Nachrechnen lohnt sich.
Aus „Pflichtbewusstsein“ oder einfach, weil sie den Work-Load nicht mehr schaffen: Viele arbeiten auch in der Freizeit. © Nataliya Vaitkevich, Pexels
1.5.2023
Arbeit

Die Arbeit ist immer und überall: Brauchen wir ein Recht auf Nichterreichbarkeit?

Aktionstage,Arbeit,Arbeitszeit,Familie,Freizeit,Gesundheit,Politik

Immer mehr Menschen sind auch in der Freizeit für die Arbeit erreichbar. Was macht das mit uns? Und welchen Ausweg gibt es aus dieser Situation?

In diesem Beitrag

Heute schon E-Mails für die Arbeit gecheckt? Eine SMS vom Chef bekommen und „pflichtbewusst“ zurückgeschrieben? Damit bist du an diesem Tag nicht alleine. Viele Arbeitnehmer:innen arbeiten, obwohl sie frei haben.

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Jede:r Dritte in der Freizeit erreichbar

Wer in seinem Job an einem Computer arbeitet, wird immer öfter vom Arbeitsplatz verfolgt. Laptop, Smartphone, Internet immer und überall: Das bringt Vorteile, gibt es Arbeitnehmer:innen doch (sofern dies mit den Arbeitgebern vereinbart wurde) die Möglichkeit des mobilen Arbeitens im Homeoffice.

Die Entwicklung bringt jedoch auch massive Nachteile zu Lasten der Arbeitnehmer:innen. Mobile Arbeitsmodelle bergen die Gefahr, dass die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt und im schlimmsten Fall aufgehoben wird. Dass dies keine Theorie ist, zeigen die Zahlen: Immer mehr Beschäftigte sind in Österreich in ihrer Freizeit erreichbar.

Eine Studie der Arbeiterkammer beschäftigte sich bereits im Jahr 2016 mit der Problematik dauernder Erreichbarkeit. Mehr als jeder dritte Beschäftigte (40 Prozent) in Österreich ist in der Freizeit für Kolleg:innen und Chefs verfügbar. Im Dienstleistungsbereich sind es gar bereits 70 Prozent. Die Anfragen und Beschwerden von AK Mitgliedern nehmen in den AK Beratungen seit Jahren zu.

Ständige Erreichbarkeit macht krank

Immer erreichbar zu sein, bleibt nicht ohne Folgen. Finanzielle Folgen, weil viele Zeiten nicht aufgezeichnet und somit nicht bezahlt werden. Und gesundheitliche Folgen. Wer ständig erreichbar ist, hat mehr Stress und grübelt mehr über die Arbeit nach. Arbeitnehmer:innen, die über lange Zeiträume ohne Erholungsphasen unter Hochdruck arbeiten, gefährden ihre Gesundheit sogar massiv. Sie riskieren Erschöpfungsdepression (Burnout), Schlafstörungen, Herz-Kreislauferkrankungen und leiden unter einem erhöhten Krebs- und Sterberisiko.

Wer zu viel arbeit, leistet weniger

Wer übermäßig viel arbeitet, ist nicht mehr leistungsfähig. Ein Forscherteam der Universität Melbourne hat untersucht, wie sich das Ausmaß der Arbeitszeit auf kognitive Fähigkeiten auswirkt. Positiv wirkten sich bis zu 30 Arbeitsstunden pro Woche aus. Beschäftigte, die 60 Stunden oder mehr arbeiteten, zeigten in Leistungstests schlechtere Resultate als Personen, die gar keiner Beschäftigung nachgingen. Lange Arbeitszeiten führen also zu einer Verschlechterung der geistigen Leistungen.

Nichterreichbarkeit als Grundrecht?

Wie kann man sich dem Druck widersetzen, auch in der Freizeit erreichbar zu sein und zu arbeiten? Dem Einzelnen fällt das besonders schwer. Viele fürchten um den Arbeitsplatz oder arbeiten „freiwillig“ in der Freizeit weiter, weil es sonst unmöglich ist, die Arbeitsmenge zu schaffen. Um der Entgrenzung von Arbeit und Freizeit zu begegnen, braucht es klare Regelungen. Ein Recht auf Nichterreichbarkeit gibt es derzeit nicht.

Aber es tut sich was. Das Europäische Parlament fordert, dass die Nichterreichbarkeit von Arbeitnehmer:innen in ihrer Freizeit europaweit gesetzlich geregelt wird. Im Jänner 2021 haben die Abgeordneten die EU-Kommission mit großer Mehrheit aufgefordert, einen Vorschlag vor­zu­le­gen, der ein Recht auf Nicht­er­reich­bar­keit ver­brieft. Wenn es nach dem Willen des Parlaments geht, soll das Recht auf Nichterreichbarkeit ein Grundrecht werden!

Mehr dazu erfährst du auf der Website des Europäischen Parlaments:

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