AK Präsident Bernhard Heinzle im Gespräch.
Bernhard Heinzle wurde im Amt des AK Präsidenten bestätigt. Im Interview spricht er über Ziele und Herausforderungen. © Lukas Hämmerle
15.03.2024
Arbeit

„Die eine Lösung für eine gutes Leben gibt es nicht, sondern immer nur viele Bausteine“

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AK Präsident Bernhard Heinzle im Interview über seine Motivation, sein Amtsverständnis und die Herausforderungen der kommenden Jahre.

Bernhard Heinzle wurde in der konstituierenden AK Vollversammlung mit 88,57 Prozent der Stimmen zum AK Präsidenten gewählt. Wir haben mit ihm über seine Motivation, sein Amtsverständnis, die Herausforderungen der kommenden Jahre und die Frage, was Lösungen mit mehr Tempo in der Politik zu tun haben, gesprochen.

AK Präsident Bernhard Heinzle wird angelobt.
Bei der Konstituierenden Vollversammlung wurde Bernhard Heinzle als AK Präsident angelobt. © Lisa Mathis

Bernhard, du wurdest von der Vollversammlung der AK Vorarlberg für die nächsten fünf Jahre zum AK Präsidenten gewählt. Wie geht es dir damit?

Es ist mir eine Ehre, ein Teil dieses Parlaments der Arbeitnehmer:innen zu sein und ich freue mich sehr, dass die Kammerrät:innen mir dieses wichtige Amt anvertrauen. Ich werde mit Sorgfalt und Achtsamkeit mit dieser wichtigen Aufgabe umgehen.


Was sind deine Ziele?

Wir stehen vor gewaltigen Veränderungen. Was bisher unter Transformation der Arbeitswelt verstanden wurde, das war wahrscheinlich nur ein Vorbote dessen, was uns mit der Künstlichen Intelligenz bevorsteht. Auch in anderen Bereichen stehen wir vor großen Herausforderungen, beim Wohnen, bei der Teuerung, bei der Steuergerechtigkeit, in der Gesundheitsversorgung und mehr. Ich werde mich mit Leidenschaft dafür einsetzen, dass immer ein gutes Leben für alle im Mittelpunkt steht.

Im Superwahljahr 2024 stehen nach der AK Wahl in Vorarlberg noch drei weitere Termine auf dem Plan: die Europawahl, die Nationalratswahl und die Landtagswahl. Was sind deine Erwartungen an diese Wahlen?

Ich hoffe, dass möglichst viele erkennen, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist und sich daran beteiligen. Selbst, wenn die Politik nicht immer die besten Entscheidungen trifft oder man sich von der Politik enttäuscht fühlt, ist es wichtig, sich nicht von der Demokratie abzuwenden, sondern mitzubestimmen – jede Stimme zählt! Auch ich nehme den Frust der Wähler:innen über die Politik wahr. Daher werden wir in der AK keine Parteipolitik machen, sondern Lösungen suchen und uns auf die Arbeit im Interesse der AK Mitglieder konzentrieren.

AK Präsident Bernhard Heinzle bei der Ergebnisverkündung der AK Wahl.
Die AK Wahl – im Bild bei der Ergebnisverkündung – war der Auftakt ins Superwahljahr 2024. © Gerold Wehinger

Welche Herausforderungen kommen auf die AK zu und was haben die Europa-, die Landtags- und die Nationalratswahlen damit zu tun?

Es gibt Parteien, die das Miteinander unterstützen, das wir Sozialpartnerschaft nennen. Andere halten diese für einen Schwachsinn und würden am liebsten alles abschaffen. Deshalb schimpfen sie ja auch darüber und erzählen, dass das alles nur kostet und der Markt es dann schon richten würde. Davor kann ich nur warnen. Wenn es den Konsumentenschutz und die Rechtsabteilungen der AK nicht mehr gibt, wird es für die Rechte der arbeitenden Menschen finster. Man muss sich nur mal vorstellen, der Lohn kommt nicht oder zu spät oder die geleisteten Überstunden werden nicht bezahlt – an wen sollen sich die Betroffenen dann wenden? Also beobachten, was die verschiedenen Parteien zur Arbeiterkammer sagen und dann die persönliche Entscheidung für die Wahl treffen.

Wo siehst du die größten Herausforderungen für die Menschen im Land?

Die Vorarlberger:innen sind die fleißigsten Arbeitnehmer:innen in Österreich. Gleichzeitig ist das Leben in Vorarlberg am teuersten. Viele kommen finanziell immer mehr unter Druck und junge Leute stellen sich zu Recht die Frage, ob sie sich jemals ein Eigenheim oder eine Wohnung leisten können. Was noch gut funktioniert, ist das Gesundheitssystem bis hin zur Pflege, jedoch stößt auch dieses an die Grenzen – es gibt dringenden Handlungsbedarf.


Was kann die AK da tun?

Zuerst zeigen wir die Missstände auf. Dann arbeiten wir als AK, also unsere Expert:innen und Funktionär:innen, an Lösungsvorschlägen. Man muss immer bedenken, dass es DIE eine Lösung für alles nicht gibt, sondern immer nur Bausteine. Für ein gutes Leben in Vorarlberg braucht es viele dieser Bausteine: leistbares Wohnen, Kinderbetreuung, Zusatzpension für alle, flexibles Antrittsalter der Pension, Anstellung pflegender Angehöriger und mehr.

Welche drei Themen stehen auf der Prioritätenliste deiner Arbeit ganz oben? Welche Herausforderungen willst du als Erstes angehen?

Wohnen, Preisstabilität und Gesundheit. Beim Wohnen kommt die Politik endlich ins Tun, aber es ist verheerend, wie langsam die Entscheidungsträger:innen hier arbeiten. Wir wissen schon lange, was die Probleme sind. Wir wissen, wem die Grundstücke im Land gehören, wir haben in Vorarlberg eigene Architekten, Banken, Bauunternehmen bis hin zu innovativem Holzbau. Warum probieren wir nicht etwas Neues aus, um die Probleme in Vorarlberg zu lösen?

AK Präsident Bernhard Heinzle bei der Eröffnung der Vernissage des Museums des Wandels.
Auch Repräsentatives – wie hier bei der Ausstellungseröffnung des Museums des Wandels – gehört zu den Aufgaben eines AK Präsidenten. © Lisa Mathis

Wie muss man sich deine Arbeit als AK Präsident vorstellen?

Ein AK Präsident muss wissen, was die Arbeitnehmer:innen beschäftigt und wo die AK sie unterstützen kann, das ist seine Hauptaufgabe. AK Präsident zu sein heißt, Menschen zu begegnen, persönliche Gespräche zu suchen, Mails zu schreiben, Telefonate zu führen, an Besprechungen teilzunehmen und vieles mehr. In Gesprächen mit Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und den verschiedenen Organisationen die Positionen der AK zu vertreten. Eine Aufgabe ist auch, die AK bei verschiedenen Anlässen zu repräsentieren. Wir sprechen hier intern humorvoll auch von meiner Rolle als Außenminister der AK.

Du bist im November 2022 Hubert Hämmerle im Amt nachgefolgt. Dein Vorgänger hat  große Fußstapfen hinterlassen – fühlst du dich inzwischen wohl darin?

Hubi und ich telefonieren immer wieder miteinander und er meinte letztens, die aktuelle Zeit sei schon eine große Herausforderung. So sehe ich es auch. Aber es ist eine Herausforderung, die ich gerne annehme, um im Interesse der Arbeitnehmer:innen mitzugestalten. So gesehen würde ich sagen, ja, ich fühle mich wohl!

Welcher Erfolg hat dich in deiner bisherigen Amtszeit besonders gefreut?

Die Strompreissenkung, das war fast wie in einem Krimi. Was funktioniert wie, wer redet mit wem, wer vertraut wem und wer klagt wen? Da lag eine Spannung in der Luft, wie das alles ausgeht und es hat mich unglaublich stolz gemacht, als alle Verantwortlichen gemeinsam am Tisch saßen und eine Lösung präsentieren konnten.

Und was hat besonders viel Energie und Nerven gekostet?

Die Langsamkeit und der fehlende Mut der Politik, schneller Entscheidungen zu treffen.

Was ist dein persönlicher Ausgleich?

Mein kleiner Garten, Zeit mit Freunden und – tatsächlich – einfach nichts tun.

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