15. November 2021
Soziales
„Wenn du spürst, jetzt hast du sie erreicht!“
Arbeit,Pflege,Portrait
Seit einem Jahr lässt sich die 43-jährige Hohenemserin Judith Peter über die Implacement-Stiftung der Connexia zur Fach-Sozialbetreuerin für Altenarbeit ausbilden.
Inhaltsverzeichnis
Mit 43 noch die Schulbank drücken? Ja, geht denn das? „Ich hab vor meiner ersten Prüfung, glaub ich, gar nicht geschlafen“, gesteht Judith Peter. „Aber recht viele in meinem Alter“ drücken mit ihr die Schulbank in der Bregenzer Schule für Sozialbetreuungsberufe. „Unsere Lehrer sind sehr sozial.“ Ihre Angst, nicht mehr ins Lernen zu kommen, erwies sich als unbegründet. In Anatomie heimste sie gleich einen Einser ein. „Das motiviert schon sehr.“
Die Arbeit im Team im Lustenauer Schützengarten erfährt Judith Peter als sehr bereichernd. „Wieder ins Lernen kommen“ war viel leichter, als Judith Peter anfangs befürchtet hat. © AK Vorarlberg, Jürgen Gorbach
Tage und Nächte gehen kaputt
Es ist noch gar nicht lange her, da hat Judith Peter als Kellnerin gearbeitet. 20 Jahre lang hat sie Gäste bedient. Eigentlich fand sie ihren Job „eh cool“. Aber familienfreundlich ist er nicht. „Die Nächte und Tage gehen kaputt.“ Kinder hat Judith Peter keine. Ihr Ehemann starb vor zwei Jahren. Da hatte sie schon ins Landeskrankenhaus gewechselt. Im Stockdienst lernte sie eine ganz andere Welt kennen, der sie nun professionell begegnen will. Warum? „Weil es so bereichernd ist!“
Von der Implacementstiftung der Connexia hat sie im Facebook erfahren. Ein Email und ein Telefonat mit Reingard Fessler später entschloss sich Judith, es einfach zu probieren. Seit einem Jahr nun wird sie praktisch im Lustenauer Seniorenheim Schützengarten und in der Theorie in Bregenz ausgebildet.
Im Fokus: Alarmstufe Rot in der Pflege
Ganz schön herausfordernd
Dass ihr neuer Weg „körperlich, psychisch und geistig sehr herausfordernd wird“, war Judith Peter „immer bewusst“. Aber die 43-jährige Hohenemserin empfindet es auch als „Ehre, in die Welten der Bewohner einsteigen zu dürfen und ihr Vertrauen geschenkt zu bekommen“. Klar: Da sind „diese enorm vielen Dokumentationen, um jeden Schritt abzusichern“, die Zeitfenster, an die sie sich halten muss. „Aber dann gibt es diese wunderbaren Momente, wenn gesungen, gelacht, getanzt, gescherzt wird und wenn dir jemand sein Herz ausschüttet.“ Kurzum Momente, „die mit Worten nicht zu beschreiben sind, aber so tief gehen, dass sie dich immer wieder spüren lassen: Was für eine wunderbare Arbeit!“
Ihr Beruf macht Judith Peter (Er)lebenshungrig. Denn täglich erfährt sie, wie wichtig Biografie-Arbeit ist und somit auch, dass im Alter die Vergangenheit ganz viel dazu beiträgt, wie es uns geht. Es sieht ganz so aus, als werde sie sich auf die Pflege dementer Patienten spezialisieren. Aber zählt das nicht zum Schwersten überhaupt?
Seit einem Jahr nun wird Judith Peter praktisch im Lustenauer Seniorenheim Schützengarten und in der Theorie in Bregenz ausgebildet. © AK Vorarlberg, Jürgen Gorbach
Was nehmen wir mit?
„Demenz ist mein Thema geworden, weil ich hier auch sehr viel über mich selbst lerne“, gibt sie zur Antwort. „Denn was nehmen wir mit, wenn wir alles verlieren?“ Nun, die Liebe, aber auch Wut und Traurigkeit. Und was Judith Peter besonders fasziniert: „Auch den Humor.“ Sie sagt: „Es ist das ICH, das in der Demenz bleibt. Und hier gibt es großartige ICHs, die ich erfahren und betreuen darf und zu denen ich durch Biografie-Arbeit, Musik, Gebete, Berührungen und so berührend tiefe, innige Augenkontakte finden darf. Wenn Du spürst, jetzt hast Du sie erreicht“, das zählt für Judith Peter zu den schönsten Augenblicken in ihrem neuen Beruf. Tatsächlich hat die Arbeit in der Pflege ihre Prioritäten im Leben verändert: „Ich kann heute auch mal etwas einfach gut sein lassen kann.“
Weiterführende Links
Du möchtest in die Pflege wechseln? Wir haben #FÜRDICH zahlreiche nützliche Infos zum Thema Pflege auf unserer Website. Wenn du dich für die Ausbildung im Betreuungs- und Pflegebereich interessierst: Bei der Connexia kannst du dich unverbindlich und kostenlos beraten und begleiten lassen.
Schon abonniert?
Hol dir den AK-Newsletter in die Inbox, jeden Montag neu.
DAS KÖNNTE dich AUCH INTERESSIEREN
3.12.2023
Bildung
Leben heißt lernen
Die Arbeitswelt steht vor einer Revolution. Automatisierung und künstliche Intelligenz werden keinen Stein auf dem anderen lassen. Wir werden Neues lernen, und Altes verlernen müssen. Die gute Nachricht: Beides liegt in unserer menschlichen Natur.
8. November 2021
Soziales
„Die Pflege erfüllt mich total“
Andrea Gabriel ist der lebende Beweis dafür, dass man sich auch mit 47 Jahren noch völlig neu orientieren kann. Sie hat in sich schlummernde Qualitäten entdeckt: Die ehemalige Lastwagenfahrerin sattelt gerade in die Pflege um.
18. Oktober 2021
Soziales
AK-Zukunftsdialog zur Pflege
AK und Landeskrankenhäuser baten Menschen aus unterschiedlichsten Gesundheitsberufen darum, gemeinsam über die Zukunft der Pflege nachzudenken. Sie legten sich einen Tag lang mächtig ins Zeug, denn sie sind allesamt stolz auf ihren Beruf und wollen sich das durch Personalmangel und Überlastungen nicht nehmen lassen.