Extreme Preisschwankungen an den Märkten, Verwirrung bei den Kunden: Die vergangenen beiden Jahre waren alles andere als ruhig, bedauert Landesrat Daniel Zadra und begrüßt den neuen Vorarlberger Biomasse-Nahwärmeindex als weiteren Schritt in Richtung Preistransparenz. Eine Kommission wird die Branche beobachten und bei Bedarf einschreiten.
Pellets sind mit Blick auf den Winter ein begehrtes Gut. Die AK wittert hinter den explodierenden Kosten Preistreiberei und fordert die Energieministerin auf, Transparenz zu schaffen. © Ilg, Biomassehof Ilg
3. August 2022
Konsum

Teuerung: Pellets sind das neue Klopapier

Bauen & Wohnen,Energie,Teuerung,Vorarlberg

Der Pelletspreis ist im Juli in Österreich um 20 Prozent im Monatsabstand gestiegen und hat sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Dass Konsumenten Pellets horten, verlängert die Lieferzeiten. Dass die Ware knapp wird, verschulde der Krieg, sagt die Branche. Oder ist es Preistreiberei?

Die AK verlangt Transparenz. Denn schon wittern Betrüger fette Beute und bieten das ersehnte Heizmaterial „unheimlich günstig“ im Internet an. Da ist höchste Vorsicht geboten!

 In diesem Beitrag

Die einen wollen nur raus aus Gas. Sie suchen verzweifelt einen Installateur („total ausgebucht“), würden nur zu gern eine Pelletheizung kaufen („allenfalls nächstes Jahr“), damit sie möglichst schon Anfang Winter warme Abende gesichert haben („Na, Sie haben Illusionen!“) 

Die anderen besitzen längst eine Pelletheizung. Sie dämmert ihrem neuerlichen Einsatz entgegen. Wochenlang haben die BesitzerInnen auf den Brennstoff warten müssen. Jetzt entfalten sie mit staunenden Kinderaugen die Rechnung, während der Lieferant durch einen Schlauch die kostbare Masse in den Keller pumpt. 440,30 Euro blättern sie derzeit pro Tonne hin. Lose Pellets kosteten im Juli 44 Cent pro Kilogramm. Gegenüber Juni sind die Preise um 19,9 Prozent angestiegen. Mit Stand Juli 2022 haben sich die Preise um gut 97 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht – also nahezu verdoppelt. Aber warum eigentlich? 

Pelletspreise in Vorarlberg
Pelletspreise in Vorarlberg © pelletshome.com (Screenshot)

Ist der Krieg an allem schuld?

Die Branche hat rasch eine Antwort gefunden. Produktionskosten und Nachfrage hätten die Preise steigen lassen. Der vermehrte Einsatz von Pellets in Kraftwerken sowie der Ausfall der Lieferungen aus Russland, Belarus und der Ukraine nach Europa hätten die Preise nach oben getrieben. 

Pellets sind ein Nebenprodukt der Sägeindustrie. Die Basis sind Säge- und Hobelspäne. So wie die Preise für Holz in die Höhe schossen, haben sich auch die Sägespäne verteuert. Brennholz kostet heute in Vorarlberg 25 Prozent mehr als vor einem Jahr. Aber „ist wirklich der Krieg in der Ukraine die Ursache?“, fragt sich nicht nur der grüne NR Harald Walser, „oder sind es eventuell auch skrupellos Geschäftemacher, die die jetzige Situation ausnutzen?“ Die Berliner Börse hat nicht zufällig die Inflation durch den Begriff der „Gierflation“ ersetzt. Denn fehlende Holz- oder Pelletsimporte aus der Ukraine oder Russland können wohl kaum der Grund sein für die Verteuerung. Die AK fordert deshalb vehement, dass Energieministerin Leonore Gewessler die Pelletspreise ähnlich dem Strom- und Gastarifkalkulator der E-Control veröffentlicht, um nachhaltig für Transparenz, Wettbewerb und faire Preise zu sorgen. 

Neun neue Werke

Aber zurück zu den kleinen Presslingen, die inzwischen beinah so leidenschaftlich gehortet werden wie das Toilettenpapier eingangs der Corona-Pandemie. Starke Preissteigerungen bei Sägespänen also, bei den Stromkosten, sowie bei Ersatzteilen und Transportkosten führt Christian Rakos, Geschäftsführer von proPellets Austria, ins Treffen.

Weil zahlreiche Haushalte aufgrund des Kriegs in der Ukraine und Russlands Drohung, den Gashahn zuzudrehen, so rasch wie möglich auf Pelletheizungen umstellen wollen, erwartet die Branche für heuer einen Mehrbedarf von 2,5 Millionen Tonnen. Noch heuer gehen in Oberösterreich, der Steiermark, Kärnten und Tirol insgesamt neun neue Pelletierwerke in Betrieb, um den gestiegenen Bedarf zu decken. 

Import – Export

Und um die Nachfrage im Ausland abzudecken und damit gutes Geld zu verdienen: Schließlich hat die heimische Pellets-Branche im Vorjahr 873.688 Tonnen Pellets exportiert, 87 Prozent davon gingen nach Italien. Im Gegenzug kamen 411.799 Tonnen als Importe über die Grenze, 40 Prozent davon aus Tschechien, 29 Prozent aus Rumänien und 27 Prozent aus Deutschland.

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Betrüger am Werk

Die explodierende Nachfrage wird heuer nicht nur rund 20.000 neue Heizanlagen in Österreich verschulden. Sie ruft auch Betrüger auf den Plan. Vor wenigen Tagen stellte die Finanzwache im Südtirol 156 Tonnen minderwertiger Holzpellets sicher. In einer größeren Aktion wurden in ganz Italien 5000 Tonnen Holzpellets beschlagnahmt und 52 Hersteller angezeigt. Die importierte als auch in Italien produzierte Ware entsprachen nicht den Vorschriften. Ihr Holzbrennwert entsprach in keiner Weise den handelsüblichen Pellets, ihr Preis freilich schon…

Fake-Shops im Internet

Im Internet boomen längst Fake-Shops für Brennholz, Pellets, Photovoltaik-Anlagen und Öfen, die aus den Nöten der Menschen Profit schlagen. Der betrügerische Shop wibois.com – inzwischen offline – gab sich besonders viel Mühe, um Konsumentengeld zu stehlen. Neben professionell gestalteten Werbeanzeigen auf Social Media versendeten die Kriminellen Bestellbestätigung und Überweisungsaufforderung auf WhatsApp. Das schuf  Vertrauen und vermittelte das Gefühl von Erreichbarkeit. Aber die ersehnten Pellets wurden nie geliefert, stattdessen tauchten plötzlich Zollgebühren u.ä. auf, bis die Geduld und/oder der Geldbeutel der Kundschaft erschöpft war.

Wie erkenne ich unseriöse Anbieter?

  1. am Preis: Fake-Angebote sind deutlich günstiger als in anderen Shops – das mahnt zur Vorsicht. Hinter aberwitzigen Preisen verstecken sich meistens Lockangebote!
  2. an Bewertungen: Wer auf unglaublich günstige Angebote stößt, sollte im Internet nach Erfahrungsberichten und Bewertungen suchen.
  3. an den Zahlungsmodalitäten: Finger weg, wenn Sie nur per Vorkasse zahlen können! Fake-Shops behaupten sehr oft, dass unterschiedliche Zahlungsmöglichkeiten verfügbar sind. Bei der Zahlung wird dann aber nur Vorkasse geboten – ein typisches Vorgehen bei Fake-Shops!
  4. am Impressum: Suchen Sie auf der Website des Anbieters das Impressum. Was steht dort? Gibt es keines , dann ist das Angebot Fake. Ansonsten sollten Sie die Informationen genau prüfen. Gut gemachte Fake-Shops fälschen nämlich Firmendaten. Recherchieren Sie: Existiert die Firma tatsächlich? Was befindet sich an der angegebenen Adresse? Bei Unternehmen aus Deutschland können Sie unter handelsregister.de danach suchen und herausfinden, ob die Nummer existiert oder ob sie zu einem anderen Unternehmen gehört. Österreichische Firmendaten können Sie im Firmen A-Z der Wirtschaftskammer überprüfen.

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