Sozialbetreuer auf einer Brücke mit Blick ins Grüne – Symbolbild für Unterstützung von Straffälligen beim Weg zurück in ein geregeltes Leben. Die ruhige Naturkulisse steht für neue Perspektiven, soziale Integration und professionelle Begleitung im Bereich der Straffälligenhilfe und Resozialisierung.
Fabian Böhler ist Sozialbetreuer beim Verein Neustart. Dort unterstützt er Straffällige bei der Rückkehr in ein geregeltes Leben. © Patricia Keckeis
22.09.2025
Arbeit

Der Brückenbauer

Arbeit,Gesellschaft,Portrait

Wenn das Leben aus der Spur gerät, ist der Weg zurück oft versperrt. Zum Glück gibt es Menschen wie Fabian Böhler, die dann Brücken bauen. Fabian ist Sozialbetreuer beim Verein Neustart und unterstützt Straffällige bei der Rückkehr in ein geregeltes Leben. Dabei wollte er ursprünglich alles, nur das nicht.

Groß ist er zwar, und kräftig sicherlich auch. Doch seine Art ist so zugewandt und freundlich, dass man sich kaum vorstellen kann, wie Fabian Böhler noch vor wenigen Jahren Ladendieb:innen das Handwerk gelegt hat. Vor allem, weil er sich heute mit Herzblut dafür einsetzt, Straffällige auf dem Weg zurück in die Normalität zu unterstützen.

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Dass Fabian über eine auffallend hohe Sozialkompetenz verfügt, hat schon ein Eignungstest in der Hauptschule gezeigt. Und womöglich hätte sein Weg direkt in die Sozialarbeit geführt, hätte er nicht ­seine Ausbildung kurz vor der Matura wegen Mobbing abbrechen müssen. Nach einem freiwilligen sozialen Jahr in der Kleinkindbetreuung holt er seinen Abschluss in der Abendschule nach und beginnt nebenbei in einem Sicherheits­unternehmen zu arbeiten. Zunächst ist Fabian als Security und schließlich vier Jahre als Detektiv in Lebensmittelgeschäften, Bekleidungsgeschäften und Baumärkten im Einsatz. »Das war für mich eine prägende Zeit, die mich persönlich sehr weitergebracht hat«, sagt er rück­blickend. 

»Das war für mich eine prägende Zeit, die mich persönlich sehr weitergebracht hat.«

Fabian Böhler

Sozialbetreuer beim Verein Neustart

Von gut situierten Mittfünfziger:innen, die sich beim Klauen den »Kick« holen, bis zu Menschen, die am Ende des Monats nicht mehr wissen, wie sie ihre Lebensmittel bezahlen sollen, hat er es mit den unterschiedlichsten Fällen zu tun. Manche davon gehen ihm persönlich sehr nahe. Also versucht der junge Detektiv, Menschen in Notsituationen Anlaufstellen und Hilfsangebote zu vermitteln, statt ­ihnen lediglich ein Bußgeld aufzubrummen oder sie der Polizei zu übergeben.

Sozialbetreuer im Gespräch mit straffälligen Klienten in grüner Umgebung – engagierte Unterstützung beim Wiedereinstieg in ein geregeltes Leben nach der Haft.
Ursprünglich wollte Fabian auf keinen Fall mit Straffälligen arbeiten – heute ist genau das sein Beruf. © Patricia Keckeis

Alles, bloß keine Straffälligen

Mit der Abendmatura in der Tasche macht sich Fabian auf die Suche nach einem Studium, das ihn interessiert. Seine Wahl fällt auf den Studiengang »Soziale Arbeit« an der FH Vorarlberg in Dornbirn. Als es darum geht, einen Platz für ein Orientierungspraktikum zu finden, kommt für ihn alles in Frage – nur eines will er auf keinen Fall: nämlich einen Job, in dem er mit Straffälligen oder Suchtkranken zu tun hat. Zu groß ist sein Respekt davor, dort Menschen zu begegnen, die er als Detektiv aufgegriffen hat. Das wäre doch, so seine Befürchtung, sehr unglaub­würdig. Sein Dozent rät ihm dennoch dazu, sich beim Verein ­»Neustart« zu bewerben – und Fabian folgt seinem Rat. Am Anfang sitzt er tatsächlich fast jeden Tag jemandem »von draußen« gegenüber. In den meisten Fällen gelingt es dem angehenden Sozialarbeiter jedoch rasch, eine vertrauensvolle Beziehung zu seinen Klient:innen aufzubauen. Denn er geht unvoreingenommen auf Menschen zu. Eine Stärke, die ihm schon in der Detektei oft geholfen hat. 

Vom Ehrenamt zum Hauptberuf

Sein Dozent sollte also recht behalten: Der Job ist perfekt für Fabian – und er selbst ist froh, dass er den Mut hatte, den Weg zu gehen. Als Student arbeitet er zunächst zwei Jahre ehrenamtlich für den Verein, bevor er seine Tätigkeit haupt­beruflich aufnimmt. Seine Hauptaufgaben liegen in der Bewährungshilfe und in der Vermittlung von gemeinnütziger Leistung. Gemäß dem Motto »Ächte die Tat, aber achte die Täter:innen« ist das Ziel der Bewährungshilfe, Straffällige dabei zu unterstützen, ein Leben ohne Kriminalität zu führen. Das Angebot umfasst intensive Unterstützung bei der Bewältigung alltäglicher Probleme, bei der Wohnungs- oder Jobsuche und bei der persönlichen Entwicklung. Bei der Vermittlung von gemeinnützigen Leistungen, den sogenannten Sozialstunden, geht es darum, eine Haftstrafe durch sinnvolle gemeinnützige Arbeit zu ersetzen. »Wir versuchen, in ­jedem Fall eine möglichst passende ­soziale Einrichtung zu ­finden, die den Fähigkeiten der jeweiligen ­Person entspricht«, erklärt Fabian. Denn für etwas gelobt zu werden, was sie gut ­gemacht haben, seien die meisten seiner Klient:innen nicht gewohnt. Das könne gerade bei jungen Menschen vieles in ­Bewegung bringen.

ArbeitsLebensGeschichte

Bei den ArbeitsLebensGeschichten in der Schaffarei erzählen Menschen von ihren inspirierenden Arbeitsbiografien, vom Scheitern und wieder Aufstehen, vom Dranbleiben und Ausprobieren.

Ob in betreuender oder vermittelnder Funktion, in seinem Job baut Fabian ­Brücken. Oft dort, wo die Kluft zwischen der Lebensrealität eines Menschen und den gesellschaftlichen Normen kaum mehr überwindbar scheint. Dabei hat er gelernt, die kleinen Dinge wertzu­schätzen. Manchmal brauche es auch gar nicht viel, um eine positive Veränderung zu ermöglichen. »Das Wichtigste ist, den Leuten zuzuhören und zu versuchen, ihre Lebenswelt zu verstehen«, sagt er. ­Weniger Stigmatisierung und mehr Offenheit, das würde er sich auch von der Gesellschaft wünschen. »Man sollte immer erst genauer hinschauen, bevor man urteilt.«

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