Ein leerer Schreibtisch in einem leeren Büro.
Keiner da: Unter Umständen steht dir trotzdem Gehalt zu. © contrastwerkstatt, Adobe Stock
7.8.2024
Arbeit

Von A bis Z: Dienstverhinderungsgründe im Check

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Wusstest du, dass es Anlässe gibt, bei denen dein:e Arbeitgeber:in dir dein Entgelt zahlen muss, obwohl du nicht bei der Arbeit bist? Sie heißen Dienstverhinderungsgründe. Wann die vorliegen und welche Beispiele es gibt, erfährst du hier.

In diesem Beitrag:


Was sind Dienstverhinderungsgründe?

Dienstverhinderungsgründe sind Ereignisse, die dich an der Verrichtung deiner Arbeit hindern, wobei dein:e Chef:in dir trotzdem dein Gehalt zahlen muss. Dafür müssen aber drei Bedingungen erfüllt sein: 

  • Es muss ein wichtiger, deine Person betreffender Grund vorliegen, warum du nicht arbeiten kannst.
  • Du darfst nicht selbst Schuld daran sein, dass du verhindert bist.
  • Du darfst nur eine verhältnismäßig kurze Zeit verhindert sein. 

Der Klassiker, den wohl die meisten kennen, ist etwa der Arztbesuch: Er ist wichtig, er betrifft dich direkt selbst, du kannst nichts dafür, dass du krank bist und du bist nur maximal ein paar Stunden weg.

Das klingt erst einmal einfach, in der Praxis ist es aber oft kompliziert. Denn wie so oft im Leben, ist nicht alles schwarz oder weiß, sondern grau: Wer sagt, was wichtig ist und was nicht? Bist du wirklich gar nicht an der Verhinderung Schuld? Und wie kurz ist verhältnismäßig kurz? 

Deshalb gibt es keine Regeln für Dienstverhinderungsgründe, die für alle Branchen, Jobs und Unternehmen gelten. Deshalb muss aber jeder Fall einzeln betrachtet und geprüft werden. Oftmals sind aber wichtige Punkte bereits in den Kollektivverträgen geregelt. Daraus lässt sich ein Überblick über die wichtigsten Dienstverhinderungsgründe ableiten.


Das können Dienstverhinderungsgründe sein

Diese Punkte werden meist als Dienstverhinderungsgründe anerkannt. Aber es gilt: Jeder Fall ist einzeln zu prüfen. Diese Einteilung eignet sich aber als grobe Orientierung .

#1: Du musst zum Arzt

Musst du zum Arzt oder zur Ärztin, gilt das in den meisten Kollektivverträgen als Dienstverhinderungsgrund und dein:e Arbeitgeber:in muss dir für diese Zeit dein Gehalt zahlen. Das gilt übrigens auch, wenn du dein Kind zum Arzt oder zur Ärztin begleitest. Dabei musst du noch nicht einmal tatsächlich krank sein, auch eine Untersuchung reicht als Dienstverhinderungsgrund aus. Entsprechend sind auch verschriebene physikalische Behandlungen – etwa ein Physiotherapie-Termin – oder Zahnbehandlungen Dienstverhinderungsgründe. 

Der Fairness halber solltest du versuchen, deine Arzttermine auf die Zeit vor oder nach der Arbeit zu legen. Allerdings ist das nicht immer möglich – der Ärztemangel lässt grüßen.

#2: Du musst zu einer Beerdigung

Meistens gibt schon der Kollektivvertrag vor, dass es sich bei der Teilnahme an einem Begräbnis um einen Dienstverhinderungsgrund handelt. Aber auch wenn nicht: Hattest du ein besonderes Naheverhältnis zum:zur Verstorbenen, besteht eine sittliche Verpflichtung zur Teilnahme am Begräbnis und es liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor.

#3: Du stehst vor Gericht

Wirst du – als Beschuldigte:r oder Beteiligte:r – vorgeladen, liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor, solange du nicht tatsächlich Schuld bist. Wirst du wegen einer strafbaren Handlung, die du tatsächlich verübt hast, festgenommen, dann hast du keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. 

Wenn du als Zeug:in, Schöff:in, Geschworene:r oder Laienrichter:in geladen bist, liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor. Das gilt auch für Termine beim Rechtsanwalt oder bei sonstigen Behörden, etwa zur Beantragung eines Reisepasses. Generell solltest du aber versuchen, diese Termine in den Feierabend zu legen.

#4: Du hast familiäre Probleme

Gibt es in deiner Familie gerade eine schwere Krise, bei der du für andere da sein und ihnen helfen solltest, liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor. Ein Beispiel dafür ist ein Arbeitnehmer, der nach Hause ging, weil er befürchtete, dass seine Frau sich zu einer unüberlegten Handlung oder gar zum Selbstmord hinreißen ließe. Der Mann bekam vom Oberlandesgericht dafür Recht.

#5: Du gehst auf eine Familienfeier

Hier wird es schwierig, denn ein Dienstverhinderungsgrund ist davon abhängig, ob eine sittliche oder moralische Verpflichtung zur Teilnahme an der Feier besteht. Vereinfacht gesagt: Der 64. Geburtstag deiner Großtante ist eher kein Dienstverhinderungsgrund, die Hochzeit deiner Schwester aber sicher schon. Aber auch dabei gibt es wieder Ausnahmen – etwa wenn die Großtante dich aufgezogen hat und es krankheitsbedingt ihr letzter Geburtstag sein könnte. Du siehst also wieder: Jeder Fall muss einzeln betrachtet werden.

#6: Du musst zu einem Rettungseinsatz

Bist du freiwilliges Mitglied der Feuerwehr, einer Rettungs- oder Katastrophenhilfsorganisation, gilt ein Einsatz bei einem Großschadensereignis für dich als Dienstverhinderungsgrund. Das gilt auch für einen Einsatz als Mitglied eines Bergrettungsdienstes. Das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung musst du aber vorab mit deinem Arbeitgeber vereinbaren.

#7: Du hast Handwerker daheim

Kommen Handwerker zu dir nach Hause, um notwendige Reparaturen durchzuführen oder deine Gasleitung zu warten, ist das ein Dienstverhinderungsgrund, wenn du persönlich vor Ort sein musst und dich niemand vertreten kann.

#8: Du bist eingeschneit

In einigen Gegenden Vorarlbergs gar nicht so abwegig: Wenn es so stark geschneit hat, dass du nicht zur Arbeit kommen kannst, steht dir eine Entgeltfortzahlung zu, denn es liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor. Es muss aber wirklich gar nicht möglich sein, zur Arbeit zu kommen – könntest du einen anderen Weg nehmen, der vielleicht länger dauert, ist es kein Dienstverhinderungsgrund. Dasselbe gilt, wenn du von Hochwasser betroffen bist.

#9: Du heiratest

Deine eigene oder die Hochzeit eines nahen Angehörigen ist laut den meisten Kollektivverträgen ein Dienstverhinderungsgrund und dir steht dafür eine Entgeltfortzahlung zu. 

#10: Du musst ein krankes Familienmitglied pflegen

Musst du dich um ein erkranktes Familienmitglied kümmern, kann das ein Dienstverhinderungsgrund sein. Das gilt dann, wenn die Betreuung notwendig ist. Auch ein Krankenhausbesuch bei der sehr schwer erkrankten und in kritischem Zustand befindlichen Mutter vor einer unaufschiebbaren lebensgefährlichen Operation wurde vor Gericht als Dienstverhinderungsgrund gewertet. Anders, wenn es um die Betreuung eines Kindes im Krankenhaus geht – es wird ja schon vom Pflegepersonal betreut, eine weitere Betreuung ist also nicht notwendig.

#11: Du begehst eine religiöse Feier

Wichtige religiöse Feiern können auch ein Dienstverhinderungsgrund sein, selbst wenn du deinen Glauben nicht immer streng einhältst. Handelt es sich aber um regelmäßige, aufwendige Gebetsrituale, hast du keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

#12: Du bist von einem Streik betroffen

Wirst du durch einen Streik daran gehindert, zur Arbeit zu gehen, kann das ein Dienstverhinderungsgrund sein. Das ist beispielsweise der Fall, wenn im Kindergarten gestreikt wird und du dein Kind selbst betreuen musst. 

#13: Du kommst zu spät aus dem Urlaub zurück

Wenn beispielsweise dein Flug zu spät geht oder gar gestrichen wird und du deshalb nicht rechtzeitig zur Arbeit kommst, kann das ein Dienstverhinderungsgrund sein. Das gilt aber nur, wenn es keinen anderen Weg gibt, auf dem du zur Arbeit kommen könntest, auch wenn das einen Umweg bedeuten würde. 

#14: Du hängst im Verkehr fest

Hängst du im Stau fest, hast eine Panne oder bist von einer Störung im öffentlichen Verkehr betroffen, dann liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor. Aber Achtung: Anspruch auf Entgeltfortzahlung hast du nur dann, wenn du nicht an der Verspätung schuld bist. Wenn also etwa durch starken Schneefall davon auszugehen ist, dass der Bus zur Arbeit länger braucht als üblich, dann musst du mehr Zeit für den Weg zur Arbeit einplanen.

#15: Du bist Wahlzeug:in

Bist du als Wahlzeug:in bei einer Betriebsrats- oder einer allgemeinen Wahl tätig, trägst du ganz entscheidend zum Funktionieren einer demokratischen (Betriebs-)Gemeinschaft bei. Das ist eine wesentliche, gesellschaftliche Verpflichtung und kann deshalb als Dienstverhinderungsgrund angesehen werden, bei dem du auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung hast.


Das sind keine Dienstverhinderungsgründe

Wie schon erwähnt, ist jeder Einzelfall einzeln zu betrachten – und deshalb kann es durchaus vorkommen, dass auch die oben genannten Fälle  nicht als Dienstverhinderungsgrund anerkannt werden. Es gibt aber auch einige Punkte, die fix keinen Dienstverhinderungsgrund darstellen.

#1: Du musst zur Bank

Geld abheben oder Beratungstermine zählen nicht zu den Dienstverhinderungsgründen. Auch wenn dein:e Chef:in dir ermöglicht, sie während deiner normalen Arbeitszeit zu nehmen, muss er dir für diese Zeit kein Gehalt zahlen und auch die Stunden werden dir nicht gutgeschrieben. Versuch also besser, Banktermin auf die Zeit nach Feierabend zu legen.

#2: Du gehst auf einen Faschingsumzug

Schlechte Nachrichten für alle Narren: Die Teilnahme an Faschingsumzügen oder -feiern ist kein Dienstverhinderungsgrund – egal, wie alt der Brauch in der Region ist. Willst du im Fasching frei haben, dann musst du ganz offiziell frei nehmen. 

#3: Du machst den Führerschein

Eine Antritt zur Führerscheinprüfung ist kein Dienstverhinderungsgrund. Du bekommst also währenddessen dein Gehalt nicht.

#4: Du musst ins Gefängnis

Das wird wohl niemanden überraschen: Wenn du nicht zur Arbeit kommst, weil du in Haft bist, liegt kein Dienstverhinderungsgrund vor und du hast keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Noch Fragen?

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