4.7.2025
Arbeit
Einvernehmliche Auflösung: So überzeugst du deine:n Arbeitgeber:in und vermeidest Nachteile
Arbeit,Arbeitsrecht,Beratung,Ratgeber,Wissen
Du möchtest das Arbeitsverhältnis beenden - aber ohne dir Gedanken um Kündigungsfristen zu machen, auf deine Abfertigung Alt zu verzichten oder eine Sperre beim Arbeitslosengeld zu bekommen? Dann solltest du dich um eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bemühen. Wir zeigen dir, wie du deinen Arbeitgeber davon überzeugst.
Ein Arbeitsverhältnis endet nicht immer durch eine Kündigung. In vielen Fällen kann es für beide Seiten – Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in – sinnvoll sein, das Dienstverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden. Diese sogenannte einvernehmliche Auflösung klingt unkompliziert, birgt aber rechtliche Risiken. Wir erklären dir, was gilt – und worauf du achten musst, um keine Ansprüche zu verlieren. Wichtig: Niemand kann gezwungen werden, einer einvernehmlichen Auflösung zuzustimmen.
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Was ist eine einvernehmliche Auflösung?
Und warum ist sie oft besser als eine Kündigung?
Im Gegensatz zur Kündigung – die immer einseitig erfolgt – handelt es sich bei der einvernehmlichen Auflösung um eine zweiseitige Vereinbarung, bei der sich die Arbeitsvertragsparteien darauf einigen, das bestehende Arbeitsverhältnis mit einem bestimmten Tag zu beenden. Die Entscheidung trifft man also gemeinsam. Das kann in bestimmten Fällen Vorteile bringen:
Mögliche Vorteile im Überblick:
- Flexibler Endtermin: Der Beendigungstag kann individuell vereinbart werden – ohne Bindung an gesetzliche, kollektivvertragliche oder arbeitsvertraglich vereinbarte Kündigungsfristen oder -termine.
- Weniger Konflikte: Da keine Seite einseitig kündigt, ist die Gefahr arbeitsrechtlicher Streitigkeiten geringer.
- Verhandlungsspielraum: Punkte wie Resturlaubsverbrauch, Plus- und Minusstunden, Zeitausgleich, Konkurrenzklauseln, Postensuchzeit, Dienstfreistellung, Ausbildungskostenrückersatz oder Dienstzeugnis können im Zuge der Vereinbarung konkret geregelt werden.
- Konfliktfreies Verhältnis: Bei einer professionellen Trennung geht man im Guten auseinander. Falls man in der Zukunft beruflich noch einmal aufeinander trifft, hat man damit ein entspannteres Verhältnis.
Aber: Diese Gestaltungsmöglichkeiten ersetzen keine rechtliche Absicherung. Denn mit einer Unterschrift kann man auch Ansprüche aufgeben, ohne es zu erkennen.
Diese Risiken drohen
Das kann passieren, wenn du ohne Beratung unterschreibst
Die einvernehmliche Auflösung kann schriftlich oder mündlich vereinbart werden. Rechtlich ist sie ein Vertrag, der weitreichende Folgen hat. Folgendes sollte vorab bedacht werden:
Wenn die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, zieht eine einvernehmliche Auflösung grundsätzlich keine vierwöchige Sperre beim Arbeitslosengeld nach sich. Aber Achtung: das gilt nicht für Arbeitnehmer, die in Deutschland Arbeitslosengeld beantragen.
- Keine Sperre beim AMS: Wenn die Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, zieht eine einvernehmliche Auflösung grundsätzlich keine vierwöchige Sperre beim Arbeitslosengeld nach sich. Aber Achtung: Das gilt nicht für Arbeitnehmer, die in Deutschland Arbeitslosengeld beantragen.
- Abfertigung alt/neu: Wer noch der Abfertigung alt unterliegt, der hat grundsätzlich Anspruch auf die Bezahlung der gesetzlichen Abfertigung. Wer Abfertigung neu ist, der kann mit drei Einzahlungsjahren über das Geld in der Mitarbeitervorsorgekasse verfügen.
- Kein Anspruch auf Postensuchtage: Bei einer einvernehmlichen Auflösung sieht das Gesetz keine Freizeit während der Kündigungsfrist vor. Eine allfällige Einigung auf Postensuchtage sollte daher schriftlich festgehalten werden.
- Achtung Bauarbeiter (BUAG): Wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich gelöst, dann zählen für die Abfertigung alt die Zeiten des Arbeitsverhältnisses nicht.
- Nicht ausgezahlte Entgeltbestandteile: Achte darauf, dass du keine Vereinbarung unterschreibst, mit der du auf die Auszahlung von Überstunden, Sonderzahlungen, Urlaubsersatzleistungen oder Restansprüchen verzichtest.
- Konkurrenzklauseln: Diese weiter gelten, selbst nach Auflösung – vor allem, wenn keine einvernehmliche Befreiung vertraglich festgehalten wurde.
- Ausbildungskosten: Da bei einer einvernehmlichen Auflösung grundsätzlich die Pflicht zur Rückzahlung noch offener Ausbildungskosten besteht, ist es wichtig, dass auf die Rückzahlung verzichtet wird
- Sozialversicherung: Nach Beendigung eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses in Österreich besteht unter bestimmten Voraussetzungen noch bis zu sechs Wochen lang ein Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung, auch wenn keine neue Anmeldung zur Pflichtversicherung erfolgt ist. Diese Frist nennt man Nachversicherung oder Schutzfrist. Achtung: Sie gilt nur für die Krankenversicherung (nicht für Unfall- oder Pensionsversicherung). Während dieser Zeit hast du weiterhin Anspruch auf medizinische Leistungen (z. B. Arztbesuche, Medikamente). Der Anspruch auf Krankengeld für neue Krankheitsfälle bleibt 3 Wochen lang erhalten.
- Beweisprobleme: Wird eine einvernehmliche Auflösung unter vier Augen getroffen, dann lässt sich nur mündlich Vereinbartes im Streitfall nicht beweisen. Aus Beweisgründen sollte die Auflösungsvereinbarung daher schriftlich gemacht werden - mit Unterschrift von Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in.
- Dienstfreistellung: Wirst Du von der Arbeit freigestellt, dann bist Du nicht verpflichtet, in dieser Zeit dein Urlaubs- oder Zeitguthaben zu verbrauchen. Dazu braucht es weiterhin deine Zustimmung.
Unser Rat: Lass dich nicht „überrumpeln“ und dich zu einer Zusage oder Unterschrift drängen. Berate dich unbedingt vorher mit den Arbeitsrechtsexpert:innen der AK Vorarlberg. Sie prüfen die angedachte einvernehmliche Auflösung auf ihre Vor- und Nachteile – kostenlos, vertraulich und kompetent. Sie sagen dir klar, worauf du achten musst, damit du keine Risiken eingehst und welche Alternativen es gibt
So bereitest du das Gespräch strategisch vor
Was du vor dem Gang zum:zur Chef:in tun sollstest
Wenn du eine einvernehmliche Auflösung anstrebst – oder dir eine solche vorgeschlagen wird – ist eine strukturierte Vorbereitung entscheidend. Wichtig: Es besteht kein Rechtsanspruch auf diese Form der Beendigung. Der Vorschlag muss von beiden Seiten akzeptiert werden.
Mit diesen Argumenten hast du die besten Chancen:
- Sachliche Argumente vorbereiten: Gibt es Vorteile für das Unternehmen? Etwa rasche Nachbesetzung, Einarbeitung des:der Nachfolger:in oder organisatorische Gründe?
- Reibungsloser Übergang: Biete an, offene Aufgaben zu übergeben oder neue Mitarbeitende einzuarbeiten – das zeigt Kooperationsbereitschaft.
- Klare Forderungen formulieren: Überstunden auszahlen oder als Zeitausgleich konsumieren? Resturlaub nehmen oder als Urlaubsersatzleistung ausgezahlt bekommen? Mach dir vorab Gedanken, was du möchtest und formuliere diese Forderungen klar.
- Keine finanziellen Zugeständnisse ohne Beratung: Verzichte nie auf Abfertigung alt oder andere Ansprüche, ohne dass ein:e Arbeitsrechtsexpert:in der Arbeiterkammer die Vereinbarung geprüft hat.
- Rechtliche Sonderregelungen beachten: Besteht besonderer Schutz (Schwangerschaft, Elternkarenz, Präsenz- und Zivilbedienstete, Lehrlinge), ist eine einvernehmliche Auflösung nur unter strengen Auflagen gültig.
- Gibt es in deinem Betrieb einen Betriebsrat, dann kannst du vor dem Abschluss einer einvernehmlichen Beendigung verlangen, dich mit dem Betriebsrat zu beraten.
- Zu guter Letzt: Verlange ein Dienstzeugnis.
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Einvernehmliche Auflösung prüfen lassen – kostenlos bei der AK Vorarlberg
Ob du selbst eine Auflösung anstrebst oder dir eine angeboten wird – die AK Vorarlberg ist an deiner Seite. Unsere Arbeitsrechtsexpert:innen analysieren deine individuelle Situation, prüfen alle rechtlichen Konsequenzen und helfen dir, eine fundierte Entscheidung zu treffen.
Bevor du etwas zusagst oder unterschreibst, kontaktiere uns. Denn was einmal vereinbart ist, lässt sich oft nicht mehr korrigieren.
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