
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz: Acht Fakten, die du wissen musst
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein Einzelfall – sie ist ein strukturelles Problem: Laut einer Studie der Statistik Austria hat jede vierte (aktuell oder ehemals) erwerbstätige Frau in Österreich eine sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erfahren.
Gerade rund um betriebliche Sommer- und Weihnachtsfeiern verzeichnet die AK Vorarlberg regelmäßig eine Zunahme an Beratungsfällen. Umso wichtiger ist es, die rechtliche Lage zu kennen und zu wissen, welche Rechte Betroffene haben – und welche Pflichten Arbeitgeber treffen. Hier findest du die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.
Was ist sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?
So definiert das Gesetz sexuelle Belästigung im Job
Sexuelle Belästigung ist laut Gleichbehandlungsgesetz jedes sexuell bestimmte Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt und für sie unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist. Dabei kommt es nicht auf die Absicht, sondern auf die Wirkung des Verhaltens an. Eine Belästigung kann sowohl von Kolleg:innen, Vorgesetzten als auch von Dritten (z. B. Kund:innen) ausgehen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, geeignete Maßnahmen zu setzen, um solche Übergriffe zu verhindern oder zu beenden.
Wo beginnt sexuelle Belästigung?
Diese Verhaltensweisen gelten schon als Grenzüberschreitung
Sexuelle Belästigung beginnt nicht erst bei körperlichen Übergriffen. Bereits das wiederholte Anstarren von Körperteilen, zweideutige Bemerkungen, sexistische Witze oder das Aufhängen pornografischer Bilder können eine Grenzüberschreitung darstellen. Entscheidend ist, ob das Verhalten unerwünscht ist und die betroffene Person in ihrer Würde verletzt.
Wer ist von sexueller Belästigung im Job besonders oft betroffen?
Junge Frauen, Berufseinsteiger:innen und weitere Risikogruppen
Hauptsächlich betroffen sind Frauen – insbesondere junge Frauen, Berufseinsteigerinnen, Lehrlinge oder Praktikantinnen. Auch LGBTQIA+-Personen sowie junge Männer – etwa in männerdominierten Berufen – erleben sexuelle Belästigung. Oft spielt weniger das Geschlecht als vielmehr das Machtverhältnis am Arbeitsplatz eine Rolle. Nur ein Bruchteil der Betroffenen spricht Übergriffe offen an – aus Angst vor Nachteilen oder Scham. Expert:innen gehen deshalb von einer erheblich höheren Zahl nicht gemeldeter Fälle aus.
Was können Betroffene bei sexueller Belästigung tun?
Erste Schritte, Anlaufstellen und rechtliche Hilfe
Wichtig ist, dem Belästiger unmissverständlich Grenzen zu setzen und dies auch zu dokumentieren – nicht nur aus persönlicher Sicht, sondern auch, um arbeitsrechtlich dagegen vorzugehen. Betroffene sollten unbedingt das Gespräch mit Vertrauenspersonen im Betrieb suchen – etwa mit dem Betriebsrat, der Betriebsärztin oder einer Frauenbeauftragten. Darüber hinaus können sich Betroffene jederzeit an die AK Vorarlberg, an die zuständige Fachgewerkschaft oder die Gleichbehandlungsanwaltschaft wenden.
Welche Maßnahmen sollten Betroffene setzen?
Dokumentation, Meldung und rechtlicher Schutz vor Kündigung
Betroffene sollten Datum, Uhrzeit, Ort, Beteiligten und möglichen Zeug:innen dokumentieren. Eine frühzeitige Meldung an den Arbeitgeber ist entscheidend, denn nur so kann dieser reagieren. Wer Sorge hat, wegen einer Beschwerde gekündigt zu werden, sollte wissen: Wird jemand aufgrund einer berechtigten Beschwerde gekündigt, kann dies als rechtswidrige Maßregelung gewertet werden – eine solche Kündigung ist vor Gericht anfechtbar.
Welche Verpflichtungen haben Arbeitgeber?
Was Unternehmen tun müssen – von Prävention bis Konsequenzen
Arbeitgeber haben eine klare Fürsorgepflicht gegenüber ihren Beschäftigten. Sie müssen sexuelle Belästigung unterbinden – unabhängig davon, ob diese von Mitarbeiter:innen, Vorgesetzten oder externen Personen ausgeht. Neben reaktiven Maßnahmen sind Unternehmen auch zur Prävention verpflichtet – etwa durch klare Leitlinien, regelmäßige Schulungen oder verpflichtende Workshops für Führungskräfte.
Welche rechtlichen Folgen drohen Tätern und Arbeitgebern?
Schadenersatz, Kündigung und mögliche Strafverfahren
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, auf Vorfälle sexueller Belästigung zu reagieren. Sie können den Belästiger verwarnen, versetzen oder kündigen. Wird keine Abhilfe geschaffen, kann auch der Arbeitgeber haftbar gemacht werden. Betroffene haben Anspruch auf Schadenersatz – mindestens in Höhe von 1.000 Euro. In schwereren Fällen können strafrechtliche Konsequenzen folgen.
Wie können Kolleg:innen Betroffene unterstützen?
Warum Zivilcourage am Arbeitsplatz entscheidend ist
Auch Kolleg:innen spielen eine wichtige Rolle: Wer wegsieht, riskiert, dass Übergriffe sich wiederholen. Wer hingegen unterstützt oder meldet, hilft nicht nur den Betroffenen – sondern trägt auch zur Einhaltung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bei. Jede Form der Unterstützung stärkt Betroffene und kann helfen, Übergriffe sichtbar zu machen und zu stoppen. Schweigen schützt nur den Täter – nicht das Opfer.
Bei Fragen zum Arbeitsrecht oder zu konkreten Fällen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz stehen dir die Expert:innen der AK Vorarlberg zur Seite.
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