30.12.2025
Arbeit
Der Koordinator
Arbeit,Freizeit,Gesellschaft,KW9,Portrait,Vorarlberg
Bei Fußballfans klingelt womöglich etwas bei dem Namen »Robert Schörgenhofer«. Immerhin war der 52-jährige Dornbirner bei hunderten Fußballspielen von der Regionalligabis in die Champions League als Schiedsrichter im Einsatz. Doch auch bei seinem Job als Fahrdienstleiter und in seinem Ehrenamt als Leiter der Tischlein-deck-dich-Ausgabestelle Götzis sorgt Robert mit Ruhe und Überblick dafür, dass alles rund läuft.
Robert, der Fahrdienstleiter
Es ist kurz vor sieben an diesem Wintermorgen in Wolfurt. Die Nacht war sternenklar und es ist eisig kalt. Auf dem Bahnsteig vor dem Fenster der Fahrdienstleitung am Güterbahnhof warten dick eingemummte Fahrgäste auf ihren Zug. Damit sie sicher an ihr Ziel kommen, ist Robert Schörgenhofer bereits hochkonzentriert bei der Arbeit. Eine Baustelle wird zum Nadelöhr, weil ein Zug aus Wien Verspätung hat. Robert kümmert sich um einen Gleiswechsel. Dann klingelt das Telefon. Noch bevor er sich melden kann, knarrt eine Frage vom Verschub aus dem Lautsprecher. Während er mit dem Anrufer spricht, macht er sich dazu eine schnelle Notiz. Irgendwoher piepst es laut, so lange, bis Robert auf dem virtuellen Schienennetz auf den Bildschirmen vor sich ein blinkendes Signal quittiert. Solche Situationen gibt es in der Fahrdienstleitung öfter. Doch der 52-jährige Fahrdienstleiter scheint es gewohnt zu sein, in Momenten wie diesen die Ruhe zu bewahren und den Überblick zu behalten. Ist das Veranlagung oder Routine? »Wahrscheinlich beides«, meint er schmunzelnd.
Immer up to date mit dem AK Newsletter
Ob Konsumentenschutz, Arbeitsrecht, Familie & Beruf, Weiterbildung oder, oder, oder... – mit dem AK Newsletter erfährst du regelmäßig alles Wichtige ganz bequem per Mail. Gleich anmelden und up to date bleiben!
Von Anfang an auf Schiene
Bei den ÖBB ist Robert seit 37 Jahren. Schon seine Lehre zum Maschinenschlosser hat er bei der Bahn gemacht. Doch statt wie die meisten seiner Lehrlings-Kolleg:innen Lokführer zu werden, entscheidet sich Robert im Anschluss für die Ausbildung zum Fahrdienstleiter. Anfang der 1990er-Jahre macht er zunächst Station an mehreren kleineren Bahnhöfen, sammelt Erfahrung und lernt den Job von der Pike auf. Seit fünfzehn Jahren arbeitet er jetzt in der Fahrdienstleitung in Wolfurt. Von hier aus wird zentral der gesamte Güter- und Personenzugverkehr zwischen der Grenze Lustenau, der Grenze Lochau und Hohenems überwacht. Dazu kommt die Koordination des Verschubs zur Güterzugbildung hier am Güterbahnhof Wolfurt. »Als ich angefangen habe, musste man an manchen Bahnhöfen die Weichen noch von Hand umstellen«, erinnert sich Robert. »Das erledigen wir heute per Mausklick.« Das klingt zwar deutlich bequemer, erfordert aber dennoch volle Konzentration. Tagsüber sind Robert und seine Kollegen, allesamt Männer, deshalb zu dritt. Jeweils zwei haben das Geschehen auf den Schienen im Blick, der Dritte kümmert sich im Büro um Administratives. Alle vier Stunden wechseln sie sich ab. So hat jeder in seinem Dienst eine Phase, in der es ein wenig ruhiger zugeht. Robert arbeitet Vollzeit und wechselt in Zwölf-Stunden-Schichten zwischen Tag- und Nachtdienst. Heute wird er bis 18:30 Uhr im Dienst sein, morgen dann von 18:30 Uhr bis 6:30 Uhr. Nur am Mittwoch, da hat er seit einigen Jahren immer frei. Denn da ist Robert als Leiter der Tischlein-deck-dich-Ausgabestelle in Götzis im Dienst.
Robert, der Leiter der Tischlein-deck-dich-Ausgabestelle Götzis
Dass Robert 2019 zu Tischlein deck dich gekommen ist, ist seiner Lebensgefährtin Mandy zu verdanken. Sie hat sich bereits vor ihm für den Verein engagiert. »Nach ein paar Monaten bin ich interessehalber einmal mitgegangen. An dem Nachmittag habe ich ein bisschen mitgeholfen … und bin irgendwie kleben geblieben«, lacht er.
Auch an diesem Mittwoch sind Robert und Mandy gemeinsam vor Ort, als sich um 13:30 Uhr die ersten freiwilligen Helfer:innen im Hof der Mittelschule Götzis treffen. Alle sind froh, dass es heute nicht regnet oder schneit, denn hier findet die Ausgabe im Freien statt. Lediglich die Überdachung des Fahrradabstellplatzes bietet Schutz vor Niederschlag. Bis die Waren geliefert werden, kümmert sich Robert darum, dass die bereitstehenden Tische für die einzelnen Stationen aufgebaut werden.
»Mir ist es am liebsten, wenn wir den Leuten alles mitgeben können, was wir da haben.«
Robert Schörgenhofer
Leiter der Ausgabestelle Götzis beim Tischlein Deck Dich
Verteilen, was zu viel ist
Kaum steht alles an Ort und Stelle, biegt auch schon der erste Tischlein-deck-dich-Kleintransporter in den Hof. »Jetzt müssen wir alles ausladen und die einzelnen Stationen eindecken«, sagt Robert. Zum Glück konnte er für heute ein ausreichend großes Team zusammenstellen, alle packen mit an. Obst, Gemüse, Fleisch, Backwaren, Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel – was hier angeliefert wurde, sind Überschüsse und Warenspenden aus Vorarlberger Produktion und aus dem Lebensmittelhandel. Wer eine Berechtigungskarte hat, bekommt bei der Ausgabestelle praktisch alles zu einem symbolischen Preis von einem bis zwei Euro.
Dass es weder zu viel vom einen noch zu wenig vom anderen gibt, dafür hat Robert bereits im Vorfeld gesorgt. »Man bekommt mit der Zeit ein Gefühl dafür, wie viel wir voraussichtlich von allem brauchen«, sagt er. Deshalb kommt es auch nur sehr selten vor, dass etwas ausgeht. Und was da ist, geben Robert und sein Team sehr gerne weiter – gerade bei frischen Produkten oder Tiefkühlwaren. »Da ist mir am liebsten, wenn wir den Leuten alles mitgeben können, was wir da haben. Sonst müssen auch wir es entsorgen«, sagt Robert.
Tischlein deck dich Vorarlberg
Der Verein ist immer auf der Suche nach Unterstützung. Wer Interesse hat, mitzuarbeiten oder Tischlein deck dich mit einer Spende zu unterstützen, findet auf der Website des Vereins die entsprechenden Informationen.
Ein Angebot, das dringend gebraucht wird
Kurz vor 15 Uhr sind die Waren übersichtlich präsentiert und jede Station ist besetzt. Und für die nächsten zwei Stunden herrscht reger Andrang. Hundert Personen sind es laut Robert mindestens, die jeden Mittwoch das Angebot der Ausgabestelle in Götzis nutzen. Was ihm auffällt: Seit er 2022 die Leitung übernommen hat, sind es mehr und mehr alleinerziehende Mütter, die hier einkaufen, weil sie anders nicht über die Runden kommen würden. Auch Familien mit mehreren Kindern sind immer öfter auf das Angebot angewiesen. »Ich bin sehr froh, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, dass die Lebensmittel dorthin kommen, wo sie dringend gebraucht werden«, sagt Robert. Dass er dabei auch Zeit mit seiner Lebensgefährtin verbringen kann, ist für ihn ein zusätzlicher Bonus. Wäre es da nicht manchmal verlockender, den freien Nachmittag einfach auf der Couch zu verbringen?
»Darin bin ich ganz schlecht«, lacht Robert. »Und geholfen wäre damit auch niemandem.«
DAS KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN
4.7.2025
Arbeit
Im Takt der Berge
Beruf und Berufung perfekt vereint: Angela Schwarzmann ist nicht nur Geschäftsführerin von Warth-Schröcken Tourismus, sondern auch Dirigentin im örtlichen Musikverein. Wie sie die Berge, die Musik und ihr Team mit Feingefühl leitet – und was sie antreibt.
22.09.2025
Arbeit
Freiraum und ein sicherer Rahmen
Ursprünglich hat Nicole Mayer Tischlerin gelernt. Doch längst dreht sich für die zweifache Mutter sowohl beruflich als auch privat alles darum, Kindern einen sicheren Rahmen und Freiraum für ihre Entwicklung zu geben.
30.12.2025
Arbeit
Preise und Mieten: Bernd Giesinger im Interview
Steigende Preise, hohe Mieten und Online-Betrug: Die Themen, mit denen die Blum-Mitarbeiter:innen zu Betriebsrat Bernd Giesinger kommen, gehen weit über das Betriebliche hinaus. Als Vorsitzender des Konsumentenausschusses bei der AK Vorarlberg setzt er sich für Lösungen ein, die den Menschen in Vorarlberg helfen.