Nein zu Diskriminierung am Arbeitsplatz
Nein zu Diskriminierung am Arbeitsplatz © fizkes, Adobe Stock
15. September 2022
Arbeit

Diskriminierung am Arbeitsplatz: So nicht!

Arbeit,Gleichbehandlung,Ratgeber,Solidarität

Hinterherpfeifen beim Vorbeigehen? Spöttische Witze über die ethnische Herkunft? Ungleicher Lohn für gleiche Arbeit? Falls dir das bekannt vorkommt, bist du nicht alleine. Diskriminierung in der Arbeitswelt erlebt fast die Hälfte aller Österreicher:innen.

Der erste Schritt zur Problemlösung ist Bewusstsein zu schaffen – dazu bieten wir dir hier einen Überblick über die verschiedenen Formen mit typischen Beispielen aus der Praxis.

Inhalt

Was bedeutet Diskriminierung?

In Fällen von Diskriminierung spricht man kurz und knapp von einer Ungleichbehandlung oder Belästigung, die auf bestimmten Diskriminierungsgründen basiert. Diese Gründe sind im Gleichbehandlungsgesetz (GlBG) verankert, allerdings sind sie nur für die Arbeitswelt bestimmt. Unter diesen Gründen fallen u.a.:

  • Geschlecht
  • Ethnische Zugehörigkeit
  • Religion oder Weltanschauung
  • Sexuelle Orientierung
  • Behinderung
  •  Alter

Menschen mit Behinderungen werden dabei vom Gesetzgeber über das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) besonders vor Diskriminierung geschützt.

Theaterstück zum Thema

Übrigens: Auch in der Schaffarei dreht sich vom 19. bis 21. September 2022 alles ums Thema Diskriminierung. Das Kurzdrama „Please smile!“ hinterfragt Ungleichbehandlung aus der Perspektive einer Betroffenen auf Arbeitssuche. Der Eintritt ist frei.

Diese Formen von Diskriminierung gibt es

Jede Form von Diskriminierung ist unerträglich. Allerdings wird rechtlich zwischen verschiedenen Arten unterschieden, da sie im Rechtsstreit unterschiedlich behandelt werden. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass eine Form weniger schlimm ist als eine andere. Damit du diese Formen schnell zuordnen kannst, listen wir sie hier übersichtlich auf – mit Beispielen, wie sie am Arbeitsplatz aussehen könnten.

Unterscheidung Unmittelbar / mittelbar

Diese Unterscheidung kannst du dir wie eine „direkte/ indirekte“ Unterteilung vorstellen. Das heißt, bei der unmittelbaren Diskriminierung erfährt eine Person eine weniger günstige Situation, die auf einer direkten Ungleichbehandlung gegen sie basiert – und diese Ungleichbehandlung basiert wiederum auf den oben genannten Diskriminierungsgründen.

Beispiel 1: Eine Firma gibt auf die Bewerbung einer Frau auf eine Position im Außendienst an, im Außendienst grundsätzlich keine Frauen zu beschäftigen.

Bei der mittelbaren Diskriminierung werden Menschen einer bestimmten Gruppe durch eine scheinbar neutrale Regel besonders benachteiligt. Also werden sie nicht direkt, sondern indirekt durch die erzeugten Umstände diskriminiert.  

Beispiel 2: Wenn Teilzeitbeschäftigte schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte, liegt meist eine mittelbare Diskriminierung an Frauen vor, da weitaus mehr Frauen als Männer teilzeitbeschäftigt sind. 

Beispiel 3: Im Zusammenhang mit einer Behinderung kann eine sachlich ungerechtfertigte Barriere eine mittelbare Diskriminierung darstellen.

Es wird also nicht gezielt eine Gruppe benachteiligt, aber das erzeugte Umfeld benachteiligt diese Gruppe enorm, weil sie davon am meisten betroffen ist. Eine Ausnahme kann bestehen, wenn die Benachteiligung sachlich gerechtfertigt wird. Somit entsteht eine rechtlich zulässige Ungleichbehandlung – eine Erklärung und Beispiele findest du unter Punkt 3. 

Gleichbehandlung in der Arbeitswelt

Überblick über das Gleichbehandlungsgesetz und die wichtigsten Bestimmungen rund um die Antidiskriminierung in der Arbeitswelt.

Diskriminierung durch Assoziierung

In dieser Form geht es um die Benachteiligung von Menschen, die ein Naheverhältnis zu Personen mit den in Punkt 1 genannten geschützten Merkmalen pflegen. Ein Naheverhältnis ist in diesem Kontext weitreichend. Darunter fallen etwa Bekanntschaften, Freundschaften, persönliche Beziehungen etc. 

Beispiel: Nach dem Coming-out eines Homosexuellen wird dieser nicht mehr zu Betriebsfeiern eingeladen. Wird wahrgenommen, dass Personen Pausen mit ihm verbringen, bekommen diese seitens der Kolleg:innen auch keine Einladungen mehr.

Benachteiligung bei Aus-, Weiterbildungen und Beförderungen

Bei Diskriminierungen dieser Art spielt der Zugang zur Bildung bzw. der Beförderung die kritische Rolle. Dabei wird den betroffenen Personen der Zugang zu Aus- oder Weiterbildungen unangemessen erschwert oder gar nicht erst ermöglicht. Ähnlich sieht es bei Beförderungen aus, bei denen die Betroffenen nicht einmal in Betracht genommen werden. 

Beispiel 1: Teilzeitbeschäftigte dürfen zwar an innerbetrieblichen Weiterbildungen teilnehmen, im Gegensatz zu Vollzeitbeschäftigten aber nur in ihrer Freizeit.

Beispiel 2: Angehörige muslimischen Glaubens werden nicht in Führungspositionen befördert, „weil die Gesellschaft noch nicht dafür bereit ist“.

Benachteiligung bei Beendigungen

Diese Art von Diskriminierung findet bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses statt – wieder basierend auf den Diskriminierungsgründen. Leicht erkennbar sind solche Benachteiligungen bei Kündigungen von Frauen aufgrund ihrer Schwangerschaft. 

Ein weiteres Beispiel ist das vorzeitige Ersetzen von älteren Arbeitskräften gegen jüngere. Natürlich wird auch von Diskriminierung gesprochen, wenn man sich als Reaktion gegen eine zuvor vorgefallene Diskriminierung verteidigt hat und anschließend aufgrund dessen gekündigt wurde. 

Benachteiligungen bei Entgelten

Man spricht auch von Diskriminierung, wenn gleich qualifizierte Arbeiternehmer:innen für die gleiche Arbeit ungleich entlohnt werden. Es gilt „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“! 

Beispiel 1: Eine Position, die von einem Mann besetzt war, wird nachbesetzt. Die Frau erhält ein geringeres Entgelt, obwohl sie gleich qualifiziert ist und genauso lange im Betrieb arbeitete wie der vorher beschäftigte Mann.

Beispiel 2: Eine behinderte Frau soll kollektivvertraglich schlechter eingestuft werden, weil sie „aufgrund ihrer Behinderung weniger leiste“.

Belästigung

Im Gesetzestext wird unter Belästigung jedes Verhalten verstanden, das auf den Diskriminierungsgründen basierend die Würde der betroffenen Person beeinträchtigt oder darauf abzielt und gleichzeitig eine feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt erzeugt oder darauf abzielt. Darunter fallen v.a. herabwürdigende oder verspottende Witze/Bemerkungen, die auf die Abwertung der sozialen Wertschätzung zielen.

Die noch entwürdigendere Form ist die sexuelle Belästigung. Sie wird im Gesetzestext separat behandelt und unterscheidet sich v.a. im Verhalten. Das anstößige Verhalten wird hier einer sexuellen Sphäre zugeordnet, die Absicht bleibt grundsätzlich die gleiche wie in der nicht sexuellen Belästigung. Unter sexueller Belästigung verstehen sich u.a. unerwünschte E-Mails, anstößige Witze/Bemerkungen und geschlechtliche Handlungen.

Für alle Arten der Belästigung gilt auch die Strafbarkeit des Arbeitgebers bei schuldhafter Unterlassung, angemessene Abhilfe zu schaffen! Zudem gilt auch die Anweisung zur (sexuellen) Belästigung als Diskriminierung.

Mehrfachdiskriminierung

Die beschriebenen Formen von Diskriminierung schließen sich nicht einander aus. Oft fließen sie ineinander und erzeugen somit eine Mehrfachdiskriminierung. Bei der Bemessung einer Entschädigung im Rechtsstreit ist dabei immer auf eine Gesamtbetrachtung allfälliger Mehrfachdiskriminierung zu achten. 

Rechtlich zulässige Ungleichbehandlung

Eine zulässige Ungleichbehandlung scheint aufs Erste nur schwer zu verstehen. Allerdings kann je nach Art eine sachlich gerechtfertigte „Diskriminierung“ dem GlBG Vorrang gewährt werden. Dies wird jedoch in zwei Schritten geprüft: 

Erstens muss der Zweck für die Ungleichbehandlung wichtig genug sein, ein rein wirtschaftliches Vorhaben genügt nicht. Zweitens wird überprüft, ob die Ungleichbehandlung angemessen ist, also ob es für den Zweck nicht weniger diskriminierende Ansätze gibt. 

Beispiele für zulässige Ungleichbehandlungen sind:

  •  Mehr Bezahlung für Arbeitnehmer:innen, die länger im Unternehmen tätig sind,
  •  Regelungen zur Förderung von Jugendlichen oder älteren Arbeitnehmer:innen.

Allerdings spielt hier die Art eine wichtige Rolle. Es wird nicht in jedem einzelnen Unternehmen geprüft, ob ein Gehaltsunterschied nach gestaffelten Beschäftigungsjahren zulässig ist. In Fällen von Diskriminierung aufgrund von Behinderung wird jedoch sehr wohl jeder Einzelfall geprüft. 

Last but not least gibt es „positive Maßnahmen“, die wie Diskriminierungen scheinen, aber dazu dienen, tatsächlich bestehende Ungleichheiten zu beseitigen. Beispiele dafür sind etwa Frauenförderungspläne oder Diversity-Maßnahmen. Solche Maßnahmen werden nach dem GlBG ausdrücklich nicht als Diskriminierung angesehen. 

Hilfe bei Diskriminierung: What to do?

Du hast das Gefühl, diese Fälle bereits in deinem Arbeitsumfeld beobachtet zu haben oder gar selbst zu erleben? Sprich mit jemandem in deinem Umfeld darüber, dem du vertraust! Melde dich bei uns, wenn du einen Rat brauchst und sollte es zu einem Verfahren beim Arbeits- und Sozialgericht kommen, kannst du auch Rechtsschutz über uns oder über die Gewerkschaft bekommen!

Anlaufstellen für Beratungen:

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Autor:in: Anna Hatt

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