Erweiterter Arbeitsmarkt = ChancenMarkt
Welche Perspektiven kann ein erweiterter Arbeitsmarkt bieten? Welche Beispielprojekte gibt es? Und: wie kann ein ChancenMarkt für das Ländle aussehen?
Langzeitarbeitslose brauchen neue Perspektiven
Die schwierigste Arbeit langzeitarbeitsloser Menschen ist die Arbeit, eine Arbeit zu finden! „Mehr als 3.000 Menschen in Vorarlberg werden in den nächsten Jahren keine Chance haben, einen Arbeitsplatz zu finden. In Österreich sind es insgesamt über 170.000“, beschreibt AK-Präsident Hubert Hämmerle die unerfreuliche Situation, die sich in der Corona-Krise noch einmal deutlich verschärft hat. Aufgrund des konjunkturellen Abschwunges im Zuge der Covid-Krise sind viele Menschen derzeit chancenlos, am ersten Arbeitsmarkt unterzukommen. Zudem zählen das Alter, gesundheitliche Beeinträchtigungen und fehlende formale Bildungsabschlüsse zu den Faktoren, die den Umstieg von der Arbeitslosigkeit in eine Beschäftigung enorm erschweren.
"Was wir dringend brauchen, ist ein Masterplan des Bundes sowie einen erweiterten Arbeitsmarkt, der Langzeitarbeitslosen dauerhafte berufliche Perspektiven bietet".
AK-Präsident Hubert Hämmerle
ORF TVthek
AK-Modell gegen Langzeitarbeitslosigkeit - Vorarlberg heute vom 23.02.2021 um 19:00 Uhr
Wir erleben seit Jahren eine Spaltung des Arbeitsmarktes: Einerseits in einen dynamischen Teil mit weiter wachsenden Anforderungen an die Qualifikationen und die Flexibilität der dort nachgefragten Arbeitnehmer/innen. Ihnen gegenüber stehen immer mehr Langzeitarbeitslose, die in absehbarer Zeit auf Grund mehrfacher Vermittlungshemmnisse nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. „Dieser Vorgang ist bemerkenswert, weil sich zeigt, dass auch unter verbesserten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eine nicht unerhebliche Zahl von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen keine realistische Chance auf eine Integration in den regulären Arbeitsmarkt hat“, stellt Hämmerle fest.
Zahlen, Daten und Fakten zur Langzeitarbeitslosigkeit in Vorarlberg
Pressekonferenz vom 23.2.2021:
Die Chancen von Langzeitarbeitslosen sich am regulären Arbeitsmarkt dauerhaft zu integrieren waren schon vor der Corona-Krise sehr gering und gehen aufgrund der aktuellen Situation gegen null. Geringe Qualifikation, gesundheitliche Probleme und hohes Alter sind schwer oder nicht überwindbare Hürden bei der Arbeitssuche. Mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen sind über 45 Jahre alt, die größte Gruppe bilden die 55- bis 59-Jährigen (627 Personen).
Besonders problematisch ist die Langzeitbeschäftigungslosigkeit bei Unter-25-Jährigen. „Sie haben ihr Leben lang ein höheres Risiko, ihren Job zu verlieren. Wenn sie einen haben, verdienen sie relativ gesehen weniger als andere und ihr Gesundheitszustand ist generell schlechter“, sagt Hämmerle.
Langzeitarbeitslosigkeit ist nicht nur menschlich eine Katastrophe, sondern auch wirtschaftlich ein Problem. Die Finanzierung von Arbeitslosigkeit erfordert beträchtliche Summen, die produktiver investiert werden könnten. Der Sozialversicherung entgehen spürbare Beitragseinnahmen und mehr Arbeitslose mit einem auf die Hälfte reduzierten Einkommen schwächen vor allem die Nachfrage und somit die Konjunktur.
Wie sich zeigt, kann der Privatsektor allein das Problem nicht lösen. Auf eine offene Stelle kommen derzeit fast zehn Arbeitslose. Würden allerdings die Mittel, die bisher für die Finanzierung von Langzeitarbeitslosigkeit ausgegeben werden, um eine einzige Milliarde Euro aufgestockt, könnten damit mehr als 100.000 produktive Jobs im öffentlichen Bereich entstehen.
Das Recht auf Arbeit muss und kann öffentlich finanziert und umgesetzt werden. Die menschlichen Folgen der Arbeitslosigkeit sind bekannt und wurden durch die AK Vorarlberg in den letzten Wochen immer wieder hervorgehoben. „Es ließen sich gezielt jene öffentlichen Dienstleistungen forcieren, die wir in Zukunft dringend brauchen. Vor allem in der Pflege besteht ein riesiger Bedarf“, so Hämmerle. Möglich wären auch administrative Dienste in Schulen, im Energiesparbereich, bei der Bekämpfung der Klimakrise usw. Klar ist: Es sollen in diesen Bereichen nur Jobs geschaffen werden, die nicht ohnehin entstanden wären.
Eine derartige Jobgarantie würde bei kluger Ausgestaltung auch dem Klima nützen und den nötigen Strukturwandel hin zu einer emissionsfreien Ökonomie fördern. Warum die Bundesregierung ein solches Beschäftigungsprogramm nicht längst gestartet hat, ist unverständlich. „Ein Heer von Chancenlosen können wir uns als Gesellschaft nicht leisten. Zu hoch wäre der Preis – menschlich wie wirtschaftlich“, ist Präsident Hämmerle überzeugt. Deshalb brauche es dringend einen Masterplan der Regierung.
Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik wie Förderungen oder Qualifizierungen versuchen Arbeitssuchende zu unterstützen und zu aktivieren, um den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu schaffen. Das soll auch über Maßnahmen, die dem so genannten zweiten Arbeitsmarkt zugeordnet werden, erreicht werden (Sozialökonomische Betriebe).
Eines ist diesen Maßnahmen gleich – sie sind zeitlich begrenzt. Bleibt der Erfolg, also eine Integration am regulären Arbeitsmarkt – aus, geht es wieder zurück in die Arbeitslosigkeit. „Wir wissen, dass 40 Prozent der Langzeitarbeitslosen in diesem Vermittlungs-Ping-Pong feststecken“, schildert AK-Direktor Rainer Keckeis den aktuellen Zustand. Gleichzeitig ist die Zahl der mehr als fünf Jahre lang arbeitslosen Personen seit 2012 ungebremst auf das mittlerweile Fünffache gestiegen (knapp 24.000 österreichweit).
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