Illustration eines Teams. Drei Personen sitzen an einem Tisch.
Gegen toxische Chefs und permanente leere Versprechen hilft nur eines: Kenne deine Rechte und setze sie mit den AK Expert:innen durch, die für dich einstehen, wenn es schwierig wird. © AK Vorarlberg
26.11.2025
Arbeit

Toxische Arbeitgeber-Sprüche entlarvt: Das sind arbeitsrechtliche Red Flags

Arbeitsrecht,Familie,Gesundheit,Lohn

Toxische Arbeitgeber verstecken sich oft hinter schönen Worten. Erfahre, welche Sprüche Warnsignale sind und wie die AK Vorarlberg dich bei arbeitsrechtlichen Problemen unterstützt.

„Wir sind wie eine Familie!" – „Bei uns zählt die Leidenschaft, nicht das Gehalt!" – Solche Sätze hörst du vielleicht im Bewerbungsgespräch oder im Arbeitsalltag. Sie klingen erst mal gut, oder? Doch was steckt wirklich dahinter? Oft verbergen sich hinter wohlklingenden Phrasen problematische Arbeitsstrukturen, die mit dem österreichischen Arbeitsrecht nicht vereinbar sind.

In diesem Ratgeber zeigen wir dir, welche toxischen Arbeitgeber-Sprüche du als Warnsignale erkennen solltest und wann es Zeit ist, dir arbeitsrechtliche Unterstützung zu holen.

1. »Wir sind eine große Familie – bei uns gibt es keine Hierarchien.«
2. »Bei uns geht es nicht ums Geld, sondern um die Leidenschaft.«
3. »Bei Krankheit arbeitest du einfach im Homeoffice – wir sind flexibel.«
4. »Wir suchen jemanden, der flexibel ist und gut mit Stress umgehen kann.«
5. Das kannst du dagegen unternehmen
6. Kostenlose Beratung

Überschrift: Wir sind eine Familie


Wir sind eine große Familie – bei uns gibt es keine Hierarchien

Das klingt zunächst positiv. Ein wertschätzendes Miteinander auf Augenhöhe, flache Strukturen und offene Kommunikation – genau das, was du dir von einem modernen Arbeitgeber wünschst. Doch Vorsicht ist geboten, denn hinter dem Familien-Vergleich versteckt sich häufig eine problematische Realität.

Wenn dein Arbeitgeber von Familie spricht, bedeutet das oft, dass es keine klaren Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten gibt. Professionelle Führungsstrukturen fehlen komplett. Das Problem daran ist, dass Erfolge gerne als Teamleistung verkauft werden, während Misserfolge plötzlich sehr individuell zugeordnet werden können. Und wenn du versuchst, Kritik zu äußern oder Konflikte anzusprechen? Das gilt schnell als illoyal gegenüber der Familie und stört die vermeintliche Harmonie.

Dabei ist die Sache eigentlich ganz klar: Arbeitsverhältnisse sind Rechtsverhältnisse, keine Familienbeziehungen. Du hast Anspruch auf klare Aufgabenbeschreibungen und Verantwortungsbereiche. Du brauchst professionelle Führung und konstruktives Feedback. Und du hast selbstverständlich das Recht, Probleme anzusprechen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Professionelle Grenzen zwischen Privatleben und Beruf sind nicht verhandelbar, sondern notwendig für ein gesundes Arbeitsverhältnis.

Überschrift: Es geht nicht ums Geld


Bei uns geht es nicht ums Geld, sondern um die Leidenschaft

Sinnstiftende Arbeit und ein höherer Purpose klingen attraktiv, besonders wenn du engagiert bist und in deinem Job mehr suchst als nur einen Gehaltsscheck. Doch pass auf: Diese Aussage wird erschreckend häufig genutzt, um unterdurchschnittliche Gehälter zu rechtfertigen. Was sich hinter diesem schönen Satz verbirgt, ist oft ernüchternd.

Die Bezahlung liegt unter dem Kollektivvertrag oder dem Branchenstandard, während von dir Höchstleistung erwartet wird. Wenn du ein Gehaltsgespräch ansprechen möchtest, wird das schnell als mangelndes Engagement oder fehlendes Verständnis für die Vision des Unternehmens ausgelegt. Deine Leidenschaft soll fehlende Vergütung kompensieren, als könntest du damit deine Miete bezahlen.

Dabei ist das österreichische Arbeitsrecht hier eindeutig. Das Kollektivvertragsgehalt ist die Mindestgrundlage, nicht ein nettes Extra. Du hast Anspruch auf angemessene Entlohnung entsprechend deiner Qualifikation und Erfahrung. Du darfst faire Gehaltsverhandlungen führen, ohne dass dir mangelnde Motivation unterstellt wird. Und Überstunden müssen korrekt abgegolten werden, unabhängig davon, wie leidenschaftlich du deinen Job machst.

Vergiss nicht: Kein noch so schöner Purpose rechtfertigt Unterbezahlung. Leidenschaft ist wichtig, aber sie ersetzt keine faire Bezahlung.

Überschrift: Mach einfach Homeoffice


Bei Krankheit arbeitest du einfach im Homeoffice – wir sind flexibel

Das wird dir als besonders modernes und verständnisvolles Verhalten präsentiert. Ein Arbeitgeber, der auf deine Gesundheit Rücksicht nimmt und dir ermöglicht, auch von zu Hause aus zu arbeiten, wenn es dir nicht gut geht. Klingt doch erstmal perfekt, oder?

Leider bedeutet diese scheinbare Flexibilität in der Praxis oft etwas ganz anderes. Die Erwartung ist, dass du auch bei Krankenstand weiterarbeitest. Homeoffice wird nicht als Entgegenkommen verstanden, sondern als Mindestanforderung. Du spürst den Druck, dich nicht krank zu melden, weil du ja theoretisch von zu Hause aus arbeiten könntest. Dein Recht auf Krankenstand wird missachtet, und deine Gesundheit und Genesung werden gefährdet, weil du dich nie richtig erholen kannst.

Aber das Gesetz ist hier glasklar: Du hast ein uneingeschränktes Recht auf Krankenstand. Wenn du krank bist, musst du nicht arbeiten, weder im Büro noch zu Hause. Dein Arbeitgeber darf keinen Druck ausüben, auch nicht subtil. Die Entgeltfortzahlung während des Krankenstands ist gesetzlich geregelt und steht dir zu. Deine Gesundheit geht immer vor, und ein seriöser Arbeitgeber weiß das auch. Wenn von dir erwartet wird, dass du trotz Krankheit verfügbar bleibst, läuft etwas grundlegend falsch.

Überschrift: Flexibel und gut mit Stress umgehen


Wir suchen jemanden, der flexibel und stressresistent ist

Diese Formulierung findest du in fast jeder zweiten Stellenanzeige. Sie klingt nach einem abwechslungsreichen Job mit verschiedenen Aufgabenbereichen und der Möglichkeit, Verantwortung zu übernehmen. Doch in der Praxis bedeutet diese Formulierung leider häufig etwas völlig anderes.

Flexibel und stressresistent ist oft ein Code dafür, dass ständige Erreichbarkeit stillschweigend vorausgesetzt wird. Die Arbeitszeiten in deinem Vertrag sind nur grobe Richtwerte, an die sich niemand wirklich hält. Überstunden sind die Regel statt die Ausnahme, werden aber oft nicht dokumentiert oder abgegolten. Eine Work-Life-Balance existiert praktisch nicht, dein Privatleben wird als störend empfunden. Es gibt keine klaren Grenzen zwischen Arbeitszeit und Freizeit, und du sollst eigentlich immer verfügbar sein.

Das österreichische Arbeitszeitgesetz regelt jedoch ganz klar, was erlaubt ist und was nicht. Die normale Arbeitszeit beträgt maximal acht Stunden pro Tag und vierzig Stunden pro Woche. Überstunden müssen vereinbart, dokumentiert und abgegolten werden. Ruhezeiten und Pausen sind gesetzlich vorgeschrieben und dienen deinem Schutz. Erreichbarkeit außerhalb der Arbeitszeit ist nicht verpflichtend, es sei denn, du hast spezielle Rufbereitschaftsvereinbarungen getroffen. 

Und vor allem: Dein Arbeitsvertrag ist rechtsverbindlich, für beide Seiten.


Überschrift: Das kannst du dagegen unternehmen


Was kann ich tun?

Eine toxische Arbeitsumgebung ist mehr als schlechte Stimmung – sie macht krank. Dauerstress führt zu Erschöpfung, Schlafproblemen, Angst und psychosomatischen Beschwerden, die dein ganzes Leben belasten können. Gleichzeitig sinken Motivation und Leistungsfähigkeit. Auch rechtlich wird’s heikel: Nicht dokumentierte Überstunden verfallen, Ansprüche verjähren, und ohne Wissen über deine Rechte wehrst du dich vielleicht nicht gegen ungerechtfertigte Kündigungen.

Der beste Schutz beginnt schon im Bewerbungsgespräch. Klare Antworten zu Gehalt, Überstunden und Arbeitsbelastung sind ein Muss – und schriftliche Vereinbarungen sowieso. Bist du bereits im Job, hilft eine saubere Dokumentation deiner Arbeitszeiten, Mails und kritischer Vorfälle. Gleichzeitig ist es wichtig, deine Rechte zu kennen: deinen Kollektivvertrag, deine Ansprüche auf Pausen, Urlaub und faire Bezahlung.

Überschrift: Deine Rechte, unsere Missoon


Kostenlose Beratung

Wenn du in Vorarlberg arbeitest und Fragen zu deinem Arbeitsvertrag, Überstunden, Gehalt, Kündigung, Mobbing oder Diskriminierung am Arbeitsplatz hast, kannst du dich kostenlos an die AK Vorarlberg wenden. Die Expert:innen kennen das Arbeitsrecht, prüfen deine Unterlagen, erklären dir, was dir zusteht und helfen dir, Ansprüche durchzusetzen. Vertraulich und kostenlos

Kenne deine Rechte

Das Arbeitsleben wird immer komplizierter und unübersichtlicher. Insbesondere rechtliche Themen erfordern fundierte Information und Beratung. Die AK Vorarlberg hilft dabei, den Überblick zu bewahren und deine Rechte geltend zu machen.


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