Konsum
Versteckte Roaming-Fallen
Judith M. will einfach nur Urlaub machen. Sonne, Strand, Erholung – darauf freut sie sich. Doch in Ägypten tappen ihre Kinder in eine Roaming-Falle.
Sie schreiben charmant, wirken fürsorglich, erzählen von ihrem Verlust, ihrer Sehnsucht und großen Gefühlen – und sie existieren nicht. »Love Scammer« sind Betrüger:innen, die besonders hinterhältig agieren. Um ihre Opfer auszunehmen, täuschen sie Nähe vor. Dabei agieren sie hochprofessionell und setzen zunehmend KI ein, um Ahnungslose in die Falle zu locken.
Noch vor wenigen Jahren gab es Zeichen, die die Betrugsabsicht theoretisch durchschaubar machten: Rechtschreibfehler, gestohlene Profilbilder oder plumpe Formulierungen waren klare Hinweise darauf. Heute sieht die Praxis anders aus: Generative KI liefert den Betrüger:innen fehlerfreie Texte, einzigartige Bilder und Videos, die täuschend echt sind. Die Kommunikation passt sich mithilfe von Large Language Models individuell den Opfern an. Diese Modelle »verstehen« unsere Emotionen und können darauf »persönlich« reagieren. Das Gegenüber ist nicht echt, aber leider viel zu überzeugend.
Doch es gibt Hinweise und Muster, die die Betrugsabsicht verraten. Diese muss man jedoch kennen und im richtigen Moment in Gedanken griffbereit haben. Love Scammer versuchen zunächst immer, Vertrauen aufzubauen. Sie erzählen von Schicksalsschlägen, von ihrer Sehnsucht, von Liebe. Sie melden sich täglich bei ihren Opfern, sie sind aufmerksam und charmant. Und irgendwann kommen sie dann mit einer Bitte: Geld für ein Flugticket, für Zollgebühren, für eine Operation. Oder gleich für eine »sichere« Kryptowährungsanlage. Jetzt wird es für die Betroffenen schnell gefährlich: Wer einmal zahlt, zahlt oft mehrfach.
Love Scammer sind oft Teil eines international agierenden, professionellen Netzwerkes. Die Cyber-Kriminellen sind auch in Vorarlberg aktiv – und nicht erst seit gestern. Immer wieder geraten Menschen im Land in die Falle. Eine Frau aus dem Bezirk Bregenz verliebte sich online in einen Mann, der sich als vermögender Geschäftsmann ausgab. Gemeinsam mit einem Komplizen täuschte er vor, ein Paket mit Millionenwerten zu schicken – und brachte die Frau dazu, 12.000 Euro zu überweisen. Das Paket kam nie an. Beide Männer wurden später wegen schweren Betrugs verurteilt. Zwischen Ende November und Dezember 2023 wurde eine Frau aus dem Montafon über Tinder von einem Mann kontaktiert, der ihr Liebe vorgaukelte. Nach dem Wechsel zu WhatsApp und einer dubiosen Zahlungsplattform überwies sie insgesamt über 30.000 Euro auf Konten in Österreich, der Türkei und Ungarn.
Erst kürzlich wandten sich weitere Betroffene an den AK Konsumentenschutz. Ein Mann aus Dornbirn tappte in die Falle einer angeblich kostenlosen Probemitgliedschaft auf einem Dating-Portal. Ihm wurden über Jahre hinweg mehr als 2.300 Euro abgebucht – ohne dass er die Plattform je aktiv genutzt hätte. Da kein wirksamer Vertrag zustande gekommen war, forderte die AK für den Mann die gesamte Summe zurück – eine Rückmeldung des Inkasso-Unternehmens steht noch aus. In einem anderen Fall verlangte ein Inkassobüro von einem Mann aus Lustenau 147 Euro für einen Dating-Dienst, den er nie bewusst bestellt hatte. Auch hier intervenierte die AK – mit Erfolg: Die Betreibung wurde eingestellt, die Forderung fallengelassen.
Wer Hilfe sucht, unternimmt einen wichtigen Schritt. Doch viele Betroffene melden sich nicht, obwohl sie es könnten. Warum unternehmen viele nichts? Weil die Scham überwiegt. Love Scamming zielt auf die Gefühle, nutzt Einsamkeit und das Bedürfnis nach Nähe aus. Alleine darüber zu sprechen, fällt schwer. Ist man Opfer eines Betrugs, wird es noch schwieriger – man fürchtet, als naiv zu gelten und sich lächerlich zu machen. Dabei ist genau das ein Teil des Problems: Die Scham verhindert, dass man sich Hilfe holt. Und sie verhindert, dass Täter:innen gestoppt werden. Genau deshalb ist es wichtig, früh zu reagieren und sich Unterstützung zu holen – bevor der Schaden größer wird.
Immerhin gibt es auch eine gute Nachricht: Die Betrugsversuche werden zwar raffinierter, doch die Zahl der Delikte geht laut Kriminalstatistik erstmals zurück. 2024 wurden österreichweit 31.768 Fälle von Internetbetrug erfasst – ein Minus von 6,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Vorarlberg sank die Zahl sogar um 15 Prozent. Ob das schon eine Trendumkehr ist, bleibt fraglich. Eines ist jedoch sicher: Wachsam bleiben ist in Zeiten von KI so wichtig wie noch nie.
Die AK Vorarlberg rät:
Die Arbeiterkammer steht im Schadensfall zur Seite – unsere Konsumentenschützer:innen prüfen für Betroffene die rechtlichen Möglichkeiten und beraten persönlich. Denn: Die Verlockung trifft immer Einzelne – doch gemeinsam lässt sich der Schaden begrenzen.
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