25.2.2025
Arbeit
All-in-Verträge: Kennst du die versteckten Risiken für Arbeitnehmer:innen?
Arbeit,Arbeitszeit,Ratgeber
Ein All-in-Vertrag lockt mit überdurchschnittlichem Lohn oder Gehalt? Achtung, oft entpuppt sich der vermeintliche Vorteil als Nachteil. Warum All-in riskant sein kann, erfährst du hier.
Was sind All-in-Verträge?
Ein All-in-Vertrag ist eine spezielle Form des Arbeitsvertrags, bei dem das vereinbarte Gehalt nicht nur das Grundgehalt, sondern auch andere zusätzliche Entgeltbestandteile abdeckt – darunter könnten z.B. Überstunden, Zuschläge oder Reisezeiten fallen. Auf den ersten Blick wirkt das verlockend: Ein festes, meist überdurchschnittliches Gehalt, das alles umfasst. Doch was oft als Vorteil dargestellt wird, entpuppt sich für dich nicht selten als Falle.
Sind zum Beispiel von einer All-in-Vereinbarung Überstunden abgedeckt, bedeutet das nicht, dass der Arbeitgeber unbegrenzte Arbeitsleistung von dir einfordern darf. Die maximale gesetzliche Arbeitszeit bleibt bestehen, und auch der Mindestlohn des jeweiligen Kollektivvertrags muss eingehalten werden. Doch in der Praxis werden diese Regelungen oft nicht ausreichend überwacht.
Warum sind All-in-Verträge problematisch?
Fehlende Transparenz bei der Gehaltsstruktur
Viele Arbeitnehmer:innen glauben, „angemessen“ verhandelt zu haben, ohne zu wissen, wie viel Arbeitszeit tatsächlich in ihrem Lohn bzw. Gehalt abgedeckt ist. Oft bleibt unklar, wie viele Überstunden tatsächlich im Pauschalbetrag enthalten sind und ob der effektive Stundenlohn nicht unter dem kollektivvertraglichen Mindestlohn liegt.
Ein Beispiel: Eine Arbeiterin mit einem All-in-Vertrag, deren effektive Arbeitszeit durch Überstunden auf 60 Stunden pro Woche ansteigt, könnte einen Stundenlohn verdienen, der nahe am Mindestentgelt liegt und weit entfernt ist von dem, was sie sich vorgestellt hat.
Rutscht das Stundenentgelt gar unter den Mindestlohn des Kollektivvertrags, können Arbeitnehmer:innen Nachzahlungen fordern.
Verpflichtung zu Mehrarbeit?
Wenn Arbeitgeber glauben, dass Arbeitnehmer:innen mit All-in-Verträgen verpflichtet sind, zusätzliche Arbeitsstunden zu leisten, ohne sie ablehnen zu können, liegen sie falsch. Arbeitnehmer:innen haben die Möglichkeit, Mehrarbeit aus wichtigen Gründen abzulehnen – etwa um Kinder zu betreuen – doch die Hürden, die Ablehnung auch auszusprechen, sind für viele hoch. Dies setzt unter Druck und kann zu gesundheitlichen Belastungen führen.
Gefahr der Selbstausbeutung
All-in-Verträge führen häufig dazu, dass du weit mehr arbeitest, als dir bewusst ist. Durch den Druck, eine hohe Arbeitsleistung zu erbringen, und fehlende Transparenz über die Abgeltung entsteht ein Teufelskreis aus Überarbeitung und finanzieller Benachteiligung.
Arbeitszeit und Ruhepausen
All-in-Verträge führen oft zur Überarbeitung – weißt du, was gesetzlich erlaubt ist?
Der Kern des Problems: Überstundenregelung und Deckungsprüfung
Überstundenregelung: Wie viel Arbeit ist wirklich abgegolten?
Ein großes Problem bei All-in-Verträgen ist die fehlende Klarheit darüber, wie viele Überstunden im Lohn bzw. im Gehalt enthalten sind. Oft wird nicht transparent kommuniziert, wie viele Stunden tatsächlich vom gedeckt sind.
Beispielsweise könnte ein Vertrag 20 Überstunden pro Monat abdecken. Leistest du jedoch 40 Überstunden, müssten die zusätzlichen 20 Stunden bezahlt werden. Aber Achtung: Berechnet wird der Durchschnitt, das heißt: Wenn du in einem Monat 40 Überstunden machst und im nächsten Monat überhaupt keine, ist das zulässig.
Deckungsprüfung: Eine Pflicht des Arbeitgebers
Nach dem Gesetz muss der Arbeitgeber einmal im Jahr prüfen, ob die All-in-Entlohnung alle geleisteten Arbeitsstunden inklusive Überstunden abdeckt. Ist dies nicht der Fall, sind Nachzahlungen fällig. Doch viele Arbeitgeber versäumen diese Berechnungen, wodurch du benachteiligt wirst.
Das Beispiel von Nina M. zeigt, wie gravierend diese Nachlässigkeit sein kann:
Ein Beispiel aus der Praxis: Nina M. und die versteckte Unterbezahlung
Nina M. arbeitet seit Jahren im Außendienst und verdient in ihren Augen auf den ersten Blick überdurchschnittlich gut. Ihr Vertrag enthält eine All-in-Klausel, die Überstunden und Reisezeiten pauschal abdeckt. Doch als sie ihre Arbeitszeiten genauer überprüft, stellt sich heraus: Ihr effektiver Stundenlohn liegt unter dem kollektivvertraglichen Mindestgehalt.
Das Versäumnis: Ninas Arbeitgeber hätte jährlich eine Deckungsprüfung durchführen müssen, um sicherzustellen, dass ihre geleisteten Stunden abgedeckt sind. Dies ist jedoch nicht geschehen. Erst nach einer Beratung durch die AK Vorarlberg erfährt Nina von ihrem Recht auf Nachzahlung – ein Anspruch, den viele Arbeitnehmer:innen nie geltend machen.
Deine Rechte bei All-in-Verträgen
Mindestlohn und Arbeitszeitgesetze
Auch bei All-in-Verträgen gelten gesetzliche Arbeitszeitgrenzen und kollektivvertragliche Mindestlöhne. Du darfst weder unbegrenzt zur Mehrarbeit verpflichtet werden noch darfst du finanziell schlechter gestellt sein als Arbeitnehmer:innen ohne All-in-Vertrag.
Eigene Arbeitszeitaufzeichnungen führen
Ein weiterer wichtiger Tipp für alle mit All-in-Verträgen: Deckungsprüfung einfordern. Führe eigene Arbeitszeitaufzeichnungen und vergleiche diese regelmäßig mit den Angaben des Arbeitgebers. Nur so kannst du sicherstellen, dass deine Ansprüche korrekt berechnet werden.
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Vertrag kritisch prüfen lassen
Bevor du einen All-in-Vertrag unterschreibst, solltest du diesen von unseren AK Expert:innen prüfen lassen. Insbesondere Klarheit darüber, was im Grundgehalt abgedeckt ist (Überstunden, Zulagen, Aufwandsersätze, etc.) ist wichtig, um spätere Benachteiligungen zu vermeiden.
Lass dich beraten
All-in-Verträge können viele Fallstricke enthalten, die auf den ersten Blick nicht erkennbar sind. Lass dich von unseren AK Expert:innen beraten, um sicherzustellen, dass deine Rechte gewahrt bleiben.
Andere Arten von Arbeitsverträgen: Lerne die Alternativen zu All-in kennen.
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