Seilbahntechniker steht auf der Plattform an der Spitze einer Seilbahnstütze, unter ihm sieht man das Meer und im Hintergrund die Seilbahn, die bis zum Festland am Horizont reicht.
Elmar Röck arbeitet für Doppelmayr als Seilbahntechniker – zuletzt hier auf der mit 215 Metern höchsten Seilbahnstütze der Welt in Vietnam. © Elmar Röck
11.6.2025
Arbeit

„Da oben ist man in einer anderen Welt“ – Elmar Röck über seinen Arbeitsplatz an der höchsten Seilbahnstütze der Welt

Arbeit,Interview,Portrait

Ein Gespräch mit dem Seilbahntechniker Elmar Röck über Gondeln für Ziegen, Maschinengewehre und über die Kunst, auch in großer Höhe die Ruhe zu bewahren.

215 Meter in der Luft. Kein Geländer, kein fester Boden unter den Füßen – nur eine kleine Plattform aus Stahl und rund herum Himmel. Das war der Arbeitsplatz von Elmar Röck in den letzten Wochen. Der Dornbirner ist Seilbahntechniker bei Doppelmayr. Seine Einsätze führen ihn regelmäßig auf die höchsten und spektakulärsten Stützen der Welt – zuletzt nach Vietnam. Ein Gespräch über Schwindelfreiheit, Sicherheit und Weltrekorde.

Filiz Uzundal: Ihre Sicht der Lehre

Filiz Uzundal ist Lehrling. Sie hat Schatten- und Sonnenseiten der Ausbildung kennengelernt. Im Ausbildungszentrum Vorarlberg schätzt sie vor allem den mitmenschlichen Umgang.

Seilbahntechniker Elmar Röck balanciert auf einer Seilbahnstütze und lehnt sich über den Rand, um in die Tiefe zu schauen.
Elmars Beruf als Seilbahntechniker ist nichts für schwache Nerven. © Elmar Röck

214,8 Meter über dem Boden: Wie fühlt sich das an?

Elmar Röck: Mittlerweile ist das für mich gar nicht mehr so spektakulär. Man gewöhnt sich an die Höhe. Ich war ja schon sehr oft sehr weit oben – aber anfangs geht das natürlich an die Nerven. Da ist man in einer ganz eigenen Welt. Du spürst jeden Windstoß anders, und die Menschen unten sind nicht mehr zu erkennen. Nur noch ein Teppich aus Farben. Klar, man hat Respekt – aber das große Kribbeln legt sich. Nach den ersten 40, 50 Metern macht es ehrlich gesagt keinen Unterschied mehr, ob man auf 100 oder 200 Metern steht. (lacht)

Schwindelfreiheit ist wohl Voraussetzung?

Elmar Röck: Natürlich. Und ein gesundes Vertrauen in sich selbst – und in die Ausrüstung. Ohne das geht’s nicht.

Man sieht das Dach einer Seilbahngondel und darauf zwei lässig überschlagene Beine. Im Hintergrund blaues Meer, grüne Inseln und eine riesige Seilbahnstütze.
Mitunter fahren Elmar Röck und seine Kolleg:innen so auf die Seilbahnstützen: auf dem Dach der Gondeln. © Elmar Röck

Wie kommt man überhaupt da hoch?

Elmar Röck: Es gibt tatsächlich eine Treppe oder Leiter an jeder Stütze. Schließlich muss man bei Stromausfall oder im Notfall ja auch irgendwie hoch und runter kommen. Normalerweise fahren wir aber wie alle anderen auch mit der Gondel. Wobei: Nicht ganz wie alle anderen – denn wir sitzen nicht drin, sondern obendrauf. (lacht)

Wie bitte?!

Elmar Röck: Ja, tatsächlich. In der Talstation sitzen wir noch ganz normal drin. Sobald wir rausgefahren sind, klettern wir obendrauf – das geht nur draußen, sonst wäre es zu gefährlich. Oben hält die Gondel dann direkt an der Stütze, und wir steigen weiter hoch bis zur Plattform. 

Oben ist nicht der Ort für Zweifel.

Elmar Röck

Seilbahntechniker bei Doppelmayr

Gab es auch schon mal den Ernstfall, dass ein Kollege während des Einsatzes gemerkt hat: Ich kann doch nicht mit dieser Höhe umgehen?

Elmar Röck: Ja, das ist schon vorgekommen. Das kann sogar erfahrenen Kollegen passieren. Es ist eben nicht jeder Tag gleich und manchmal geht es gerade einfach nicht. Das ist auch nicht schlimm. Wichtig ist nur – und das sagen wir auch immer allen Mitarbeiter:innen – dass man es früh genug kommuniziert, bevor es weit oben auf der Stütze zu gefährlichen Situationen kommt. Oben ist nicht der Ort für Zweifel.

Eine bebaute Bucht am Meeresrand bei Sonnenuntergang. In den Gebäuden und Straßen brennen die ersten Lichter, auf dem Meer treiben Fischerboote, die Sonne geht rot am Horizont unter.
Bei so einer Aussicht – hier auf eine Bucht in Vietnam – macht auch eine Spätschicht nichts aus. © Elmar Röck

Du warst in Vietnam auf der weltweit höchsten Seilbahnstütze. Das war aber nicht der einzige Rekordhalter, den du erklommen hast. 

Elmar Röck: Nein, auch an der längsten Seilbahn der Welt habe ich gearbeitet – ebenfalls in Vietnam: 7.900 Meter lang. Dort war ich auch auf jener Anlage, die zur damaligen Zeit den größten Höhenunterschied weltweit überwunden hat. Inzwischen hat sie die Zugspitzbahn übertroffen, mit 1.945 Metern. 

Und ihr bewegt euch nicht nur auf Stützen, sondern auch auf Seilen?

Elmar Röck: Richtig. Die Plattformen, auf denen wir arbeiten, sind etwa einen Quadratmeter groß. Da ist Konzentration gefragt – nichts für Zartbesaitete. Aber solche Einsätze macht man auch nicht gleich, wenn man in diesem Beruf startet.

Seilbahntechniker Elmar Röck spricht in ein Funkgerät, im Hintergrund sieht man eine Seilbahnstütze, auf der 214,8 Meter steht. Darunter sind nur Meer und zwei Inseln zu sehen.
Elmar Röck ist seit zehn Jahren auf den Seilbahnstützen im Einsatz – zuletzt auf der höchsten Seilbahnstütze der Welt in Vietnam. © Elmar Röck

Apropos Beginn: Wie bist du zu dem Job gekommen?

Elmar Röck: Ich habe eine Lehre zum Schlosser gemacht, damals noch in meiner Heimat Tirol. Im Jahr 2008 bin ich dann nach Dornbirn gezogen und bei Doppelmayr eingestiegen. 2015 war mein erster Einsatz auf Montage, also direkt auf den Stützen. Heute bin ich im technischen Kundendienst, arbeite öfter im Büro – aber alle paar Monate darf ich trotzdem wieder rauf.

Plötzlich stiegen zwei Männer mit Maschinengewehren in unseren Bus.

Elmar Röck

Seilbahntechniker bei Doppelmayr

Und du kommst dabei ganz schön herum. Wo warst du schon überall?

Elmar Röck: Das sprengt fast den Rahmen. (lacht) Vietnam, China, Südkorea, Aserbaidschan, Georgien, Israel, Saudi-Arabien, Nepal, Griechenland… ich vergesse sicher ein paar Länder.

Ein Mann trägt einen schweren Generator auf dem Rücken.
Die Helfer in Pakistan beschützten Elmar Röck und sein Team nicht nur, sie bestanden auch darauf, deren Werkzeuge zu tragen. © Elmar Röck

Sind dir bei so vielen Einsätzen und Ländern manche besonders in Erinnerung geblieben?

Elmar Röck: Oh ja – ganz besonders gleich mein erster Auslandseinsatz. (lacht) Das war in Pakistan. Die Gegebenheiten dort sind eben andere als bei uns und Doppelmayr hat deshalb gegenüber dem Kunden dort vorausgesetzt, dass wir als Crew immer zu 100 Prozent sicher sein müssen. Nach der Landung sind wir direkt in den Kleinbus, der uns abholte. Wir sind aus dem Flughafengelände gefahren und plötzlich wurde der Bus gestoppt, zwei Männer mit Maschinengewehren stiegen ein. Kein Wort. Wir dachten zuerst an das Schlimmste – bis uns klar wurde: Das waren unsere Sicherheitskräfte. Sie waren da, um uns zu beschützen! 

Seilbahntechniker Elmar Röck fährt mit sieben anderen Männern auf der Ladefläche eines Transporters einen Berg hinauf.
Bei seinen Auslandseinsätzen lernt Elmar Röck nicht nur verschiedenste Länder, sondern auch die unterschiedlichsten Menschen kennen – und ist ganz nah dran an der Lebenswirklichkeit der Einheimischen. © Elmar Röck


Wie ging es weiter?

Elmar Röck: Die beiden sind die ganze Zeit bei uns geblieben. Und sie haben uns nicht nur beschützt – sie haben angefangen, unser Werkzeug zu tragen. Da konnten wir sagen, was wir wollten, sie haben darauf bestanden, uns zu helfen. Alle Menschen, die wir dort getroffen haben, auf der Baustelle oder abseits, waren unglaublich freundlich zu uns.

Elmar Röck und eine Gruppe von zehn kleinen Kindern sitzen zusammen im Kreis und lachen in die Kamera.
Elmar Röck nimmt sich bei jedem Einsatz die Zeit, Land und Leute kennenzulernen – wie hier in Pakistan. © Elmar Röck

Dann seht ihr bei euren Einsätzen also mehr vom Land, als nur die Baustelle?

Elmar Röck: Ich nehme mir bei jedem Einsatz Zeit dafür. Ich frage die Einheimischen, wo man hin sollte – nicht die typischen Touri-Tipps. In Pakistan war ich in einem kleinen Dorf, begleitet von unseren Sicherheitsleuten. Die Kinder dort haben mich bestaunt, als wäre ich von einem anderen Stern. Die Menschen hatten selbst so wenig – und waren trotzdem so gastfreundlich. Diese Armut, die ich dort gesehen habe – da lernt man wieder richtig zu schätzen, wie privilegiert man ist und wie gut man lebt. Solche Erlebnisse rücken einem den Kopf zurecht.


Es gibt sogar Gondeln nur für Ziegen.

Elmar Röck

Seilbahntechniker bei Doppelmayr

Fünf Ziegen stehen in einer vergitterten Gondel.
In Nepal arbeitete Elmar Röck an einer besonderen Seilbahn: Sie transportiert Ziegen zu einem Tempel. © Elmar Röck

Dein außergewöhnlichster Einsatz?

Elmar Röck: Schwer zu sagen. In Nepal habe ich an einer Bahn gearbeitet, die zu einem Tempel auf 1.300 Metern Höhe führt. Dieser Ort hat bei den Einheimischen eine ganz besondere Bedeutung: Es soll nämlich Glück bringen, dort oben eine Ziege zu opfern. Deshalb gibt es dort ganz eigene Gondeln für den Ziegentransport. Und in Israel war ich an zwei sehr besonderen Seilbahnen: Die eine führt 223 Meter unter den Meeresspiegel – zum tiefstgelegenen See der Welt. Die andere ist nur 100 Meter lang.

Elmar Röck sitzt im Schnee und blickt auf einen Wettkampf bei den Olympischen Winterspielen 2018.
Bei den Olympischen Winterspielen 2018 war Elmar Röck als Seilbahntechniker ganz nah an den Wettkämpfen und Top-Athlet:innen. © Elmar Röck

2018 warst du auch bei den Olympischen Spielen in Südkorea. Was macht man da als Seilbahntechniker?

Elmar Röck: Wir waren vor Ort, um sofort eingreifen zu können, falls etwas passiert. Die Athlet:innen und die Organisationscrew mussten ja täglich viele Male per Seilbahn zu den Schanzen und Starthäusern hoch. Unvorstellbar, wenn mitten während der Olympischen Spiele die Seilbahn streiken würde und die Sportler:innen nicht zum Start kommen! Schiefgegangen ist tatsächlich nichts, aber wir hatten eine spektakuläre Zeit: Wir durften uns ja im gesamten Gebiet – bis auf die Starthäuser – frei bewegen. Und so standen wir dann gerade einmal fünf, sechs Meter von den Top-Athlet:innen entfernt, wenn sie in die Piste gestartet sind oder direkt vor uns in der Halfpipe ihre Tricks gemacht haben.


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Dutzende kleine, bunte Fischerboote liegen vor einem Sandstrand im blauen Meer. Im Hintergrund sieht man grün bewachsene Inseln und dazwischen eine riesige Seilbahnstütze.
Der asiatische Raum – wie hier Vietnam – gefällt Seilbahntechniker Elmar Röck besonders. © Elmar Röck

Bei so vielen Auslandseinsätzen und Ländern, die du schon gesehen hast: Wo würdest du noch gern einmal arbeiten?

Elmar Röck: Ich mag den asiatischen Raum. Dort habe ich schon vieles gesehen, Japan aber noch nicht. Wir haben demnächst wohl auch einen Einsatz dort. Aber tatsächlich hoffe ich, dass nicht ich diesen Auftrag bekomme, sondern mein Kollege. Er ist nämlich ein riesiger Japan-Fan und ich würde es ihm so sehr gönnen, dorthin zu reisen.

Und wenn du – in Japan oder woanders – wieder ganz oben auf einer Stütze stehst, was denkst du dann?

Elmar Röck: Manchmal gar nichts. Es ist ruhig dort oben, fast meditativ. Und manchmal denk ich: Wahnsinn, was wir da bauen. Man steht mitten in der Luft – und alles hält.

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