierigen sozialen Zustände von Grund auf zu ändern und orientierte sich dabei Anregungen an Ferdinand Lassalle und an der aufkeimenden deutschen Genossenschaftsbewegung. Felders widerständige Aktivitäten stießen besonders beim Klerus auf großen Widerstand.
Um die fast uneingeschränkte ökonomische Vorherrschaft der Käsehändler zu brechen, gründete Felder die erste landwirtschaftliche Genossenschaft. Gegen Katastrophenfälle richtete er einen Viehversicherungsverein ein. „Zur Hebung der Bildung der Bauern und Handwerker gründete er in seinem Haus eine Volksbibliothek“, liest man auf der Website von Au-Schoppernau. Und weiter: „Hier traf man sich nach getaner Arbeit, las Bücher und diskutierte darüber. Um Arbeitsplätze an die Heimat zu binden, wollte er den Umwelt schädigenden Handel mit Rohholz durch die Einführung Holz verarbeitender Betriebe eindämmen. Sein genossenschaftliches Reformmodell sollte in der Folge auch auf die industriellen Bereiche Vorarlbergs übertragen werden. Zu diesem Zwecke gründet er mit Freunden die Vorarlbergsche Partei der Gleichberechtigung. Sie war die erste Partei Österreichs, die sich ausschließlich dem Wohl der arbeitenden Bevölkerung verschrieben hatte.“
Sozialkritik auch heute
Nicht nur in dem dreistündigen Theaterstück wird Sozialkritik lebendig. In unserem Gewinnspiel rund um die Eintrittskarten für das aktuelle Stück "Aus seinem Leben" fragten wir die AK-Mitglieder, wo ihnen Ungerechtigkeiten bewusst werden im Alltag. Es hagelte nur so Antworten: "Die ungleiche Bezahlung in der Pflege!" prangerte eine Wolfurterin an. Den Gender Pay Gap führte eine Feldkircherin ins Treffen und monierte, "dass die Care-Arbeit in unserer Gesellschaft wenig Beachtung und Wertschätzung erhält". "Dass jungen Menschen der Erwerb von Eigentum so schwer gemacht wird", findet eine Höchsterin ungerecht. Eine Lustenauer Großmutter beklagt, dass ihr Enkelkind sich in der Schule von manchen Mitschülern ungerecht behandelt fühlt: "Das macht mir Sorgen."
Die Liste wäre noch lang, und sie bestätigt: Wer wachen Auges durchs Leben geht, kann viele Ungerechtigkeiten gar nicht übersehen. Drei mal zwei Theaterkarten haben wir unter den Einsender:innen verlost und gratulieren herzlich!
Der Haymon Verlag schreibt: "Felix Mitterers Stücke zählen zu den meistgespielten in Österreich. Wie kaum jemand sonst versteht er es, ungewöhnliche Schicksale dramaturgisch in Szene zu setzen. Geboren 1948 in Achenkirch/Tirol, ist Mitterer seit 1978 erfolgreicher Theater- und Drehbuchautor, mitunter auch selbst Schauspieler. Sein Blick gilt oft den Außenseitern, den sozial Randständigen und jenen, die den Mut aufbringen, gegen den Strom zu schwimmen. Seit 1987 erscheinen Mitterers Stücke und Drehbücher im Haymon Verlag, einzeln sowie gesammelt in bisher fünf Bänden. Zu seinem 70. Geburtstag im Februar 2018 erschien seine Autobiographie „Mein Lebenslauf“. 2020 erscheint Felix Mitterers Roman „Keiner von euch“, für den er sich von der faszinierenden Lebensgeschichte Angelo Solimans inspirieren ließ. Für 2025 ist sein Ferdinand-Raimund-Stück „Brüderlein Fein“ geplant.
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